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Dauerbrenner Fluggastrechte – EuGH stärkt mal wieder die Rechte der Fluggäste

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Bei Flugausfällen regelt die europäische Fluggastrechteverordnung unterschiedliche Ansprüche der Reisenden. Zum absoluten Kern dieser Rechte gehört der Anspruch auf eine Entschädigungszahlung zwischen 250 Euro und 600 Euro. Die Detailfragen zu diesem Anspruch landen immer wieder in Luxemburg vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), der sich häufig auf die Seite der Reisenden stellt. 

In dem nun entschiedenen Fall ging es um die Frage, wann Reisende von der Airline über die Annullierung ihres Flugs informiert werden müssen, ob die Airline sie persönlich informieren muss oder ob die rechtzeitige Informierung des Reisevermittlers genügt und wer die Beweislast trägt. 

Rechte der Fluggäste nach der europäischen Verordnung 

Die europäische Fluggastrechteverordnung regelt Mindestrechte für Fluggäste, die gegen ihren Willen auf dem Boden bleiben müssen (z. B. bei einer Flugüberbuchung), deren Flug annulliert wird oder die nicht pünktlich am Zielflughafen landen. Nach Artikel fünf dieser Verordnung haben Fluggäste bei einer Flugannullierung Anspruch auf Zahlung einer entfernungsabhängigen Entschädigung – auch Ausgleichszahlung genannt – zwischen 250 Euro und 600 Euro, wenn sie nicht zwei Wochen vor dem geplanten Abflug über die Annullierung informiert werden. In dem zugrunde liegenden Fall klagte ein Niederländer auf Zahlung ebendieser Entschädigung, weil er erst zehn Tage vor seinem gebuchten Flug von seinem Reisevermittler über die Annullierung informiert wurde. Die Airline weigerte sich, die geforderten 600 Euro zu zahlen, weil sie den Online-Reisevermittler bereits über einen Monat vorher und damit rechtzeitig im Sinne der Fluggastrechteverordnung informiert hatte. Der Streit landete vor dem EuGH, der erneut die Rechte von Fluggästen stärkte und dem niederländischen Reisenden Recht gab.  

Information an den Reisevermittler reicht nicht aus

Der EuGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass die Vorschrift über die Ausgleichszahlung bei Flugannullierungen so ausgestaltet ist, dass Flugreisende grundsätzlich die Zahlung der Entschädigung immer verlangen können. Nur wenn die Airline nachweist, dass der Fluggast mindestens zwei Wochen vor Abflug des annullierten Flugs über die Annullierung informiert war, entfällt der Anspruch. Aus diesem Grund genügt es nicht, den Reisevermittler zu informieren, denn die Kenntnis des Reisevermittlers ist nicht gleichzusetzen mit der Kenntnis des Fluggastes. Um sich erfolgreich von der ihr obliegenden Pflicht zur Zahlung der Entschädigung zu befreien, muss die Airline sicherstellen, dass die Information über die Flugannullierung auch beim Fluggast  rechtzeitig innerhalb der Zwei-Wochen-Frist ankommt.      

Beweislast trägt die Airline

Der EuGH weist in seiner Entscheidung explizit darauf hin, dass die europäische Fluggastrechteverordnung bezweckt, für Fluggäste ein möglichst hohes Schutzniveau zu garantieren. Deshalb trägt die Airline grundsätzlich die Beweislast dafür, dass ein Fluggast rechtzeitig die Information über die Annullierung seines Flugs erhalten hat. Sie muss ihn hierzu zwar nicht persönlich informieren, sie kann sich aber eben auch nicht darauf berufen, den Reisevermittler rechtzeitig informiert zu haben. Informiert eine Airline nicht den Reisenden selbst, sondern z. B. nur das vermittelnde Online-Portal, trägt sie das Risiko, dass das Portal die Information zu spät an den Reisenden weiterleitet. Sie wird deshalb in diesem Fall nicht von ihrer Verpflichtung zur Zahlung der Entschädigungszahlung befreit, auch wenn sie die Information über einen Monat vor Ablauf der Zwei-Wochen-Frist an den Reisevermittler weitergeben hat. Der EuGH wies aber zugleich darauf hin, dass die Airline in einem derartigen Fall jedoch möglicherweise die von ihr zu zahlende Entschädigung vom Reisvermittler ersetzt verlangen kann.

Fazit: Es spielt nach der jüngsten Entscheidung des EuGH keine Rolle, ob Fluggäste den Flug direkt bei der Airline buchen oder über einen Reisevermittler wie etwa eines der zahlreichen Online-Portale. In beiden Fällen muss die Airline sicherstellen, dass der Reisende zwei Wochen vor Abflug des Fluges über die Annullierung informiert ist. Kann sie dies nicht beweisen, muss sie die Entschädigung von 250 Euro bis 600 Euro nach der europäischen Fluggastrechteverordnung zahlen. 

(EuGH, Urteil v. 11.05.2017, Az.: C302/16) 

(THE)

Foto(s): fotolia.com

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