Der Erbteilsverkauf: Rechtliche Fallstricke und finanzielle Risiken
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Der Erbteilsverkauf stellt eine Möglichkeit dar, sich frühzeitig aus einer Erbengemeinschaft zurückzuziehen und sofortige Liquidität zu erhalten. Insbesondere in Erbengemeinschaften mit hohen Streitpotenzialen erscheint dies für viele Erben als unkomplizierte Lösung. Doch ein voreiliger Verkauf kann erhebliche finanzielle Nachteile mit sich bringen.
📌 Ist der Verkauf rechtlich bindend?
📌 Welche Risiken bestehen für den Verkäufer?
📌 Kann der Erbteilsverkauf rückgängig gemacht werden?
1. Definition und rechtliche Grundlagen des Erbteilsverkaufs
Der Erbteilsverkauf ist in § 2033 BGB geregelt. Danach kann ein Erbe seinen Anteil an der Erbschaft grundsätzlich frei veräußern. Dabei ist zu beachten:
🔹 Veräußert wird nicht ein einzelner Nachlassgegenstand, sondern der gesamte Erbteil.
🔹 Für die Wirksamkeit ist ein notarieller Vertrag erforderlich (§ 2033 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2371 BGB).
🔹 Die Miterben haben ein gesetzliches Vorkaufsrecht (§ 2034 BGB).
Da der Erbteil sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Nachlass umfasst, haftet der Erwerber des Erbteils grundsätzlich für die Nachlassverbindlichkeiten (§ 2382 BGB).
2. Finanzielle Risiken des Erbteilsverkaufs
Der Verkauf eines Erbteils erfolgt häufig zu einem Preis deutlich unterhalb des tatsächlichen Werts des Nachlasses. Besonders problematisch sind folgende Konstellationen:
✅ Fehlbewertung des Nachlasses:
Erben verkaufen häufig, ohne den Verkehrswert von Nachlassimmobilien oder Unternehmensbeteiligungen zu kennen. Eine vorherige Wertermittlung durch einen Sachverständigen ist daher essenziell.
✅ Strategische Unterbewertung durch Miterben:
Miterben, die ihr gesetzliches Vorkaufsrecht ausüben, haben oft ein wirtschaftliches Interesse daran, den Erbteil unter Wert zu übernehmen. Eine Marktanalyse kann hier vor finanziellen Nachteilen schützen.
✅ Künftige Wertsteigerungen nicht berücksichtigt:
Insbesondere bei Immobilien oder Unternehmensanteilen kann sich der Wert des Nachlasses nachträglich erheblich steigern. Ein vorzeitiger Verkauf bedeutet dann den Verlust zukünftiger Gewinne.
Beispiel: Ein Miterbe verkauft seinen Anteil an einer Erbengemeinschaft, die eine Immobilie mit einem geschätzten Verkehrswert von 500.000 € hält. Zwei Jahre später wird die Immobilie für 750.000 € veräußert – der verkaufende Erbe hat keinen Anspruch auf den Mehrerlös.
3. Kann ein Erbteilsverkauf rückgängig gemacht werden?
Grundsätzlich ist ein einmal geschlossener Erbteilsverkaufsvertrag bindend. Allerdings gibt es rechtliche Anfechtungsmöglichkeiten, wenn besondere Umstände vorliegen:
📌 Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB):
Falls der Verkäufer durch falsche Angaben über den Wert des Erbteils getäuscht wurde oder unter Druck gesetzt wurde, kann der Vertrag angefochten werden.
📌 Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB):
Hat der Erbe den Erbteil unter einem grundlegenden Irrtum verkauft (z. B. Annahme hoher Schulden, die nicht existieren), kann eine Anfechtung möglich sein.
📌 Sittenwidrigkeit und Wucher (§ 138 BGB):
Wenn der Erbteilsverkauf zu einem extremen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung erfolgte, kann der Vertrag als sittenwidrig und damit nichtig eingestuft werden.
BGH-Rechtsprechung:
Der BGH (Urteil vom 10. Februar 1999 – IV ZR 257/97) hat entschieden, dass ein Erbteilsverkauf sittenwidrig sein kann, wenn der Verkäufer in einer Zwangslage war und der Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Nachlasswert stand.
4. Steuerliche Aspekte des Erbteilsverkaufs
Der Verkauf eines Erbteils unterliegt grundsätzlich nicht der Erbschaftsteuer, sondern kann als privates Veräußerungsgeschäft (§ 23 EStG) einkommensteuerpflichtig sein, wenn:
✔ Die Veräußerung innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt.
✔ Der Erbteil wesentliche Wirtschaftsgüter wie Immobilien enthält.
Tipp: Vor dem Verkauf sollte eine steuerliche Prüfung erfolgen, um unerwartete Steuerlasten zu vermeiden.
5. Was sollten Erben vor einem Erbteilsverkauf tun?
🔹 Lassen Sie den Nachlass unabhängig bewerten – insbesondere bei Immobilien oder Unternehmensanteilen.
🔹 Prüfen Sie das Vorkaufsrecht der Miterben – und ob eine faire Preisfindung möglich ist.
🔹 Vermeiden Sie vorschnelle Verkaufsentscheidungen – da Erbanteile oft unter Wert verkauft werden.
🔹 Lassen Sie den Kaufvertrag anwaltlich prüfen – um nachteilige Klauseln oder versteckte Haftungsfallen zu vermeiden.
6. Fazit: Erbteilsverkauf – oft unterschätzt, rechtlich riskant
Der Verkauf eines Erbteils kann eine schnelle Lösung zur Liquiditätsbeschaffung sein, ist jedoch mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Risiken verbunden. Ein Verkauf unter Wert kann nicht nur zu einem erheblichen Vermögensverlust, sondern auch zu steuerlichen Nachteilen führen.
Da die rechtliche Bindung eines Erbteilsverkaufs hoch ist, sollten Erben vor einer Entscheidung unbedingt eine fachanwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.
⚖️ Ich prüfe Ihren Erbteilsverkauf – bevor es zu spät ist!
Als Fachanwältin für Erbrecht mit über 10 Jahren Erfahrung berate ich Sie umfassend zu Ihren Rechten und möglichen Alternativen:
✔ Prüfung der Vertragsgestaltung vor dem Verkauf
✔ Bewertung des Nachlasswerts zur Vermeidung finanzieller Nachteile
✔ Anfechtung oder Rückabwicklung bei Täuschung, Wucher oder Irrtum
✔ Durchsetzung von Nachforderungsansprüchen, falls der Verkaufspreis zu niedrig war
📩 Lassen Sie sich beraten, bevor Sie Ihren Erbteil zu günstig verkaufen!
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