Die neue SARS-CoV-2-Bekämpfungsverordnung vom 03.04.2020

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Die Landesregierung hebt die bisherige Verordnung über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Corona-Virus auf und erlässt eine neue, im Titel gleichlautende, Verordnung, welche auf der Seite der Landesregierung abrufbar ist (https://www.regierung-mv.de/static/Regierungsportal/Ministerpr %C3 %A4sidentin %20und %20Staatskanzlei/Dateien/pdf-Dokumente/Verordnung %203. %20April.pdf).

Sie hat die in der Öffentlichkeit geäußerte Kritik angenommen und die Verordnung in weiten Teilen konkretisiert. Nachfolgend stelle ich Ihnen dar, was inhaltlich geändert worden ist. Auf die Bestimmungen, die vollständig übernommen wurden, werde ich nicht gesondert eingehen.

Was ist neu?

I. Tabak- und Genusswaren, § 1 Abs.1 SARS-CoV-2-BekämpfV

Die Verkaufsstellen des Einzelhandels bleiben geschlossen. Ausgenommen davon sind neben den bereits in der letzten Verordnung genannten Verkaufsstellen auch solche der Tabak- und Genusswaren.

II. Neue Auflagen für die fortlaufende Öffnung der Einrichtungen nach § 1 Abs. 1 SARS-CoV-2-BekämpfV

Der Betrieb der Verkaufsstellen und Einrichtungen, die weiter öffnen dürfen, wird unter Auflagen gestellt:

  • Personen haben einen Abstand von 2 m zueinander einzuhalten,
  • Einlasskontrollen/Zugangsbeschränkungen, damit sich auf je 10 qm Verkaufsfläche nur ein Kunde samt Einkaufswagen aufhält,
  • ein verstärktes Reinigungs- und Desinfektionsregime; wie dies auszusehen hat, definiert die Verordnung nicht,
  • Aushänge und Durchsagen, um Kunden zum Abstandhalten anzuhalten; bei Zuwiderhandlungen sind Hausverbote auszusprechen.

III. Fahrschulen und Sportboothäfen

Nach § 1 Abs. 7 SARS-CoV-2-BekämpfV bleiben auch Fahrschulen, die technische Prüfstelle im Bereich des Fahrerlaubniswesens und Sportboothäfen geschlossen.

IV. Kontaktverbot, § 1 a

Auch die neue Verordnung enthält ein Kontaktverbot.

In der letzten Verordnung hieß es, „dass die Bürger und Bürgerinnen angehalten werden…“, was schließlich nicht mehr als ein Appell an alle war. Nunmehr „haben Bürgerinnen und Bürger die Kontakte zu reduzieren.“ Ein Verstoß dagegen stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 7 Abs. 2 SARS-CoV-2-BekämpfV dar und kann mit einer Geldbuße von 150,00 € bis 25.000,00 € geahndet werden.

V. Gaststätten

Gaststätten bleiben geschlossen, können aber auch weiterhin einen Liefer- oder Abholservice einrichten. Neu ist, dass ein Abstand von 2 m zu anderen Personen eingehalten werden muss und sich je 10 qm Verkaufsfläche nur ein Kunde im Geschäft aufhalten darf.

Nunmehr sind auch ausdrücklich gastronomische Angebote in Beherbungsstätten für Übernachtungsgäste zulässig, sofern auch dort mindestens ein Abstand von 2 m zu anderen Personen eingehalten wird.

Nicht-öffentliche zugängliche Personalrestaurants und Kantinen dürfen auch nur noch öffnen, sofern dies für die Aufrechterhaltung des Betriebes erforderlich ist und ebenfalls ein Mindestabstand von 2 m zwischen den Personen gewährleistet werden kann.

VI. Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern

Alle Bestimmungen zu Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern befinden sich auch weiterhin in § 4 der Verordnung. In der jüngsten Vergangenheit brachte diese Norm zahlreiche Diskussionen mit sich.

Was hat sich also geändert?

