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Behandlung einer Erektionsstörung auf Staatskosten?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Als Staatsorgan hat die Polizei eine klare und äußerst wichtige Aufgabe in unserem Rechtsstaat: Sie ist dafür verantwortlich, dass Recht und Gesetz in unserer Gesellschaft durchgesetzt werden. Eine verantwortungsvolle und große Aufgabe für die Polizeibeamten, die Polizisten sowohl körperlich als auch psychisch und moralisch vor große Herausforderungen stellt. Dafür bringt der Polizeiberuf aber auch viele Vorteile mit sich: Polizisten werden verbeamtet, bekommen eine Pension statt Rente und haben Anspruch auf freie Heilfürsorge.

Polizeibeamte müssen deshalb keine Beiträge in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung zahlen, sondern bekommen ihre Krankheitskosten von der freien Heilfürsorge ersetzt. Aber kann ein Polizist auch verlangen, dass ihm die Kosten für ein Potenzmittel erstattet werden? Mit dieser kuriosen Frage musste sich zuletzt sogar das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig befassen. 

Potenzmittel auf Staatskosten?

In Nordrhein-Westfalen stritten sich das Land und ein Kriminalhauptkommissar darüber, ob das Land im Rahmen der freien Heilfürsorge verpflichtet sei, die medikamentöse Behandlung einer erektilen Dysfunktion zu übernehmen. Der Polizeibeamte bekam von seinem Arzt wegen krankheitsbedingter Potenzstörungen das Potenzmittel „Cialis“ verschrieben. Der Polizeibeamte verlangte vom Land Nordrhein-Westfalen, die Kosten von rund 320 Euro zu übernehmen. Als sein Antrag auf Kostenübernahme abgelehnt wurde, begann er gerichtlich durch alle Instanzen zu ziehen, um die 320 Euro erstattet zu bekommen. Am Ende scheiterte der Polizist mit seiner Klage in der letzten Instanz in Leipzig. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) lehnte sein Kostenerstattungsbegehren mit einer Grundsatzentscheidung ab. 

Grundsätzlicher Anspruch auf Übernahme von Krankheitskosten

Die freie Heilfürsorge erstattet Beamten und vor allem Polizisten grundsätzliche alle angefallenen Krankheitskosten. Hintergrund der besonderen Regelung für Polizeibeamte ist, dass Polizisten durch ihre Tätigkeit einer besonderen gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt sind. Dieses berufsbedingte erhöhte gesundheitliche Risiko soll mit dem Anspruch auf freie Heilfürsorge ausgeglichen werden. Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch sind für Polizeibeamte im Land Nordrhein-Westfalen die Regelungen des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbeamtengesetz oder Beamtengesetz NRW). Diese Regelungen gewähren Polizeivollzugsbeamten unter anderem Anspruch auf freie Heilfürsorge, solange ihnen eine Besoldung zusteht. Dieser Kostenübernahmeanspruch besteht für alle Aufwendungen, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit notwendig sind. 

Dienstfähigkeit der Beamten als Grenze der Kostenerstattung 

Das Landesbeamtengesetz in Nordrhein-Westfalen begrenzt damit den Anspruch der Polizeibeamten auf Kosten, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit erforderlich sind. Es besteht deshalb nach dem Landesrecht des Landes Nordrhein-Westfalen kein allgemeiner Anspruch auf Erstattung sämtlicher Kosten, die die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit des Beamten an sich betreffen. Vielmehr hat das Landesgesetz den Kostenerstattungsanspruch wirksam auf solche Behandlungen begrenzt, die der Erhaltung oder Wiederherstellung der Dienstfähigkeit von Beamten dienen. Zwar hat die erektile Dysfunktion des Polizeibeamten einen Krankheitswert, die polizeiliche Einsatzfähigkeit des Kriminalhauptkommissars wird dadurch aber nicht infrage gestellt. Das Medikament Cialis wird deshalb von der landesrechtlichen Vorschrift nicht erfasst, denn Ausgaben für ein Medikament zur Behandlung von Erektionsstörungen stehen in keinem Zusammenhang mit der Dienstfähigkeit des Polizeibeamten. 

Fürsorgepflicht kein Freifahrtschein für alle Behandlungskosten

Diese Begrenzung der freien Heilfürsorge auf Kosten, die erforderlich sind, um die Dienstfähigkeit der Polizeibeamten zu erhalten oder wiederherzustellen, verstößt auch nicht gegen die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht des Landes gegenüber ihren Polizeibeamten. Im Rahmen der Krankenvorsorge ist das Land als Dienstherr des Polizisten zwar verpflichtet, den Polizisten vor unzumutbaren finanziellen Belastungen zu schützen. Dies führt aber nicht dazu, dass für sämtliche krankheitsbedingte Kosten ein lückenloser Erstattungsanspruch besteht. 

Der Polizeibeamte kann seinen Anspruch auf Übernahme der Kosten des Potenzmittels deshalb nicht auf die Fürsorgepflicht des Landes stützen. Die Einschränkung des Leistungsumfangs der freien Heilfürsorge durch das Land Nordrhein-Westfalen führt weder dazu, dass dem Mann Aufwendungsersatz für existenziell bedeutsame Maßnahmen versagt wird, noch wird der Kriminalhauptkommissar finanziell unzumutbar belastet. 

Fazit: 

Der Polizist musste sein Potenzmittel also selbst zahlen und konnte die Kosten nicht vom Staat ersetzt verlangen. Mit dem Grundsatzurteil bestätigte das Bundesverwaltungsgericht bereits früher ergangene Instanzrechtsprechung, denn das Verwaltungsgericht Hannover (VG Hannover) entschied bereits 2011, dass die Kostenübernahme im Rahmen der Heilfürsorge die Potenzmittel Levitra und Cialis nicht erfasst. 

(BVerwG, Urteil v. 28.04.2016, Az.: 5 C 32.15)

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