BGH: Geschäftsführer haftet nicht für Wettbewerbsverletzungen des Unternehmens

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BGH schränkt Haftung des GmbH-Geschäftsführers stark ein

Die Managerhaftung ist weiterhin in aller Munde und beschäftigt Gerichte, Schiedsgerichte, Rechtsanwälte und Unternehmen. Dabei umfasst der Begriff „Managerhaftung” inzwischen eine Vielzahl von unterschiedlichen rechtlichen Problemen, deren einzige Gemeinsamkeit darin besteht, dass die Haftung an die berufliche Tätigkeit des (vermeintlichen) Schuldners im Unternehmen anknüpft.

Juristisch unterschieden werden muss dabei in vielerlei Hinsicht, was ein Grund dafür ist, dass die Problematik für Viele unübersichtlich erscheint. Die wichtigste Unterscheidung ist, ob es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um eine sog. Innenhaftung handelt – wenn also die Gesellschaft gegenüber ihrem Organ oder Mitarbeiter Ansprüche verfolgt – oder ob es sich um einen Fall der Außenhaftung handelt, d. h. wenn unternehmensfremde Dritte Ansprüche gegenüber dem Organ oder Mitarbeiter, meist neben der Gesellschaft, verfolgen.

Im Fall der Innenhaftung stellt sich die Frage, ob der Schuldner Organ – also Vorstand/Geschäftsführer oder Aufsichtsrat – oder Arbeitnehmer der Gesellschaft ist, da von der Beantwortung dieser Frage sowohl abhängt, welchen Sorgfaltsmaßstab er zu beachten hatte als auch, ob ggf. arbeitsrechtliche Haftungserleichterungen zum Tragen kommen.

Im Bereich der Außenhaftung haben in der Vergangenheit insbesondere Fälle der Produkthaftung (im Strafrecht z. B. der „Schuhpflegefall”, im Schadenersatzrecht z. B. die „Kinderteeentscheidungen”) die Gerichte beschäftigt.

Hinzu kamen Fälle, in denen das Unternehmen gegen Regelungen des Wettbewerbsrechts verstoßen hatte und die Organe im Rahmen der sog. Störerhaftung mit auf Unterlassen und Schadensersatz in Anspruch genommen wurden.

Zu letzterem Komplex hat der BGH seine Rechtsprechung nunmehr geändert und die bislang strenge Haftung der Organe etwas entschärft (BGH, Urteil vom 26.08.2014, Az.: I ZR 242/12).

Sachverhalt

Die klagende Gesellschaft ist ein Energieunternehmen. Die ursprüngliche Beklagte zu 1.) ist eine GmbH, die von einer Wettbewerberin der Klägerin mit der Werbung neuer Kunden „an der Haustür” beauftragt wurde. Der ursprüngliche Beklagte zu 2.) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1.).

Die Klägerin hat die Beklagten erstinstanzlich daraufhin in Anspruch genommen, dass ihre Mitarbeiter es zukünftig unterlassen, bei der Werbung von Kunden bestimmte unrichtige und damit wettbewerbswidrige Aussagen zu tätigen. Nachdem das Landgericht beide Beklagten erstinstanzlich verurteilt hat, verfolgte nur der ursprüngliche Beklagte zu 2.) (im Weiteren „der Beklagte”) das Berufungsverfahren, die Beklagte zu 1.) nahm die Verurteilung hin und gab eine Abschlusserklärung ab.

Im Berufungsverfahren hat das Kammergericht (KG GRUR-RR 2013, 172 = WRP 2013, 354) das erstinstanzliche Urteil bezüglich des Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin Revision ein, die der BGH nunmehr zurückgewiesen hat.

Entscheidung

Entscheidungserheblich war vorliegend die Rechtsfrage, ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen der Geschäftsführer einer GmbH auch persönlich für Wettbewerbsverstöße, die von Mitarbeitern der GmbH begangen werden, neben der Gesellschaft auf Unterlassen und ggf. Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann.

Die frühere Rechtsprechung hat dabei auch im Rahmen des Wettbewerbsrechts – um das es hier geht – auf den sog. Störerbegriff abgestellt. Der Senat führt dazu aus (Rz. 11), dass bei der Verletzung absoluter Rechte als Störer in Anspruch genommen werden kann, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (BGH aaO mwN). Allerdings handelt es sich bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen nicht um die Verletzung von absoluten Rechten, sondern um ein sog. „Verhaltensunrecht”. In der Vergangenheit war auch in diesen Fällen rein auf den Störerbegriff abgestellt worden, d. h. es reichte im Ergebnis für eine Verurteilung, wenn der Geschäftsführer nachweisbar Kenntnis von dem Rechtsverstoß der Mitarbeiter hatte.

Diese Haftung nach den Grundsätzen des Störerbegriffs war vom BGH schon in der Vergangenheit aufgegeben worden, wenn es sich nicht um die Verletzung von sog. absoluten Rechten handelte (BGH aaO Rz. 11). Denn wenn es sich nicht um die Verletzung absoluter Rechte handelt, soll nur derjenige auf Unterlassen haften, der deliktsrechtlich als Täter oder Teilnehmer anzusehen ist.

Diese Rechtsprechung hat der BGH nunmehr auf das Wettbewerbsrecht übertragen. Nach den Ausführungen des BGH soll danach nur noch der Geschäftsführer einer GmbH für Wettbewerbsverstöße der Mitarbeiter haften, der an der wettbewerbswidrigen Handlung der Gesellschaft selbst durch positives Tun – also eine Handlung – beteiligt war oder der in Kenntnis des Verstoßes diesen aufgrund einer Garantenstellung hätte verhindern müssen. Für diese Garantenstellung reicht jedoch die Bestellung als Geschäftsführer nicht aus. Vielmehr ist erforderlich, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist (BGH aaO Rz. 19). Als Beispiel nennt der BGH die Auswahl der Firma der Gesellschaft oder den allgemeinen Werbeauftritt der Gesellschaft, über den üblicherweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird.

Fazit

Die Entscheidung des BGH ist meiner Einschätzung nach zu begrüßen und schränkt das Haftungsrisiko des Geschäftsführers angemessen ein.

Zwar ist in der allgemeinen Presse immer wieder und insbesondere nach dem Bekanntwerden von unternehmerischen Fehlverhalten der Ruf nach einer Verschärfung der Managerhaftung zu lesen, diese Forderung geht jedoch faktisch gesehen fehl, weil Deutschland bereits eines der schärfsten Haftungsregime für Organe und leitende Angestellte kennt. Ob in einer arbeitsteiligen Wirtschaft wie in Deutschland eine Verbesserung der unternehmerischen Entscheidungen dadurch erlangt werden kann, dass die Manager mit noch mehr Haftungsrisiko belastet werden, scheint daher fraglich, da dieser gefühlte Missstand bislang ja auch nicht betroffen war.

In Fachkreisen wird daher eher die Frage verfolgt, inwieweit die bisherige weite Haftung des Managements eingeschränkt werden kann, um die Risiken auf ein objektiv vertretbares Maß zurückzuführen.

Hier hilft die vorliegende Entscheidung, da dadurch adäquat zwischen der Verantwortlichkeit des Unternehmens (= der Gesellschaft) und dem für sie Handelnden (= dem Geschäftsführer) differenziert wird.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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