Das Bundesverfassungsgericht zur Vereinigungsfreiheit

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Artikel 9 des Grundgesetzes schützt Vereinigungen verschiedenster Art, seien es nun Vereine, Gesellschaften oder – in einer eigenen Bestimmung – auch Gewerkschaften. Träger des Grundrechts sind sowohl die Vereinigungen selbst als auch die vereinigungswilligen Bürger. Hier sollen einige bedeutende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Grundrecht dargestellt werden.

BVerfGE 80, 244 = 2 BvL 4/87

Der Schutz des Grundrechts umfasst sowohl für Mitglieder als auch für die Vereinigung die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte sowie – unbeschadet der Frage der Rechtsfähigkeit – das Recht auf Entstehen und Bestehen. 

Art. 9 Abs. 1 GG schützt insbesondere vor einem Eingriff in den Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit; die Vorschrift soll so einen effektiven Grundrechtsschutz gewährleisten.

BVerfGE 10, 354 = 1 BvR 239/52

Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet den Bürgern die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechtes zusammenzuschließen. Gegen die gesetzlich angeordnete Zugehörigkeit zu einer Organisation des öffentlichen Rechts („negative Vereinigungsfreiheit“) schützt dieses Grundrecht nicht.

BVerfGE 25, 69 = 1 BvR 176/66

Politische Parteien sind zwar grundsätzlich Vereine, trotzdem ist Art. 9 GG auf sie nicht anwendbar. Vielmehr sind die Regelungen in Art. 21 GG spezieller und daher auf Parteien ausschließlich anwendbar.

BVerfGE 30, 227 = 1 BvR 438, 456, 484/68 und 1 BvL 40/69

Art. 9 GG schützt auch das Recht des Vereins, seinen Namen zu führen. Denn gerade der Name des Vereins fasst die Mitglieder zusammen und repräsentiert den Verein gegenüber der Öffentlichkeit. Eingriffe in die freie Namenswahl sind jedoch zulässig, um bspw. die Irreführung dritter Personen zu verhindern.

BVerfGE 84, 372 = 1 BvR 397/87

Beschränkungen der Vereinstätigkeit sind zulässig, um deren Wirken innerhalb der allgemeinen Rechtsordnung sicherzustellen, die Sicherheit des Rechtsverkehrs zu gewährleisten, Rechte der Mitglieder zu sichern und den schutzbedürftigen Belangen Dritter oder auch öffentlichen Interessen Rechnung zu tragen. 

Insoweit muss der Gesetzgeber einen Interessenausgleich zwischen diesen Zielen und der Vereinsfreiheit vornehmen.

Die Vereinsfreiheit umfasst auch das Recht auf effektive Außendarstellung und Mitgliederwerbung. 

1 BvR 1474/12, 1 BvR 670/13, 1 BvR 57/14

Art. 9 Abs. 2 GG erlaubt das Verbot von Vereinen, die sich in strafbarer oder verfassungsfeindlicher Weise betätigen. Sind mildere Mittel als ein Verbot möglich, genießen diese Vorrang. Ein Vereinigungsverbot darf nicht untersagen, was andere Grundrechte erlauben, und sich nicht einseitig gegen bestimmte politische Anschauungen richten.

BVerfGE 124, 25 = 1 BvR 825/08

Vereine können grundsätzlich nicht gezwungen werden, bestimmte oder alle Personen als Mitglieder aufzunehmen („Aufnahmeautonomie“). Die grundsätzliche Aufnahmeautonomie eines Vereins kann danach durch einen Aufnahmezwang durchbrochen werden, wenn auf Seiten des Aufnahmebewerbers ein erhebliches Interesse an der Aufnahme besteht und der Vereinigung die Aufnahme zumutbar ist. 

Das setzt aber in jedem Fall voraus, dass die Interessen des Gemeinwohls, die der Staat beim Schutz anderer verfassungskräftiger Rechtsgüter wahrnimmt, die Intensität des Eingriffs in die Vereinsfreiheit rechtfertigen.



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