Der Berliner Mietendeckel und Mieterhöhungen – eine Übersicht

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Stand 03.06.2020

Am 18.06.2019 beschloss der Berliner Senat die Eckpunkte zum sogenannten „Mietendeckel”. Am 26.11.2019 folgte sodann der endgültige Beschluss vom Berliner Mietendeckel, nachdem sich SPD, Linke und Grüne am 18. Oktober 2019 auf einen Mietendeckel geeinigt hatten. Am Donnerstag, den 30.01.2020 hat das Berliner Abgeordnetenhaus schließlich das Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung (MietenWoG) beschlossen. 

Der Mietendeckel ist am 23.02.2020 in Kraft getreten.

Die Miete wird für fünf Jahre auf dem Stand eingefroren, den sie am 18.06.2019 hatte. 

Der Mietendeckel sieht das Einfrieren von Bestandsmieten, die Kappung von angeblichen Wuchermieten und die Senkung der Neuvermietungsmieten im Vergleich zu den Vormieten vor. Auch bei Staffel- und Indexmieten wird die Miete eingefroren.

Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (Berliner MietenWoG)

Das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (Berliner MietenWoG) steht im Zentrum des Gesetzentwurfs zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung, auf das sich der Berliner Senat am 21.10.2019 verständigt hat.

Im Kern sieht das MietenWoG einen Mietenstopp für den freien Wohnungsmarkt vor. 

Anwendungsbereich des MietenWoG

§ 1 regelt den Anwendungsbereich des Berliner MietenWoG. 

Der Mietendeckel gilt grundsätzlich für alle Wohnungen, die vor dem 1. Januar 2014 gebaut wurden und deren Mieten preislich nicht gebunden sind. 

Ausgeschlossen vom Anwendungsbereich sind 

  • Sozialwohnungen oder Wohnungen, deren Modernisierung und Instandsetzung mit öffentlichen Mitteln finanziert worden sind. 
  • Wohnräume in Wohnheimen, wobei insbesondere Studenten- und Seniorenwohnheime von dieser Regelung erfasst sind. Wesentlich für die Abgrenzung von Wohnraum in Wohnheimen zu anderen Wohnformen ist, dass die Einzelwohnräume in räumlicher, funktioneller, sachlicher und persönlicher Hinsicht eine Einheit bilden. 
  • Wohnungen, die ab dem 01.01.2014 erstmals bezugsfertig wurden, die bislang unbewohnbar waren und deren Instandsetzung mit einem Neubau vergleichbar ist. 
  • Wohnraum, den eine juristische Person des öffentlichen
  • Rechts oder ein anerkannter privater Träger der Wohlfahrtspflege
  • zur Überlassung an Personen mit dringendem Wohnbedarf,
  • mit Pflege- oder Teilhabebedarf mietet oder vermietet.

Zuständigkeiten, Aufgaben und Befugnisse

§ 2 regelt die Zuweisung von Kompetenzen bezüglich des Umgangs mit dem MietenWoG. 

In Bezug auf den Umgang mit dem MietenWoG sind die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die Investitionsbank Berlin (IBB) und die Ämter der Berliner Bezirke zuständig. 

Aufgabe der Bezirksämter ist es, sicherzustellen, dass sich Vermieterinnen und Vermieter an das Gesetz halten. In Fällen von Verstößen können die Bezirksämter Bußgeldbescheide ausstellen.

In Fällen, in denen es um den Umgang mit überhöhten Mieten geht, ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zuständig.

Die Investitionsbank Berlin ist Anlaufstelle, wenn es um Modernisierungsvorhaben und Härtefällen von Vermietern und Mietern geht.

Zudem enthält § 2 die Regelung, dass Mieterinnen und Mieter ein Recht darauf haben, Auskunft über ihre konkrete Mietobergrenze zu erhalten.

