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Betriebsprüfung der Rentenversicherung - Nachforderung von Beiträgen - Verjährung

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Werden Sozialversicherungsbeiträge nicht oder nicht in voller Höhe entrichtet, erheben die Rentenversicherungsträger spätestens bei der nächsten Betriebsprüfung Nachforderungen. Beitragsansprüche unterliegen allerdings der Verjährung. Im Regelfall beträgt die Verjährungsfrist vier Jahre, bei vorsätzlichem Vorenthalten jedoch 30 Jahre. Dies kann, je nach Zahl der betroffenen Mitarbeiter und Entgeltbeträge im schlimmsten Fall zur Existenzvernichtung führen. Daher die Frage: Wie werden die Verjährungsfristen berechnet und wann liegt Vorsatz vor?

Berechnung der Verjährungsfrist

Der Beginn der Verjährungsfrist richtet sich nach der Fälligkeit der Beiträge. Nach aktuell geltendem Recht werden Beiträge in dem Monat fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist. (§ 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Ansprüche auf Beiträge verjähren im Regelfall in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Werden Beiträge dagegen vorsätzlich vorenthalten, verjähren sie in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 SGB IV). Beispiel: Zum 31.12.2013 tritt die Regelverjährung für Beiträge ein, die aus einer Beschäftigung bis einschließlich Dezember 2009 resultieren, die 30jährige Verjährung dagegen erst für Beiträge aus einer Beschäftigung bis einschließlich 31.12.1983.

Vorsatz

Wann liegt Vorsatz mit der Folge, dass die lange Verjährungsfrist gilt, vor? Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte genügt ein sog. bedingter Vorsatz. Er ist an zwei Voraussetzungen geknüpft. Zum einen muss der Arbeitgeber/Beitragsschuldner seine Beitragspflicht für möglich gehalten haben. Dazu muss er einerseits die Tatsachen kennen, die zur Beitragspflicht führen und andererseíts die Beitragspflicht selbst für möglich halten. Zum anderen muss der Arbeitgeber/Beitragsschuldner die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen haben. Beweispflichtig für die Voraussetzungen des Vorsatzes ist der Versicherungsträger. Diese muss die maßgeblichen Tatsachen konkret, d. h. anhand der Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betroffenen Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung ermitteln.

Eintritt des Vorsatzes während des Laufs der regulären Verjährungsfrist

Nach der Rechtsprechung muss der Vorsatz nicht schon vor Beginn der Verjährungsfrist vorgelegen haben. Er kann bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eintreten, z.B. dadurch, dass der Arbeitgeber im Zuge einer Lohnsteueraußenprüfung oder durch ein Anhörungsschreiben des Rentenversicherungsträgers auf eine Beitragspflicht hinsichtlich der im Betrieb tätigen Personen hingewiesen wird. In diesen Fällen ist ihm ab dem Zugang der Prüfmitteilung bzw. des Anhörungsschreibens zumindest die Möglichkeit der Beitragspflicht bekannt. Sollte sich dann die Betriebsprüfung verzögern und der endgültige Bescheid erst nach Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist ergehen, greift ab dem Zugang des Anhörungsschreibens bzw. der Prüfmitteilung die 30jährigen Verjährungsfrist für alle Beiträge, die in diesem Jahr noch nicht verjährt sind.

Beispiel: Beiträge aus einer Beschäftigung bis einschließlich 31.12.2007 verjähren im Regelfall mit Ablauf des 31.12.2011. Im August 2011 geht dem Arbeitgeber jedoch ein Anhörungsschreiben des Betriebsprüfdienstes zu. Ab diesem Zeitpunkt muss er die Beitragspflicht zumindest für möglich halten, sodass für die Nichtabführung aller Beiträge, die mit Ablauf des Jahres 2011 im Regelfall verjährt wären, Vorsatz greift. Selbst wenn der Beitragsbescheid dann erst im Dezember 2012 (also nach Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist) ergeht, sind die aus einer Beschäftigung im Jahr 2007 resultierenden Beiträge noch nicht verjährt. Für Beiträge aus Beschäftigungen bis einschließlich 31.12.2006 gilt dagegen nur die vierjährige Verjährungsfrist (Ablauf 31.12.2010), da im Jahr 2010 insoweit kein Vorsatz bestand.

Vgl. die instruktive Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.09.2013 – L 8 R 361/13 B ER (http://rkb-recht.de/tl_files/rkb-recht/pdf/LSG_NRW_B.v.16.09.2013_L8R361_13_B_ER.pdf)

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