BGH: Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter privater Emails bei überragendem öffentlichen Interesse
- 2 Minuten Lesezeit
BGH, Urteil vom 30. September 2014, Az. VI ZR 490/12
Mit Urteil vom 30.09.2014 (Az. VI ZR 490/12) hat der BGH entschieden, dass die Veröffentlichung rechtswidrig erlangter Emails für die Presseberichterstattung nicht zwingend rechtswidrig ist. Zwar stellt die Verwertung einen Eingriff in den Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, in Abwägung mit der Meinungs- und Medienfreiheit bzw. dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, überwiege im vorliegenden Falle jedoch letzteres.
Geklagt hatte der ehemalige brandenburgische Innenminister Speer, der als Politiker eine Person des öffentlichen Lebens war, gegen die Verlegerin der BILD-Zeitung (Beklagte zu 1) und der Verlegerin der B.Z. (Beklagte zu 3).
Dem Kläger war im Jahr 2009 sein privater Laptop abhanden gekommen, auf dem sich Emails befanden, welche eine außereheliche Beziehung belegten, aus der im Jahr 1997 auch ein Kind hervorgegangen war. Weiter ging aus der Korrespondenz hervor, dass der Kläger für dieses Kind keinen Unterhalt leistete und die Kindesmutter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz erhielt. Der Beklagten zu 1 wurden diese Emails zugespielt, die frühere Beklagte zu 2 veröffentlichte auf ihrer Internetseite www.bild.de einen Beitrag unter Nutzung dieser Informationen. Auch die Beklagten zu 1 und 3 veröffentlichten ähnliche Berichte. Der Kläger trat daraufhin von seinem Ministeramt zurück und bekannte sich zu dem außerehelichen Kind. Er ließ verlauten, die Unterhaltzahlungen mittlerweile nachgeholt zu haben.
Der Kläger war der Meinung, die Veröffentlichung der privaten Emails sei rechtswidrig. Die Vorinstanzen gaben der auf Unterlassung gerichteten Klage zunächst auch statt. Der Bundesgerichtshof hob nunmehr die Urteile auf und wies die Klage ab. Die Entscheidung stützt sich im Wesentlichen auf folgende Argumente:
Durch die Veröffentlichung der Emails seien die Ehre und soziale Anerkennung und das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Das verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit überwiegen im vorliegenden Falle jedoch das Vertraulichkeitsinteresse des Klägers. Schließlich wurde durch die Berichterstattung ein Missstand aufgedeckt, an dem die Öffentlichkeit ein erhebliches Interesse habe. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beklagten sich die Informationen auch nicht in rechtswidriger Weise selbst beschafft, sondern sie sich lediglich zu Nutzen gemacht hatten.
Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich, dass die Abwägungen zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und der Pressefreiheit bzw. dem öffentlichen Interesse mit den richtigen Argumenten sowohl in die eine, als auch in die andere Richtung ausgehen kann. Die abweichenden Entscheidungen der Vorinstanzen zeigen, dass das Ergebnis durchaus auch ein anderes hätte sein können. Umso entscheidender ist es, sich in solchen Angelegenheiten von spezialisierten Anwälten vertreten zu lassen.
Die Rechtsanwaltskanzlei Scharfenberg Hämmerling steht Ihnen bei Fragestellungen im Presserecht zur Seite. Wir gehen mit Ihnen gegen ehrverletzende Äußerungen online oder offline vor und beraten Sie bei der Durchsetzung Ihrer Rechte. Machen Sie sich unsere Erfahrung zum Vorteil und setzen Sie sich mit uns in Verbindung. Gerne können sie mit uns unter den Telefonnummern 030/206 494 05 oder 040/533 087 20 oder einfach per E-Mail an mail@shrecht.de Kontakt aufnehmen.
Der Erstkontakt ist immer kostenfrei.
Scharfenberg Hämmerling Rechtsanwälte
Artikel teilen: