Behebung eines Mangels nach Mängelbeseitigungsverlangen

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Der von dem Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil vom 20.02.2017, Az.: 14 U 199/16) entschiedene Fall ist in Zeiten des Dieselskandals hochinteressant, obwohl in dem zugrunde liegenden Fall keine Abschaltsoftware, sondern ein anderer Mangel vorlag.

Ein Autokäufer kaufte ein Auto von einem Autohaus. Wenige Monate später blinkte wiederholt die Kupplungsüberhitzungsanzeige auf, sodass der Käufer jeweils bis zu 45 Minuten den Wagen abstellen musste, um die Kupplung abkühlen zu lassen. Der Käufer forderte das Autohaus mehrfach auf, den Mangel zu beheben. Die Versuche scheiterten allerdings außergerichtlich, sodass der Autokäufer die Lieferung eines Ersatzfahrzeugs verlangte. Nachdem das Autohaus dies verweigert hatte, machte der Kläger gerichtlich einen Anspruch auf Lieferung eines gleichwertigen, mangelfreien Fahrzeugs Zug um Zug gegen Rückgabe des ursprünglich gelieferten Pkws geltend.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth beauftragte daraufhin einen Sachverständigen, der feststellte, dass die Überhitzungsanzeige weiterhin aufblinkte und zu Stopps von über 40 Minuten zwang.

Ohne Einverständnis des Käufers spielte das Autohaus dann ein Softwareupdate auf. Die Überhitzungsanzeige leuchtete daraufhin nicht mehr auf. Durch den Gutachter könnte allerdings nicht geklärt werden, ob nur die Warnleuchte nicht mehr anging oder ob der Mangel behoben werden konnte. Das Landgericht Nürnberg-Fürth wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Mangel behoben sei und der Käufer keine Mängelansprüche mehr habe (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 30.12.2015, Az.: 9 O 8893/13).

Die gegen das Urteil eingelegte Berufung hatte Erfolg: Das OLG Nürnberg entschied, dass der Käufer einen Anspruch auf Lieferung eines Neuwagens hat. Entscheidend sei allein der Zustand des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Verlangens der Ersatzlieferung. Zu diesem Zeitpunkt habe unstreitig – da durch den Sachverständigen ein Mangel festgestellt worden ist – ein Mangel vorgelegen.

Ein wichtiges Detail war für das Urteil mitentscheidend: Der Kläger hatte dem Softwareupdate nicht zugestimmt. Der Nacherfüllungsanspruch des Klägers war in diesem Fall nicht durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) erloschen. Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Der Käufer ist dabei in seiner Wahl zwischen den beiden Arten der Nacherfüllung frei und kann beliebig nach seinem Interesse entscheiden, ohne auf das des Verkäufers, der auf seine Rechte aus § 439 III BGB verwiesen ist, Rücksicht nehmen zu müssen (Palandt/Weidenkaff, Kom. zum BGB, § 439, Rn. 5). Hätte der Kläger der Softwareaufspielung zugestimmt, so hätte er sein Begehren von der Ersatzlieferung auf die Nachbesserung umgestellt. Der Verkäufer hätte dann durch die Vornahme der verlangten Art der Nacherfüllung (Nachbesserung) das vom Käufer wirksam ausgeübte Wahlrecht zum Erlöschen gebracht (Palandt, a. a. O. Rn. 8).

Das OLG Nürnberg hat die Revision ausdrücklich zugelassen, da die Frage, welche Auswirkungen eine nach Ausübung des Wahlrechts des Käufers (Behebung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache) erfolgte Mangelbeseitigung hat, bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist. Lediglich zum Rücktrittsrecht nach § 437 Nr. 2, § 323 BGB hat der Bundesgerichtshof (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2008, Az.: VIII ZR 166/07) entschieden, dass der Käufer unter dem Gesichtspunkt treuwidrigen Verhaltens (§ 242 BGB) dann gehindert ist, an der durch den wirksam erklärten Rücktritt erlangten Rechtsposition festzuhalten, wenn die später erfolgte Mängelbeseitigung mit seiner Zustimmung erfolgt ist.

Das Urteil ist auf die Fälle eines Softwareupdates bei von der illegalen Abschaltsoftware betroffenen Fällen übertragbar, wenn – wie häufig in der Praxis geschehen – das Softwareupdate ohne Zustimmung des Käufers, z. B. im Rahmen eines Inspektionstermins, durchgeführt wird.

Rechtsanwalt Philip Keller

Köln


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