1. Untersagung aller Reisen

Zunächst fällt auf, dass bereits die Überschrift eine andere ist. Lautete diese in der letzten Verordnung noch „Reisen aus privatem Anlass“, heißt sie jetzt „Reisen nach Mecklenburg-Vorpommern.“

Untersagt wurden in der Vergangenheit „touristische Reisen“, ohne dass die Verordnung hergab, was unter touristischen Reisen verstanden werden soll. Diese Begrifflichkeit nutzt man nicht mehr.

Nunmehr lautet der Grundsatz, dass alle Reisen in das Land Mecklenburg-Vorpommern untersagt sind, sofern nicht die in der Verordnung genannten Ausnahmen greifen. Damit wird die Norm übersichtlicher und vor allem verständlicher.

Folgende Ausnahmen sieht die Verordnung vor:

  • Erstwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern oder im Amt Neuhaus,
  • Personen, die eine allgemeinbildende Schule, berufliche Schule oder Schule für Erwachsene in Mecklenburg-Vorpommern besuchen,
  • Personen, die an einer Hochschule nach § 1 des Landeshochschulgesetzes immatrikuliert sind,
  • Reisen, die für die Ausübung beruflicher Tätigkeiten zwingend erforderlich sind; außer die Personen haben sich in den letzten 14 Tagen vor dem beabsichtigten Besuch in einem Risikogebiet oder einem besonders betroffenen Gebiet (Festlegung RKI) aufgehalten; Einreiseverbot gilt für 14 Tage ab Rückkehr, § 4 Abs.7 SARS-CoV-2-BekämpfV,
  • Reisen, bei denen die Anwesenheit der Person aus rechtlichen Gründen zwingend erforderlich ist (z. B. Zeugenaussage vor Gericht),
  • Reisen, bei denen die Anwesenheit der Person aus moralischen Gründen zwingend erforderlich ist (z. B. Teilnahme an der Beisetzung eines nahen Verwandten),
  • unaufschiebbare Umzüge nach Mecklenburg-Vorpommern.

2. Reisen von Familienangehörigen

Kürzlich gab es keine einheitliche Handhabung für Reisen von Familienangehörigen in das Land Mecklenburg-Vorpommern. Ausweislich der Homepage der Staatskanzlei sollten solche „privaten Reisen“ weiterhin möglich sein, während das Innenministerium auch solche Reisen nur für den Bereich der Kernfamilie vorsah. Allerdings beinhaltete die Verordnung keine Ausführungen dazu – das hat man nun geändert. Es kommen zu den oben genannten also noch folgenden Ausnahmen hinzu:

Reisen zu privaten Besuchen von Familienangehörigen, die ihren ersten Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern haben: Familienangehörige sollen die sogenannte Kernfamilie sein und dazu gehören Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Lebensgefährten, Kinder, Eltern und Großeltern. Sofern man in häuslicher Gemeinschaft lebt, können die Ehegatten, Lebenspartner und Lebensgefährten gemeinsam die Kernfamilie besuchen. Geschwister zählen nicht dazu.

Eine Einreise ist aber auch dann für Familienangehörige untersagt, wenn sich diese innerhalb von 14 Tagen vor dem beabsichtigten Besuch in einem Risikogebiet oder einem besonders betroffenen Gebiet (Festlegung RKI) aufgehalten haben; Einreiseverbot gilt für 14 Tage ab Rückkehr, § 4 Abs.7 SARS-CoV-2-BekämpfV.

3. Ausreiseverpflichtung

Was in der letzten Verordnung fehlte, hat nun Einzug gehalten: Personen, für die die oben genannten Ausnahmen nicht greifen, haben Mecklenburg-Vorpommern unabhängig vom Tag ihrer Einreise zu verlassen; also unabhängig davon, ob diese Verordnung schon in Kraft getreten war, als sie nach Mecklenburg-Vorpommern reisten.

VII. Reisen innerhalb Mecklenburg-Vorpommerns zu Ostern

Man appelliert schon einige Tage an die Bürgerinnen und Bürger, dass man Reisen und Ausflüge in diesem Jahr zu Ostern unterlassen solle.

