Das Märchen von der „Freigabeerklärung“

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Wieder geben aktuelle Mandate und Rückfragen verschiedener Mandanten Anlass zur Aufklärung. 

Es ist bemerkenswert, wie es Haftpflichtversicherern gelingt, Unsicherheiten zu schüren und vermeintliche Mitbestimmungsrechte betreffend das Eigentum der Geschädigten zu erfinden.

Diese Bemühungen münden in die sicher bekannte Lieblings-Fantasievokabel der Assekuranz: der „Reparaturfreigabeerklärung“. Klingt amtlich, ist aber nur heiße Luft.

Immer wieder begegnet Geschädigten nach Verkehrsunfällen die scheinbar großmütige Mitteilung des Haftpflichtversicherers, die Veräußerung oder die Reparatur des beschädigten Fahrzeuges werde „freigegeben“. Entgegen der offenbar vorherrschenden Auffassung vieler Versicherer verbleibt das Eigentum am Unfallfahrzeug und auch die alleinige Verfügungsgewalt über dieses beim Geschädigten. Die „Reparaturfreigabeerklärung“ ist nur eine scheinbar gängige „Fachvokabel“. Tatsächlich ist sie eine Erfindung der Versicherer.

Es bedarf daher weder bei Totalschäden noch bei Reparaturschäden nach Verkehrsunfällen einer „Freigabeerklärung“, bevor das Unfallfahrzeug verkauft oder repariert wird.

Ausdrücklich für den Fall der Veräußerung eines Fahrzeuges zu dem vom Sachverständigen festgestellten Restwertes hat das in großer Eindeutigkeit auch der BGH bestätigt (VI ZR 101/16). Das gleiche gilt jedoch auch für Reparaturen. Ist ein Fahrzeug reparaturwürdig, kann ein Reparaturauftrag auch sofort erteilt werden. Eine „Freigabeerklärung“ ist nicht erforderlich. 

Im Gegenteil dürfte ein Abwarten auf eine solche Erklärung und eine dadurch verspätete Reparatur den Vorwurf eines Verstoßes gegen die Schadensminderungspflicht auslösen, da sich hierdurch der Nutzungsausfall verlängert.

Bitte verlieren Sie nach einem Unfall nicht aus den Augen: Ihr Eigentum bleibt Ihr Eigentum; auch wenn es beschädigt wurde. UND: die Haftpflichtversicherung steht im Lager des Schädigers (!!!). Aus keinem rechtlich denkbaren Gesichtspunkt steht diesem ein Mitspracherecht zu, wie Sie mit Ihrem Eigentum zu verfahren haben und wann Sie dies tun. 

Ein Abwarten kann allenfalls aus Gründen der Beweissicherung geboten sein. Ob dies der Fall ist, entscheiden Sie; nicht die Haftpflichtversicherung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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