Befristete Arbeitsverträge im Profifußball vor dem Aus?

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Am 19. März 2015 hat das Arbeitsgericht Mainz unter dem Geschäftszeichen 3 Ca 1197/14 ein spektakuläres Urteil zur Befristung von Fußballprofiarbeitsverträgen gefällt, welches bisher nicht rechtskräftig ist und mit Sicherheit auch in die Rechtsmittelinstanz gehen wird.

Der Fall: Der Torhüter Heinz Müller, heute 36 Jahre alt, spielte beim Fußballbundesligisten FSV Mainz 05. Nachdem zunächst ein auf 3 Jahre befristeter Vertrag geschlossen wurde, wurde im Sommer 2012 ein neuer Zweijahresvertrag geschlossen, der von den Mainzern im Sommer 2014 dann nicht mehr verlängert wurde. Nun klagte der Spieler auf Feststellung des Fortbestandes seines Arbeitsverhältnisses als unbefristetes Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsgericht Mainz gab der Klage des Spielers statt.
Eine Befristung von Arbeitsverträgen könne nur nach Maßgabe des § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz ( TzBfG ) erfolgen. Die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG komme wegen der zeitlichen Höchstgrenze von 2 Jahren vorliegend nicht in Betracht. Damit müsse ein Sachgrund für eine Befristung vorliegen. Die Eigenart der Arbeitsleistung als Profifußballer rechtfertige im Sinne dieser Vorschrift aber keine Befristung des Vertrages.

Fazit: Dem Gericht ist zunächst darin zuzustimmen, dass der Profifußball kein besonderer Raum ist, in dem staatliche Gesetze z.B. aus dem Bereich des Arbeitsrechts nicht zur Anwendung kommen würden. Daher bemisst sich die Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen für Spieler und Trainer selbstverständlich nach den gleichen gesetzlichen Regelungen, wie beim „normalen“ Arbeitnehmer, hier also nach dem § 14 TzBfG.
Sinn dieser gesetzlichen Regelung ist, eine Umgehung von Kündigungsschutzvorschriften durch die Arbeitgeber zu verhindern. Im unbefristeten Arbeitsverhältnis muss der Arbeitgeber zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Kündigung aussprechen, wobei er häufig die engen Grenzen des Kündigungsschutzgesetzes ( KSchG ) beachten muss. Hier reizt es natürlich, durch den Abschluss nur befristeter Arbeitsverträge die Probleme mit einer Kündigung zu umgehen, was aber zu einer Aushebelung der Kündigungsschutzvorschriften führen würde. Daher soll § 14 TzBfG dem Abschluss befristeter Arbeitsverträge enge Grenzen setzen.

Um hier insbesondere arbeitssuchenden Arbeitnehmern ( mit demselben Arbeitgeber darf zuvor kein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden haben ) über den Abschluss befristeter Arbeitsverträge einen Einstieg in den Arbeitsmarkt nicht zu verbauen und möglicherweise durch ansprechende Arbeitsleistungen nachfolgend einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu erhalten, schafft § 14 Abs. 2 TzBfG einen Ausnahmetatbestand dahingehend, dass für eine Übergangszeit auch ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsverträge geschlossen werden dürfen. Die Befristung ist bis zu einer Dauer von 2 Jahren zulässig, wobei innerhalb dieser 2 Jahre eine dreimalige Vertragsverlängerung erfolgen kann, mithin bis zu 4 zeitlich befristete Verträge geschlossen werden können. Arbeitet der Arbeitgeber über diese zeitliche Grenze hinaus mit befristeten Verträgen weiter, kann der Arbeitnehmer unter Einhaltung einer 3-wöchigen Klagefrist auf Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses klagen.

Diese Konstellation traf vorliegend nicht zu, da sämtliche Profivereine nebst DFB und DFL vom üblicherweise Bestehen sachlicher Gründe ausgehen. Nach dieser Auffassung stützen sich die befristeten Verträge im Leistungssport auf einen sachlichen Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG. Das Gesetz nennt insoweit einen nicht abschließenden Beispielskatalog, wie, dass betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend bestehe, die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertige, die Befristung zur Erprobung erfolge usw. Typische Beispiele sind befristete Anstellungen als Krankheits- bzw. Schwangerschaftsvertretung, die Anstellung von Saisonarbeitern in der Landwirtschaft bzw. der Industrie zur Bewältigung saisonal bedingter Auftragsspitzen oder projektbezogene Anstellungen zur Abwicklung konkreter eingegrenzter Forschungsprojekte.
In diesem Diskussionsfeld sieht nun das Arbeitsgericht Mainz für den Bereich der Profifußballer keinen sachlichen Grund für eine Befristung der Arbeitsverträge.
Mit dieser Ansicht stellt sich das Arbeitsgericht Mainz in Gegensatz zu diverser Rechtsprechung und wird nach Auffassung des Verfassers dieses Artikels den Besonderheiten des Fußballs nicht gerecht.
Bei der Prüfung des Sachgrundes ist die Branchenüblichkeit von Bedeutung. Sie begründet zwar für sich keinen Sachgrund, ist aber ein Indiz für anzuerkennende Bedürfnisse der Praxis (BAG, Urteil vom 26.10.1998, NZA 99,646). Befristete Verträge sind im Profifußball praktisch die einzige Vertragsform. Dies lässt sich auch ohne weiteres Nachvollziehen. Durch Änderungen taktischer Systeme werden „Spielertypen“ überflüssig, während andere „Spielertypen“ plötzlich gebraucht werden. Aufgrund fortschreitenden Alters lässt sich die erforderliche sportliche Leistungsfähigkeit eines Spielers nicht unbegrenzt lange einschätzen. Fußball ist ein Sport mit einem hochsensiblen Mannschaftsgefüge. Durch Spielerwechsel kann dieses Gefüge aus dem Gleichgewicht geraten, so dass personelle Änderungen in einem überschaubaren Zeitfenster erforderlich werden können. Schließlich ist der Profifußball heute allein aufgrund des riesigen Medieninteresses ein Showgeschäft, welches den Fußballer eher in den Bereich eines Künstlers bringt, als in den eines „normalen“ Arbeitnehmers. Im Theater will das Publikum immer wieder neue Schauspieler sehen. Auch im Fußball können sich Akteure im Verhältnis zum Publikum „abnutzen“, was einer unbefristeten Beschäftigung entgegensteht.
Das BAG hat ein Abwechslungsbedürfnis des Publikums durchaus als Sachgrund für eine Befristung anerkannt (BAG, Urteil vom 21.05.1981, vgl. Ryback, Das Rechtsverhältnis zwischen dem Lizenzfußballspieler und seinem Verein, Diss. 1999, S. 197).
In diesem Lichte wird daher sowohl in Rechtsprechung als auch in Literatur im Profifußball die Befristung von bis zu 4 Jahren (LAG Hamm, Urteil vom 10.06.1998, LAGE Nr. 9 zu § 611 BGB) bzw. von bis zu 5 Jahren (Schamberger in SpuRt 03,54) für zulässig gehalten.

Mithin sprechen gewichtige Gründe gegen die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Mainz. Sollte sich dessen Auffassung durchsetzen, hätten Profifußballvereine in kürzester Zeit völlig aufgeblähte Kader mit 50-60 Spielern mit unbefristeten Verträgen, die aufgrund der Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht so ohne weiteres kündbar wären, die Finanzen der Vereine überfordern würden und selber praktisch auf keine Einsatzzeiten mehr kämen, was das faktische Ende ihrer Profilaufbahn bedeuten würde.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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