Durch § 4 a SARS-CoV-2-BekämpfV ist es den Einwohnern Mecklenburg-Vorpommerns vom 10. April, 00.00 Uhr, bis 13. April, 24.00 Uhr, grundsätzlich untersagt, tagestouristische Ausflüge zu unternehmen, z. B. an die Ostseeinseln, die Ostseeküste und die Mecklenburgische Seenplatte.

Erlaubt bleiben Spaziergänge, Sport und Bewegung im Freien, wobei diese Aktivitäten vorrangig im „Umfeld des eigenen Wohnbereichs“ stattfinden sollen. Eine Definition dafür ergibt sich aus der Verordnung nicht.

Auch zu diesem Grundsatz sind Ausnahmen vorgesehen:

  • Inanspruchnahme medizinischer und tiermedizinischer Versorgungsleistungen
  • Besuch bei Personen, die den helfenden Berufen angehören, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist (z. B. Arztbesuch, medizinische Behandlung)
  • Versorgungsgänge für Gegenstände des täglichen Bedarfs
  • Familienbesuche: Die Kernfamilie (s.o.) darf also trotzdem besucht werden und bei häuslicher Gemeinschaft auch gemeinsam mit dem Ehegatten, Lebenspartner oder Lebensgefährten
  • die notwendige Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen
  • die Begleitung Sterbender sowie Beerdigungen im engsten Familienkreis (wer zum engsten Familienkreis gehören soll, definiert die Verordnung nicht; ob der engste Familienkreis mit der Kernfamilie gleichzusetzen ist, bleibt offen)
  • Handlungen zur Versorgung von Tieren

VIII. Sitzungen kommunaler Vertretungen

Die nun aufgehobene Verordnung beinhaltete unter § 5 a bereits, dass Kommunalwahlen zu verschieben sind. Dabei bleibt es. 

Hinzu kommt, dass Sitzungen kommunaler Vertretungen auf das absolut notwendige, unaufschiebbare Maß zu beschränken sind, die hygienischen Anforderungen zu beachten sind und ein Mindestabstand von 2 m zwischen den Personen einzuhalten ist.

IX. Verbot von Veranstaltungen, Ansammlungen und Versammlungen aller Art

Diese Norm beinhaltet alle Ge- und Verbote zu Veranstaltungen, Ansammlungen und Versammlungen aller Art; sowohl öffentlicher als auch nicht-öffentlicher Natur. Diese sind untersagt, sofern nicht Ausnahmen vorgesehen sind.

Ausnahmen sind:

  • Zusammenkünfte im Rahmen der Familienbesuche
  • Veranstaltungen, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseins Für- und -vorsorge zu dienen bestimmt sind: der Veranstalter muss die anwesenden Personen mit Vor- und Nachnamen, Adresse, Telefonnummer erfassen, diese Liste für 4 Wochen aufbewahren und auf Verlangen an die zuständige Gesundheitsbehörde herausgeben
  • unaufschiebbare Zusammenkünfte (z. B. Trauerfeiern, Beisetzungen) nur im engsten Kreis der Familie unter gestiegenen Hygieneanforderungen und mit einem Mindestabstand von 2 m zwischen den Personen,
  • auf Antrag Ausnahmegenehmigung für Versammlungen unter freiem Himmel; liegt im Ermessen der Behörde

Klarstellend wird aufgenommen, dass die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs keine Ansammlung darstellt und dass das Selbstorganisationsrecht des Landtages, der kommunalen Vertretungskörperschaften, sonstiger Körperschaften, Stiftungen, Anstalten des öffentlichen Rechts und die Tätigkeiten der Gerichte unberührt bleiben.

X. Ordnungswidrigkeiten

Während die nun aufgehobene Verordnung lediglich auf die Strafvorschriften des IfSG verwies, stellen Verstöße gegen einzelne Bestimmungen der Verordnung Ordnungswidrigkeit dar (§ 7 SARS-CoV-2-BekämpfV). Gleiches gilt für Zuwiderhandlungen gegen vollziehbare Anordnungen auf Grund dieser Verordnung. Es können Geldbußen von 150,00 € bis 25.000,00 € verhängt werden.

Ulrike Dorn

Rechtsanwältin


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