Daimler im Abgasskandal LG Stuttgart verurteilt / B-Klasse Mercedes 200 CDI BlueEfficiency betroffen

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Der Bann ist auch am Heimatgericht der Daimler AG endgültig gebrochen. Das Landgericht Stuttgart hat den Autobauer am 29. Oktober 2020 erneut aufgrund vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung verurteilt (Az. 29 O 319/20). Für die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist die verbraucherfreundliche Wende im Daimler-Skandal damit vollzogen. 

Die Kanzlei selbst erstritt am 5. November 2020 am Oberlandesgericht Köln ebenfalls eine Verurteilung nach § 826 BGB (Az. 7 U 35/20). Eine Revision ließ das Gericht in Köln nicht zu. Daimler muss das Fahrzeug zurücknehmen. Die Chancen, gegen Daimler vor Gericht zu gewinnen, stehen so gut wie nie. Die Kanzlei rät Verbrauchern zur anwaltlichen Beratung im kanzleieigenen kostenlosen Online-Check. Die Kanzlei gehört zu den führenden im Abgasskandal. Die Inhaber haben den Verbraucherzentrale Bundesverband in der VW-Musterfeststellungsklage vertreten und mit dem Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 Rechtsgeschichte geschrieben.

 

Am Heimatgericht Stuttgart beginnt Daimler zu verlieren 

Die Daimler AG muss nach dem aktuellen Urteil der 29. Zivilkammer am Landgericht Stuttgart den streitgegenständlichen Mercedes-Benz B 200 CDI Blue Efficiency mit dem Motor OM 651 Euro 5 zurücknehmen und dem Kläger 23.220,69 Euro erstatten (Az. 29 O 319/20). Hier nun die wichtigsten Fakten zum Verfahren im Stuttgarter Urteil:

  • Die Klägerpartei erwarb das Fahrzeug am 8. Mai 2012 zum Preis von 28.600 Euro. Das Fahrzeug der GLK-Klasse verfügt über einen Motor vom Typ OM 651 (Euro 5). Verschiedene Abschalteinrichtungen sollen zum Einsatz gekommen sein. Die Abgasrückführung (AGR) wird temperaturabhängig gesteuert. Die Abgasreinigung funktioniert nur in einem bestimmten Temperaturkorridor.  So werden die Stickoxidgrenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten, im realen Straßenbetrieb steigt die Emission jedoch über den gesetzlichen Grenzwert an. Der Vorstand des Unternehmens muss vom Einbau der Abschalteinrichtungen gewusst haben.

  • Die Mercedes B-Klasse, zu der der streitgegenständliche Diesel gehört, unterlag erst seit Juli 2020 einem Rückruf durch das Kraftfahrt-Bundesamt.

  • Das Gericht folgte in seinem Urteil letztlich dem Kläger. Daimler muss das Fahrzeug zurücknehmen. Der Kläger hat ein Fahrzeug erworben, das er so nicht kaufen wollte, und daher einen Schaden erlitten. Der Diesel entsprach für das Gericht nicht der EG-Typengenehmigung. Daimler ist aufgrund vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB gegenüber dem Kläger haftbar. Für das Gericht war auch klar, dass der Vorstand vom Einbau der Abschalteinrichtung informiert war.

  • Daimler beteuerte, dass die temperaturabhängige Abgasregulierung zum Schutz des Motors erfolgte. Das Gericht argumentierte dagegen, dass Abschalteinrichtungen grundsätzlich verboten sind. Ausnahmen seien, wenn der Motor vor Beschädigung und Unfall geschützt werden müsse. Aber die Ausnahme darf keine Regel werden. Der Hersteller müsse den Motor verpflichtend so konstruieren, dass er unter normalen Betriebsbedingungen die festgelegten Grenzwerte einhält – und das für die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs. Daimler ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen. Letztlich ist die Ausnahme zur Regel geworden.

  • Das Gericht kritisierte auch Daimler für seinen Vortrag. Die Anwälte argumentierten, dass die Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden können. Daher seien die Emissionswerte im Normalbetrieb nicht von Relevanz. Das Gericht folgte dieser Argumentation nicht und behandelte den Vorwurf des Klägers als unstrittig. Das Fahrzeug hält nur auf dem Prüfstand die Grenzwerte ein.

  • Das Fahrzeug entspricht aus Sicht des Gerichts nicht der Norm im Sinne der Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007. Die Motorsteuerungsfunktion, die die NOx-Emissionen durch eine prüfstandbezogene Steuerung auf dem Prüfstand optimiert, stelle eine unzulässige Abschaltvorrichtung dar. Das Fahrzeug ist für das Landgericht mangelhaft, da es auch von einer Stilllegung bedroht gewesen war. Der Kläger hat zudem einen Wertverlust erlitten.

  • Das Gericht kritisierte die Vorgehensweise von Daimler, über Jahre hinweg das eigene Gewinnstreben über die Gesundheit der Bevölkerung gestellt zu haben. Zudem sei auch die Umwelt zu Schaden gekommen. Die besondere Sittenwidrigkeit gründet sich auf die systematische und langfristige Täuschung von Behörden und Verbrauchern. Das Gewinnstreben sei über allem gestanden. Ohne Kenntnis eines Mitglieds des Daimler-Vorstands wäre eine solche Vorgehensweise nicht möglich gewesen.

  • Der Käufer muss sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Das Gericht schätzte die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs auf 250.000 Kilometer.

  • Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig


Dr. Stoll & Sauer führte Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträge wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 15.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.

In dem renommierten JUVE Handbuch 2017/2018, 2018/2019 und 2019/2020 wird die Kanzlei in der Rubrik Konfliktlösung - Dispute Resolution, gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten besonders empfohlen für den Bereich Kapitalanlageprozesse (Anleger). Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten in der RUSS Litigation Rechtsanwaltsgesellschaft mbH für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) außerdem die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG, handelten einen 830-Millionen-Vergleich aus und schrieben mit Abschluss des Verfahrens am 30. April 2020 Rechtsgeschichte. Im JUVE Handbuch 2019/2020 wird die Kanzlei für ihre Kompetenz beim Management von Massenverfahren als marktprägend erwähnt.

Foto(s): Pixabay

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