Corona-Impfung und Arbeitsrecht: Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer

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Das Impfen gegen Corona beginnt so langsam. Damit tauchen auch arbeitsrechtlich Fragen auf. Einige davon beantwortet uns Lars Althoff, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Remscheid.

 

Darf der Arbeitgeber von mir verlangen, dass ich mich impfen lasse?

„Zunächst: eine gesetzliche Impfpflicht soll es nicht geben. In der Regel sei damit Arbeitgebern auch nicht gestattet, eine Impfung von ihren Arbeitnehmern zu verlangen“, so Althoff. „Nach Art. 2 Grundgesetz“, so der Anwalt, „hat jeder das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Vom Arbeitnehmer nun eine Impfung zu verlangen, würde zu schwerwiegend in dieses Recht eingreifen." Auch dürfe kein Druck auf Arbeitnehmer ausgeübt werden, der sie zur Impfung ermutigen soll, erläutert Lars Althoff. „Arbeitsvertraglich bleiben Arbeitgeber verpflichtet, die Beschäftigung fortzuführen – auch ohne Impfung.“, verdeutlicht der Fachanwalt.

 "Vielleicht interessant und im Einzelfall zu prüfen: auch eine in Arbeitsverträgen vorgesehene Impfpflicht wird regelmäßig den strengen Anforderungen der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) nicht Stand halten und daher unwirksam sein." ergänzt Lars Althoff.

 

Ich habe mich nicht impfen lassen und bin nun an COVID-19 erkrankt. Habe ich arbeitsrechtlich Konsequenzen zu befürchten?

"Grundsätzlich nicht. So sieht es auch der DGB.“, kommentiert Althoff. Zu prüfen sei dies allerdings im Einzelfall, so der Fachanwalt. Habe sich der Arbeitnehmer beispielsweise leichtfertig oder vorsätzlich Risiken ausgesetzt, sei ein Verlust auf Anspruch der Entgeltfortzahlung mitunter zu befürchten. „Die Existenz der Impfung allein begründe etwaige Konsequenzen aber nicht.“, so Althoff.

 

Habe ich einen Vergütungsanspruch, wenn ich einen Impf-Termin während der Arbeitszeit habe?

In § 614 BGB heißt es: „Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten." Oder mit anderen Worten: "Ohne Arbeit kein Lohn", so Althoff. "Verlassen Sie ihren Arbeitsplatz, um sich impfen zu lassen, entfällt grundsätzlich für diese Zeit der Vergütungsanspruch." Anders verhält es sich nur, wenn ihnen als Arbeitnehmer ein Impftermin durch die Behörde zugeteilt wird und nicht zu verschieben ist. in diesem Fall darf der Arbeitnehmer den Impftermin während der Arbeitszeit wahrnehmen und behält den Anspruch auf Vergütung. Aber auch hier ist Vorsicht geboten: enthält ihr Arbeitsvertrag den Ausschluss der Regelung nach § 616 BGB, der die „vorübergehende Verhinderung“ umfasst, haben Sie keinen Anspruch auf Vergütung. Am besten und am sichersten ist es, wenn Sie ihren Termin einfach außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen.", so der Experte für Arbeitsrecht.

"Liegt es im Interesse des Arbeitgebers, die Mitarbeiter zur Impfung zu motivieren", so Althoff, "ist zu empfehlen, den Umgang mit Impfungen entsprechend praktikabel und flexibel für die Mitarbeiter zu gestalten und mögliche kurze Unterbrechungen der Arbeitszeit zwecks Terminwahrnehmung entgegenkommend hand zu haben." Auch denkbar sind bspw. "Impfprämien" als Anreiz. Berücksichtigen Sie als Arbeitgeber bei der Umsetzung solcher Regelungen insbesondere Fragestellungen der betrieblichen Mitbestimmung, des geltenden Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie des Beschäftigtendatenschutzes.", erläutert der Fachanwalt.

 

Kann ein Betrieb die Impfpflicht für dessen Mitarbeiter mittels Betriebsvereinbarung einführen?