Mietenstopp

§ 3 regelt das Verbot für Vermieterinnen und Vermieter, mehr Miete zu verlangen, als sie am Stichtag 18.6.2019 gefordert haben. Jedoch gibt es hierfür einige Ausnahmen:

  • Dieser Stichtag gilt nicht für Mietverträge, die erst nach danach und noch vor dem Inkrafttreten des MietenWoG geschlossen wurden und noch werden. Für solche Mietverträge gilt die bundesweite Mietpreisbremse und erst die neu vereinbarte Miete wird dann mit Inkrafttreten des Gesetzes eingefroren. Generell sollte eine Gesetzes-Rückwirkung vor Gericht verhindert werden.
  • Zudem gibt es eine Sonderregelung, die Vermieterinnen und Vermieter betrifft, die eine Nettokaltmiete von weniger als 5,02 Euro pro Quadratmeter verlangt haben. Wenn eine solche Wohnung modern ausgestattet ist, darf bei der Wiedervermietung auf die bisherige Miete ein Euro pro Quadratmeter aufgeschlagen werden. Dafür gilt jedoch eine Grenze von 5,02 Euro.
  • Für bestehende Mietverträge, bei denen nach dem 18. Juni noch die Miete erhöht wurde, gibt es auch Auswirkungen. Hier müssen Vermieter zunächst die Miete wieder auf den Stand vom 18. Juni senken, jedoch haben Mieter kein Anrecht darauf, dass die zwischenzeitlich höhere Miete wieder zurückgezahlt wird.
  • Weiterhin sieht das Gesetz vor, dass Mieten, die unterhalb von den im Gesetz genannten Obergrenzen (§ 6) bleiben, ab 2022 moderat angezogen werden dürfen. Das Maximum liegt dabei bei 1,3 % pro Jahr.

Mietobergrenzen

Gem. § 4 sollen im neuen Gesetz nicht nur Mieten eingefroren werden, sondern es sollen auch Obergrenzen für Neu- und Wiedervermietungen von Wohnungen gelten. Bei der Wiedervermietung einer Wohnung darf grundsätzlich keine höhere Miete als zuvor verlangt werden. Die gesetzliche Obergrenze gilt jedoch dann für einen neuen Mietvertrag, wenn die vorherige Miete über der im Gesetz genannten Obergrenze lag. Diese Obergrenzen gelten auch für Neuvermietungen von Wohnungen.

Überhöhte Miete

§ 5 setzt sich mit den Fragen auseinander, wie das Absenken überhöhter Mieten funktioniert und wann eine Miete überhaupt überhöht ist. Dieser Teil des Gesetzes wird jedoch erst neun Monate später in Kraft treten.

Zunächst können Mieter der Senatsverwaltung melden, wenn sie glauben, dass ihre Miete überhöht ist. Falls dies stimmt, wird der Vermieter von der Behörde darüber informiert, dass sein Mietverlangen als verbotene Miete gilt. Der Vermieter kann dann die Miete senken oder dem Amtsbescheid widersprechen.

Zudem gilt der Grundsatz, dass eine Miete dann zu hoch ist, wenn sie mehr als 20 % über der Obergrenze liegt. Diesbezüglich sind jedoch weitere Faktoren zu beachten:

  • Die Wohnlage hat Auswirkungen auf die Bestimmung der Obergrenze. Liegt eine Wohnung in einer einfachen Wohnlage, liegt die Obergrenze um 28 Cent niedriger als in der Tabelle genannt. In einer mittleren Wohnlage sind es 9 Cent niedriger und bei einer guten Wohnlage müssen 74 Cent auf die Obergrenze aufgeschlagen werden.
  • Wenn eine Wohnung bestimmte Kriterien nach einer Modernisierung erfüllt, die näher in § 6 bestimmt sind, erhöht sich die Obergrenze um einen Euro.

Mietobergrenzen

An den im Herbst 2019 veröffentlichten Obergrenzen hat sich grundsätzlich nichts geändert.

§ 6 bestimmt weiterhin, dass sich die Obergrenzen um 10 % erhöhen, wenn es sich um ein Ein- oder Zweifamilienhaus handelt.

Wenn eine Wohnung zudem eine moderne Ausstattung besitzt, erhöht sich die Obergrenze um einen Euro. Dafür müssen drei von den folgenden im Gesetz aufgeführten fünf Merkmalen erfüllt sein:

  • Es gibt einen Fahrstuhl, der schwellenlos von der Wohnung und vom Hauseingang erreichbar ist.
  • Eine Einbauküche ist vorhanden.
  • Es gibt eine hochwertige Sanitärausstattung.
  • In den meisten Räumen befindet sich ein hochwertiger Bodenbelag.
  • Der Energieverbrauchskennwert liegt unterhalb von 120 kWh/(m²a).

Zudem regelt § 6, dass Vermieter spätestens zwei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes ihren Mietern mitteilen müssen, welche Mietobergrenze sie für sich gültig halten und wie diese errechnet wurde.

