Betriebsschließung wegen COVID 19 – der vermeintliche Ausschluss in den Versicherungsbedingungen?

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Welchem Gastronom, Fitnessstudiobetreiber, Theaterleiter geht es derzeit nicht so?

Sie/er betrieb seine Gaststätte/Studio/Theater bis zum Inkrafttreten der Verordnung der jeweiligen Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-COV.2 (Corona Verordnung) .

In Folge der Regelung gegen die Ausbreitung der Corona Pandemie wurde der Betrieb nach einer behördlichen Betriebsschließungsanordnung ab dem 18.03.2020 geschlossen.

Zum Glück findet sich dann die vor Jahren abgeschlossene Ertragsausfallversicherung mit dem Zusatzpaket Betriebsschließung für den Unterbrechungsschaden aufgrund Betriebsschließung mit einer Haftzeit von bis zu 8 Monaten.

Ausweislich der besonderen Vereinbarungen für die Betriebsschließungsversicherung sind hierin insbesondere mitversichert der Betriebsausfallschaden für den Fall, dass die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen den versicherten Betrieb ganz oder teilweise zur Verhinderung der Verbreitung von Krankheiten oder Krankheitserregerin bei Menschen geschlossen hat.

Die Versicherungsgesellschaften teilen derzeit auf Anfrage hierzu in der Regel mit, dass eine Regulierung nicht möglich wäre, da angeblich in den Versicherungsbedingungen klar gestellt wäre, dass nur die ausdrücklich genannten Erreger eine Eintrittspflicht begründen würden. 

Nichtsdestoweniger würden 15 % Betriebsausfall für einen Zeitraum von 30 Tagen auf freiwilliger Basis übernommen, wenn im Übrigen auf Ansprüche verzichtet würde.

Dieses Angebot reguliert in den meisten Fällen den tatsächlichen Schaden nur zwischen 7-10 %, weshalb eine Risikobetrachtung bis zu einer Klärung beim BGH (voraussichtlich nicht vor 2012/2022) durchaus lohnt.

Dass das CORONA-Virus als Erreger bei Abschluss der Versicherung nicht bekannt war und daher von den Versicherungsbedingungen nicht ausdrücklich eingeschlossen war, verwundert nicht, da es erst Ende 2019 bekannt geworden ist. Mit diesem Argument wird die Versicherung vor Gericht voraussichtlich nicht gehört werden.

Das Landgericht Mannheim hat im Beschluss vom 29.04.2020 AZ: 11 O 66/20 festgestellt, dass die Betriebsunterbrechungsversicherung der Beklagten jeweils einen Anspruch auf die vereinbarten Versicherungsleistungen gewähren würden. Es sei davon auszugehen, dass eine bedingungsgemäß versicherte faktische Betriebsschließung vorliege und auch mit der gebotenen Auslegung davon auszugehen sei, dass das SARS Corona Virus ein meldepflichtiger Krankheitserreger bzw. die dadurch ausgelösten Erkrankungen meldepflichtige Krankheiten wären.

Auch der zweite Einwand der Versicherung dürfte nicht greifen, dass angeblich keine behördliche Betriebsschließung i.S.d. Versicherungsbedingungen vorliegen würde

Nach Meinung des Landgerichts Mannheim ist Maßstab der Auslegung, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die jeweilige Klausel bei verständiger Würdigung aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Zusammenhangs verstehen muss.

Ein individuelles Sonderwissen eines Versicherungsnehmers zur Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte sei hingegen nicht vorauszusetzen. (Vergleiche hierzu BGH Versicherungsrecht 2004 Seite 1939 

Verbleibende Zweifel gingen nach § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders, also den Versicherungsgesellschaften.

Eine andere Auslegung würde auch den Sinn und Zweck einer Betriebsunterbrechungsversicherung im Falle einer behördlicher Schließung gänzlich in Frage stellen und wäre u.E. rechtsmissbräuchlich.

Gerade deshalb können die Versicherungsbedingungen nicht in abschließende Einzelfallnennungen der Krankheiten kategorisieren, sondern ist das jeweilige u. a. auch proliferierende Virus nach systematischer und teleologischer Auslegung den in den Versicherungsbedingungen aufgeführten meldepflichtigen Krankheiten, insbesondere „durch Influenza Viren verursacht“ zuzuordnen.

Es bleibt abzuwarten, ob eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu bald Klarheit verschafft. 

Bis dahin sollte nicht leichtfertig Geld verschenkt werden und das Kulanzangebot genau geprüft werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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