Chancen und Risiken einer teilweisen Einlassung im Strafverfahren

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Auspacken oder „Klappe halten“? Reden oder Schweigen? Angaben zur Sache zu machen oder sich nicht zu äußern, ist eine der zentralen Fragestellungen in einem Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren. Und selbst der rechtsunkundige Laie weiß meist darum, dass ihm das Gericht daraus „einen Strick drehen“ kann, wenn er auf manche Fragen antwortet, zu anderen aber Angaben verweigert. Das sogenannte Teilschweigen.

Doch gerade zu diesem kniffligen Punkt kursieren viele falsche Vorstellungen, was schade und gefährlich ist, weil sich bei der Einlassung des Betroffenen viele Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen – wenn man die Probleme und Risiken kennt und natürlich auch die Beweiswürdigungsfehler, die diesbezüglich von Gerichten gemacht werden.

Längst nicht jede nur teilweise Einlassung kann vom Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil des Angeklagten verwertet werden. Ein solches, zum Nachteil verwertbares Teilschweigen liegt nur dann vor, wenn der Angeklagte zu einem bestimmten Sachverhalt innerhalb eines einheitlichen Geschehens zum Teil Angaben macht, zum Teil die Beantwortung von Fragen verweigert (BGHSt 32, 140 f). Somit darf es also dem Angeklagten gerade nicht zum Nachteil gereichen und vom Gericht nicht gegen ihn ausgelegt werden, wenn er z. B. zu Punkt 1, 2 und 5 der Anklage Angaben macht, zu Punkt 3 und 4 hingegen nicht.

Auch das Schweigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb eines Verfahrens ist nicht ohne weiteres als Indiz zum Nachteil des Betroffenen verwertbar. Vielmehr müssen dann Angaben zu den (mutmaßlich) verschwiegenen Umständen gerade zu erwarten gewesen sein und das Gericht muss auch andere mögliche Ursachen für das konkrete Aussageverhalten, also das nachteilig gewertete Schweigen, ausschließen können.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer Konstellationen, in denen entgegen der landläufigen Meinung das teilweise Schweigen gerade nicht als Indiz für die (vermeintliche) Schuld gewertet werden kann. Profundes Wissen hierzu eröffnet natürlich wichtige Gestaltungsmöglichkeiten, da es zu manchen Punkten ratsam sein kann, Entlastungsaspekte vorzutragen, während man zu anderen Fragen tunlichst vermeiden sollte, sich selbst zum Beweismittel zu machen.

Die Frage „Reden oder Schweigen“ kann also meist nicht pauschal beantwortet werden, vielmehr muss sehr genau analysiert werden, zu welchen Punkten eine Einlassung erfolgen sollte und ob aus dem Schweigen zu anderen Aspekten tatsächlich ein Nachteil in der Beweiswürdigung durch das Gericht droht. Nicht zuletzt beinhalten diese Fragen auch viele Fallstricke für das Gericht selbst, was wiederum gute Erfolgsaussichten im Rahmen eines Rechtsmittels eröffnen kann.

Es gibt somit häufig weit mehr Möglichkeiten, als nur die Wahl zwischen „Auspacken“ oder „Klappe halten“...

Rechtsanwalt Stefan Mittelbach

Fachanwalt für Strafrecht

Anwaltshaus Augsburg


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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