Das deutsche Hinweisgeberschutzgesetz kommt!
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Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) wird die EU-Whistleblower-Richtlinie umsetzen, die erstmals EU-weit einen standardisierten Schutz für Hinweisgeber festlegen will.
Worum geht es? Vielleicht erinnern Sie sich noch?
Eine Altenpflegerin, tätig in zwei Pflegeheimen in Berlin meldete gemeinsam mit Kollegen in den Jahren 2003 und 2004 mehrmals an die Pflegeleitung Missstände (Überlastungsanzeigen wegen Personalmangels). Später, nach einer Flugblattaktion der Mitarbeiterin, folgte die fristlose Kündigung, gegen die sie sich wehrte. Der Rechtsweg endete erst mit einem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte. Dieser urteilte, die arbeitsrechtliche Kündigung wegen der Offenlegung der Missstände im Unternehmen sei unwirksam gewesen und der Klägerin stehe ein Schadensersatz in Höhe von mehreren tausend Euro zu, weil sie gegen Repressalien nach Kundgabe ihrer Meinung nicht ausreichend geschützt wurde.
Das kommende Hinweisgeberschutzgesetz regelt also gerade den Schutz von Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an interne oder externe Meldestellen weitergeben (hinweisgebende Personen). Dies bezieht also Arbeitnehmende, Praktikanten, Freiwillige, Mitarbeitende von Lieferanten und sogar Personen, deren Arbeitsverhältnis bereits beendet ist oder noch nicht einmal begonnen hat mit ein. Das Hinweisgeberschutzgesetz verbietet also jegliche Repressalien und Vergeltungs-maßnahmen gegenüber Hinweisgebenden.
Der Entwurf sollte Mitte Dezember den Bundestag passieren. Aktuell ist davon auszugehen, dass sich die Verabschiedung voraussichtlich bis Anfang 2023 verzögert. Das Gesetzt soll dann 3 Monate später in Kraft treten. Zwar besteht somit noch ein bisschen Zeit, diese sollte aber zwingend genutzt werden.
Denn? Wie nach der Einführung der DS-GVO drohen empfindliche Bußgelder!
Was regelt das Gesetz?
in Kürze:
Wer kann melden?
alle Mitarbeitenden
Was kann gemeldet werden?
Informationen über Rechtsverstöße
An wen kann gemeldet werden?
interne oder externe Meldestelle (interne Meldestelle können auch beauftragte Dritte sein, z.B. Rechtsanwälte)
besonders zu beachten:
Beweislastumkehr
bei Benachteiligung nach Meldung (z.B. Abmahnung, Kündigung) wird ein Zusammenhang zwischen Meldung und Repressalie vermutet; d.h. Unternehmer muss Entlastungsbeweis führen
Vertraulichkeitsgebot
Kenntnis von Identität meldender Personen darf nur Meldestelle haben
Pflicht zum Schadensersatz
vollständige Wiedergutmachung des durch Repressalie erlittenen Schadens
Pflicht zur Einrichtung interner Meldestelle
- grds., wenn mehr als 50 Mitarbeitenden (Übergangszeit bis Ende 2023, sofern 50-249 Mitarbeitende)
- Einrichtung gemeinsamer Meldestelle für mehrere Unternehmen möglich, sofern 50 – 249 Mitarbeitende
Aufgaben der internen Meldestelle
- Meldekanäle betreiben (mündlich, schriftlich, auf Wunsch persönlich)
- Unabhängigkeit der in Meldestelle Tätigen, notwendige Fachkunde
- Dokumentation der Meldungen
Verfahrensablauf der Meldestelle
- Eingangsbestätigung binnen 7 Tagen
- Kommunikation mit Hinweisgeber und Rückmeldung binnen 3 Monaten über ergriffene Maßnahmen (z. B. Einleitung interner Untersuchungen, Weitergabe der Meldung an zuständige Behörden (Heimaufsicht, Polizei, Staatsanwaltschaft etc.))
Maßnahmen der Meldestelle
- unternehmensinterne Untersuchungen
- Abschluss des Verfahrens
- Weitergabe an Behörden
Was droht bei Nichtbefolgung?
Bußgeld bis bei:
- Nichteinrichtung oder betreiben interner Meldestelle
20.000,00 €
- Behinderung von Meldungen oder der Kommunikation zwischen Hinweisgeber und Meldestelle
100.000,00 €
- Ergreifen von Repressalien (durch handeln oder unterlassen); Eintritt eines Nachteils nicht erforderlich
100.000,00 €
- Offenlegung unrichtiger Informationen
20.000,00 €
- Nichtwahrung der Vertraulichkeit
100.000,00 €
- Haftung des Unternehmens neben der verantwortlichen Person
Tipp für Unternehmen
Vermeiden Sie ein externes Whistleblowing und damit einen Haftungs- und Reputationsschaden für Ihr Unternehmen und die verantwortlichen Führungspersonen. Richten Sie rechtzeitig eine interne Meldestelle ein. Idealerweise haben Sie in Ihrem Unternehmen bereits ein betriebliches Compliance-Management-System (CMS) installiert. Dann würde die Meldestelle ein typischer weiterer Bestandteil davon werden.
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