Die Senatsverwaltung ist vom Gesetz dazu verpflichtet, die Obergrenze jeweils nach zwei Jahren an die allgemeine Reallohn-Entwicklung in Berlin anzupassen.

Modernisierung

Gem. § 7 darf die Modernisierung der Wohnung nur dann Auswirkungen auf die Steigerung der Miete haben, wenn die Modernisierung mindestens eines von sieben Kriterien erfüllt:

  • Die Modernisierung erfolgte aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung.
  • Es erfolgte eine Wärmedämmung der Fassade, der Kellerdecke, der obersten Geschossdecke oder des Dachs.
  • Es wurde modernisiert, um erneuerbare Energien nutzen zu können.
  • Die Fenster wurden energetisch erneuert.
  • Die Heizungsanlage wurde mit Heizanlagenoptimierung ausgetauscht.
  • Es wurde ein Aufzug angebaut.
  • Es wurden Barrieren in Wohnungen abgebaut, indem Schwellen beseitigt, Türen verbreitert oder Bäder umgebaut wurden.

Liegt einer dieser Fälle vor, dürfen Vermieter die Miete um maximal einen Euro pro Quadratmeter anheben. Dies müssen sie allerdings bei der Investitionsbank Berlin anzeigen. Die Grenze von einem Euro gilt dabei für alle Maßnahmen, während der Zeit, in der der Mietendeckel gilt.

Vermieter in Notlagen

Geraten Vermieter durch den Mietendeckel in finanzielle Schwierigkeiten, darf die Investitionsbank Berlin gem. § 8 ihnen erlauben, höhere Mieten von ihren Mietern zu verlangen, solange sie ihre finanziellen Schwierigkeiten nicht selbst verschuldet haben.

In einer Rechtsverordnung wird die Senatsverwaltung zudem die genauen Kriterien für einen Härtefall festlegen. Ein Härtefall ist laut Gesetz insbesondere dann gegeben, wenn die laufenden Kosten für die Bewirtschaftung höher sind als die Mieteinnahmen.

Mietzuschuss

Mieter haben einen Anspruch auf einen Zuschuss, wenn der Vermieter als Härtefall eine höhere Miete verlangen darf. § 9 besagt, dass wenn die Bruttowarmmiete mehr als 30 % des Haushaltseinkommens einnimmt, können Mieter einen Mietzuschuss bei der Investitionsbank beantragen. Hier bezieht sich das Mietendeckelgesetz direkt auf eine gesetzliche Regelung.

Allerdings darf der Zuschuss nur so hoch sein, wie die verlangte Miete die Mietobergrenze im Gesetz überschreitet.

Widersprüche und Rechtsstreitigkeiten

§ 10 regelt, dass zunächst die Senatsverwaltung über Widersprüche und Rechtsstreitigkeiten entscheidet. Solche Widersprüche sollen keine aufschiebende Wirkung haben.

Somit dürften Vermieter eine verlangte Mietsenkung nicht verschieben, bis das Widerspruchsverfahren geklärt ist, sondern müssten sofort absenken.

Bußgeld

Ein Bußgeld wird gem. § 11 fällig, wenn gegen Bestimmungen des Mietendeckelgesetzes verstoßen wird. Es sind Geldbußen bis zu 500.000 Euro vorgesehen. Bußgelder drohen z. B., wenn Vermieter nicht oder nicht korrekt Auskunft über Miethöhe geben oder ohne Genehmigung einfach eine höhere Miete als erlaubt verlangen.

Hinweise an Vermieter: 

Besonders wesentlich für die Praxis wird hierbei die Regelung des § 11 Absatz 1 Nr. 4 sein. Demnach handelt ordnungswidrig, wer ohne erforderliche Genehmigung nach § 8 eine höhere als die nach den §§ 3 bis 7 zulässige Miete fordert oder entgegennimmt.

Insofern ist es möglich, dass sich bereits jetzt Vermieter ordnungswidrig verhalten, wenn sie eine Mieterhöhung verlangen. Dies kann selbst dann gelten, wenn noch ein Mieterhöhungsverfahren läuft und die Anträge im Verfahren noch gestellt werden müssen. Hier ist nicht ausgeschlossen, dass die Beantragung ordnungswidrig ist.

Zudem haben Vermieter darauf zu achten, dass sie ab dem 23.11.2020 von Ihrem Mieter keine höhere als die zulässige Miete erhalten. Überweist der Mieter dennoch zu viel, so hat der Vermieter den überschießenden Betrag umgehend zurückzuerstatten.

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