"Aus § 75 Abs. 2 BetrVG folgt, dass die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten zu achten und zu schützen sind. Grundsätzlich ist auf dieser Grundlage eine Pflicht zur Impfung durch eine Betriebsvereinbarung nicht zu erwirken. Zu regeln sei hinsichtlich Impfung aber beispielsweise, dass Mitarbeiter, die sich freiwillig impfen lassen möchten, dafür bezahlt von der Arbeit freigestellt werden.", so der Experte für Betriebsräteberatung Lars Althoff.

 

Hat die Impfverweigerung arbeitsrechtliche Konsequenzen für mich?

"Wenn der Mitarbeiter durch die Impfverweigerung seiner Arbeit nicht nachgehen kann, kann das, besonders in Gesundheitsberufen, in denen mit Infektions-Risikogruppen gearbeitet wird, der Fall sein. Wer sich bewusst nicht impfen lässt und somit beispielsweise im Patientenkontakt nicht mehr einsetzbar ist, kann (zeitweise) seinen Anspruch auf Bezahlung verlieren, sogar die (personenbedingte) Kündigung ist denkbar. Denn nach § 23/23a IfSG (Infektionsschutzgesetz) müssen etwa Arztpraxen, Heime und Krankenhäuser ausdrücklich eine Weiterverbreitung von Krankheitserregern vermeiden.", erläutert der Anwalt. „Im Vergleich wäre das für den Arbeitgeber eines Kraftfahrers so, als würde dieser den Führerschein verlieren. Eine Weiterbeschäftigung würde in diesem Fall ganz anderen Voraussetzungen unterliegen.“, vergleicht der Anwalt.

 

Impfung als arbeitsmedizinische Vorsorge beim Pflegepersonal?

"Sind Sie pflegerisch tätig und haben somit schon rein berufsbedingt ein höheres Infektionsrisiko, sind Impfungen Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Eine Impfung gegen Sars-CoV-2 beispielsweise findet dann grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Der Vergütungsanspruch unterliegt in diesem Fall arbeitsrechtlich keinen Veränderungen."

 

Überstunden für Pflegepersonal auf Grund vermehrter Impfungen?

"Ist genügend Impfstoff vorhanden, sind Personalengpässe zu erwarten. Im April 2020 wurden auf Grund steigender Infektionszahlen durch das Bundesarbeitsministerium per Verordnung bundesweit Abweichungen von den gesetzlichen Arbeits- und Ruhezeiten für bestimmte systemrelevante Berufsgruppen zugelassen. Diese waren aber nur bis Ende Juli 2020 gültig und wurden bislang nicht verlängert bzw. erneuert. Eine gesetzliche Grundlage für abzuleistende Überstunden gibt es derzeit also nicht.", erklärt uns Lars Althoff. Gleichwohl gebe es in einigen Bundesländern flexible Änderungen des Arbeitszeitgesetzes zu Gunsten der Pandemiebekämpfung: in Mecklenburg-Vorpommern dürfen beispielsweise medizinische Produkte wie Impfstoffe, aber auch Lebensmittel und Hygieneprodukte bis zum 18. Januar 2021 auch sonntags abgefüllt, verpackt, geliefert oder eingeräumt werden. „Einzelne Bezirksregierungen lassen auch für den Aufbau von Impfzentren Abweichungen von gesetzlichen Arbeitszeiten oder der Sonntagsruhe zu.“, merkt Althoff an.

 

Kein Einlass ohne Impfung?

Unter Verweis auf ihr jeweiliges Hausrecht allerdings, dürfe an mancher Stelle eine Impfung durchaus vorausgesetzt werden: „Schreibt der Betreiber eines Restaurants oder einer kulturellen Institution (Theater etc.) den Gästen vor, dass der Eintritt nur mit negativem Corona-Test oder unter Vorweisung einer Impfung erlaubt ist", sei dem Folge zu leisten, erklärt der Anwalt. Das Hausverbot erfordere lediglich einen sachlichen Grund, dessen Voraussetzungen eine fehlende Impfung erfülle.


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