Die eigenen Eltern im Pflegeheim? Erwachsenenunterhalt

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Wenn Elternteile in eine Pflegeeinrichtung ziehen und die dafür notwendigen Ausgaben nicht aus eigenen Einkünften oder eigenem Vermögen aufbringen können, tritt häufig die jeweilige Sozialbehörde in Vorleistung und versucht, die Aufwendungen von den Kindern wieder zu bekommen.

Die Kinder erhalten in der Regel eine Schreiben von der jeweiligen Sozialbehörde, in welchem sinngemäß mitgeteilt wird, es seien Unterhaltsansprüche auf die Sozialbehörde übergegangen und es werde Auskunft über Einkommen und Vermögen des jeweiligen Kindes verlangt, ggf. auch bzgl. des Ehegatten des Kindes.

In der Regel ist dieses Vorgehen der Sozialbehörden juristisch korrekt, denn Verwandte in gerader Linie schulden nach §§ 1601 ff. BGB wechselseitig Unterhalt, also grds. auch die Kinder gegenüber den Eltern. Sofern Sozialbehörden in Vorleistung treten, gehen diese Unterhaltsansprüche auf die jeweilige Behörde über und Bestandteil des Unterhaltsanspruchs ist auch der sog. Auskunftsanspruch, so dass die entsprechenden Auskünfte über Einkünfte und Vermögen grds. gegeben und mit entsprechenden Unterlagen nachgewiesen werden müssen.

Dies sagt allerdings noch nichts darüber aus, ob sich das jeweilige Kind tatsächlich an den Kosten zu beteiligen hat. Es sind eine Reihe juristischer Facetten zu bedenken. Im Rahmen dieses kurzen Beitrages kann nur auf einige Aspekte hingewiesen werden.

Entgegen landläufiger Meinung haften nicht mehrere Geschwister zusammen wie Gesamtschuldner für den Unterhalt, sondern sie haben sich lediglich entsprechend der für sie maßgebenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse als sog. Teilschuldner (§ 1606 Abs. 3 S. 1 BGB) zu beteiligen. Um die jeweilige Haftungsquote entsprechend ermitteln zu können, haben die Geschwister untereinander entsprechende Auskunftsansprüche, die notfalls auch gerichtlich einklagbar sind. Dies kann bedeutend sein, wenn die Geschwister untereinander wenig Kontakt haben und über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der anderen Geschwisterteile keine Kenntnisse haben.

Des Weiteren muss juristisch eingehend geprüft werden, welche Einkommensverhältnisse überhaupt relevant sind und ob und welche Vermögenswerte in die Bewertung einfließen. Es wird grds. ein durchschnittliches Einkommen ermittelt, welches um diverse Abzugsposten bereinigt werden kann. Es werden beispielsweise eine gesonderte Altersversorgung (z.B. Riesterrente), Fahrtkosten zur Arbeitsstelle, vorrangige Unterhaltspflichten, ggf. Kreditverbindlichkeiten, ggf. Rücklagenbildung für notwendige Arbeiten an einer Immobilie oder zum Neuerwerb eines angemessenen Pkw berücksichtigt. Diese Aufzählung ist nicht abschließend und jeder Abzugsposten muss im Einzelfall juristisch geprüft werden. Häufig wohnen die Kinder in einer im Eigentum stehenden Immobilie. In diesem Fall ist ein sog. Wohnwert bei der Einkommensberechnung zu berücksichtigen, der allerdings ggf. um die entsprechenden Finanzierungsbeträge und verbrauchsunabhängige Kosten zu reduzieren ist. Auch hier muss im Einzelfall geprüft werden, wie juristisch argumentiert werden kann.

Juristisch komplizierter ist auch die Berücksichtigung von Einkünften des Ehegatten des Kindes, also des Schwiegerkindes des Unterhaltsberechtigten. Die Rechtsprechung versucht, dieses Problem zu lösen, indem ein sog. Familieneinkommen festgestellt und der sich daraus ergebende „Einkommensanteil“ des unterhaltspflichtigen Kindes ermittelt wird. Die oben angerissene Problematik der Einkommensermittlung wird also doppelt akut und die juristische Lösung nicht einfacher.

Häufig problematisch ist auch die Frage, ob und in welchem Umfang vorhandenes Vermögen für Unterhaltszahlungen eingesetzt werden muss. Kann die Sozialbehörde verlangen, dass eine Lebensversicherung aufgelöst wird, muss auf dem Girokonto vorhandenes Geld eingesetzt werden, wird ein Aktien-Depot berücksichtigt? Der Wert einer selbst genutzten Immobilie ist grds. immer geschützt (BGH, Beschluss vom 07.08.2014, XII ZB 269/12), im Übrigen sind die Gerichte bei der Berechnung sog. Schonvermögens teilweise uneinheitlich und es muss im Einzelfall geschaut werden, wie juristisch argumentiert werden kann. Abwägungskriterien sind u.a. das Lebensalter des unterhaltspflichtigen Kindes und sein Verdienst.

Es muss auch darauf geachtet werden, dass dem unterhaltspflichtigen Kind rechnerisch der sog. Selbstbehalt verbleibt. Dieser beläuft sich je nach OLG-Bezirk derzeit auf monatlich 1.800,00 € zzgl. der Hälfte des darüber hinausgehenden Betrages.

Wenn bei Elternteilen eine solche finanzielle Bedürftigkeit eintritt, ist es für die unterhaltspflichtigen Kinder ratsam, frühzeitig entsprechende juristisch qualifizierte Beratung (ggf. Fachanwalt/Fachanwältin für Familienrecht) in Anspruch zu nehmen. Dadurch kann abgeschätzt werden, auf welche finanzielle Belastungen sich das jeweilige Kind zukünftig einzustellen hat und/ oder wie eine solche Belastung reduziert oder ganz vermieden werden kann.

Rechtsanwalt Benjamin Deutscher

Fachanwalt für Familienrecht, Düsseldorf


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