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Bundesgerichtshof: Immo-Darlehen ab dem 11.06.2010 sind auch heute widerrufbar

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Der Gesetzgeber befristete die Widerrufsmöglichkeit von Immobiliar-Verbraucherdarlehen bis zum 21.06.2016. Diese Befristung galt jedoch nur für die Darlehen, die bis zum 10.06.2010 abgeschlossen wurden. Verbraucherdarlehensverträge ab dem 11.06.2010 sind von dieser Frist nicht betroffen und können grundsätzlich auch heute noch widerrufen werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) schuf mit seinem Urteil vom 22.11.2016 Klarheit, welche Verbraucherdarlehen auch heute noch widerrufen werden können. Die Widerrufbarkeit basiert laut BGH nicht auf der Fehlerhaftigkeit von Widerrufsinformationen, sondern auf tatsächlichen Umständen.

Insbesondere Sparkassen, Volksbanken und die Deutsche Bank haben den Beginn der Widerrufsfrist von zusätzlichen, gesetzlich nicht vorgeschriebenen, Angaben abhängig gemacht.

Die o. g. Banken verwendeten folgenden Klammerzusatz mit zusätzlichen Angaben, wie:

  • Angabe des effektiven Jahreszinses
  • Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung
  • Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde

Laut BGH handelt es sich dabei um ein Angebot der Bank für den Beginn der Widerrufsfrist, das mit der Unterzeichnung des Darlehens von Verbrauchern angenommen wird. Folgerichtig beginnt die Widerrufsfrist erst dann zu laufen, wenn der Darlehensnehmer diese zusätzlichen und freiwilligen Angaben tatsächlich erhalten hat.

Für Juristen stellt sich somit die Frage: Wie muss der Verbraucher diese Angaben erhalten haben, damit die Frist in Gang gesetzt wird?

Diese Fragen haben die Banken selbst beantwortet. In der Widerrufsinformation wird von der Bank selbst definiert, wie der Darlehensnehmer alle Angaben erhalten muss:

„Der Darlehensnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrages oder in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für den Darlehensnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und dem Darlehensnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist.“

Demnach müssen alle genannten Angaben in der Vertragsurkunde mitgeteilt werden. Die Angaben befinden sich in der Vertragsurkunde, wenn sie auf Blättern vor der Unterschrift des Darlehensnehmers zu finden sind.

Finden sich die Angaben an anderer Stelle, oder werden diese auf gesonderten Dokumenten oder Blättern beigelegt, befinden sie sich nicht in der Vertragsurkunde.

Nach unserer Erfahrung haben es insbesondere Sparkassen, Volksbanken und die Deutsche Bank unterlassen, die von ihnen zusätzlich genannten Angaben in der Vertragsurkunde tatsächlich zu bezeichnen.

Nach dem BGH beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, wenn die Banken ihre eigenen Voraussetzungen nicht erfüllen. Dies hat zur Folge, dass die Verträge auch heute noch widerrufen werden können:

„Gleichwohl lief die Widerrufsfrist, was das Berufungsgericht übersehen hat, im August 2010 nicht an, mit der Folge, dass die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung noch im August 2013 widerrufen konnten. Denn die Beklagte hat die Kläger entgegen der von ihr vertraglich übernommenen weiteren Voraussetzung für das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht im Darlehensvertrag über die für sie zuständige Aufsichtsbehörde unterrichtet. Damit hat sie nicht sämtliche vertraglichen Bedingungen erfüllt, um die Widerrufsfrist in Gang zu setzen.“ 

(BGH, Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 434/15)

Vor dem Hintergrund dieser verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des BGH empfehlen wir die genaue Prüfung aller Verbraucherdarlehensverträge ab dem 11.06.2010 auf Widerrufbarkeit.

Welche Vorteile der Widerruf mit sich bringt, https://www.anwalt-leverkusen.de/aktuelles/detail/was-bringt-mir-der-widerruf-eines-kreditvertrages-in-euro-welche-vorteile-hat-ein-widerruf.html

Ein Blick in die eigenen Finanzierungsunterlagen lohnt sich also auch weiterhin!

Wir prüfen gerne Ihre Ansprüche und setzten diese für Sie durch.


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