BGH-Urteil vom 08.11.2016, Az. XI ZR 552/15 – Darlehensgebühr in Bausparverträgen unwirksam

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Die Klage eines Verbraucherschutzverbandes gegen die Bausparkasse Schwäbisch Hall, die in den Vorinstanzen vor dem LG Heilbronn mit Urteil vom 21. Mai 2015, Az. Bi 6 O 50/15, und dem OLG Stuttgart mit Urteil vom 19. November 2015, Az. 2 U 75/15, zunächst erfolglos geblieben war, obsiegte vor dem BGH. Dieser erklärte die mit Beginn der Auszahlung des Bauspardarlehens in Höhe von 2 Prozent des Bauspardarlehens fällige und dem Bauspardarlehen zugeschlagene „Darlehensgebühr“ mit Urteil vom 08.11.2016, Az. XI ZR 552/15 für unwirksam, da sie den Kunden gemäß § 307 BGB unangemessen benachteilige.

Nach Auffassung des XI. Zivilsenat des BGH wird durch die Darlehensgebühr, die als sog. Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle unterzogen werden kann, nur der Verwaltungsaufwand der Bausparkasse im Zusammenhang mit dem Bauspardarlehen abgegolten. „Rein innerbetriebliche Leistungen“ sind vom Kunden jedoch nicht zu erstatten, erklärte der Vorsitzende des XI. Zivilsenat des BGH Jürgen Ellenberger.

Wie der BGH vorgehend in seinen Entscheidungen zu Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehensverträgen im Mai 2014 erörterte, weicht auch die Klausel der Darlehensgebühr vom wesentlichen Grundgedanken des auch bei Bauspardarlehen maßgeblichen gesetzlichen Leitbildes des § 488 Abs.1 Satz 2 BGB ab, da das Entgelt für die Gewährung der Möglichkeit der kapitalen Nutzung laufzeitabhängig ausgestaltet sein muss. Dagegen ist die Darlehensgebühr eine einmalige und laufzeitunabhängige Gebühr, die als Entgeltklausel den Aufwand für Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, zu denen die darlehensgewährende Bausparkasse gesetzlich oder nebenvertraglich verpflichtet ist oder die sie überwiegend im eigenen Interesse erbringt.

Da die Darlehensgebühr nach Auffassung des BGH auch nicht dem kollektiven Interesse der Bauspargemeinschaft dient und günstigen Darlehenszinsen bereits nicht unerhebliche Nachteile – wie etwa die mit Urteil des BGH vom 07.12.2010, Az. XI ZR 3/10, bereits höchstrichterlich bestätigte Abschlussgebühr – gegenüberstehen, ist eine unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers gegeben.

Die Wüstenrot Bausparkasse AG hatte die vor dem BGH unter den Aktenzeichen XI ZR 472/15 und XI ZR 477/15 geführten Verfahren, die zunächst ebenfalls am 08.11.2016 verhandelt werden sollten, vorab noch durch Vergleich beendet. So blieb durch den Vergleichsschluss eine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage des Verjährungsbeginns bei Darlehensgebühren zunächst aus. Die Frage der Verjährung wäre im Verfahren, Az. XI ZR 477/15, zu entscheiden gewesen, da die Berufung der Bausparkasse vor dem LG Stuttgart, Az. 4 S 122/15, zum Erfolg geführt hatte, da dieses den Anspruch auf Erstattung der Darlehensgebühr als verjährt erachtete.

Darlehensgebühren, die mit Auszahlung von Bauspardarlehen im Jahr 2013 fällig und berechnet wurden, sind bis Ende des Jahres 2016 unverjährt. Um diese Ansprüche sicher vor der Verjährung zu schützen, müssten verjährungshemmende Maßnahmen bis zum Ablauf des 31.12.2016 ergriffen werden.

Doch auch Darlehensgebühren, die bei vor dem Jahr 2013 ausgezahlten Bauspardarlehen berechnet wurden, können unverjährt sein.

Der Verjährungsbeginn kann ausnahmsweise bei Rechtsunkenntnis des Gläubigers hinausgeschoben sein, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage besteht, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maß einzuschätzen vermag.

Somit sind vorliegend definitiv nur solche Rückzahlungsansprüche verjährt, bei denen die Beanspruchung der Darlehensgebühr mit Auszahlung des Bauspardarlehens vor dem Jahr 2006 oder im Jahr 2006 vor mehr als 10 Jahren erfolgte, sofern innerhalb der absoluten kenntnisunabhängigen 10-jährigen Verjährungsfrist keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden. Einen hinausgeschobenen Verjährungsbeginn hatte der BGH mit Entscheidungen vom 28.10.2014 bei den Bearbeitungsgebühren in Verbraucherdarlehensverträgen festgestellt.

Mehr Informationen: http://www.roessner.de/bank-und-kapitalmarktrecht

Marlen Träber

Rechtsanwältin

Rössner Rechtsanwälte


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