Die 10 wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen und Antworten zu Corona, 1.Teil

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1. Darf ich aus Angst vor dem Coronavirus einfach zu Hause bleiben oder muss ich sogar zu Hause bleiben?

Die bloße Befürchtung, sich bei Verlassen der Wohnung möglicherweise mit dem Coronavirus anzustecken, genügt nicht, um der Arbeit fernbleiben dürfen. Denn eine nur potenzielle Ansteckungsgefahr – auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz – gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Diese trägt jede und jeder Beschäftigte selbst.

Sofern nicht ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz von vornherein vereinbart ist, müssen die Arbeitsvertragsparteien eine einvernehmliche Regelung treffen. Weder der Arbeitgeber kann einseitig die Tätigkeit vom Homeoffice anordnen (da arbeitsvertraglich ein anderer Arbeitsort vereinbart ist), noch dürfen Arbeitnehmer ungefragt die Arbeit im Betrieb einstellen und von zu Hause erbringen. Ein gesetzlicher Anspruch auf einen Homeoffice Arbeitsplatz besteht nicht.

In vielen Betrieben bestehen schon heute Regelungen zur Arbeit im Homeoffice. Auf diese kann und sollte zurückgegriffen werden.

Das Coronavirus kann allerdings auch in Betrieben, in denen bislang kein Homeoffice möglich ist, Anlass sein, über entsprechende Regelungen nachzudenken und entsprechende Möglichkeiten zu prüfen, um die Auswirkungen von Ansteckung und Erkrankungen auf den Betrieb zu minimieren. Fragen Sie zu den Möglichkeiten im Betrieb nach. In Betrieben mit Betriebsrat oder Mitarbeitervertretung können zwischen diesen und dem Betrieb Absprachen erfolgen, die den Inhalt der Arbeitsverhältnisse dann näher bestimmen.

Besteht beim Arbeitnehmer der begründeten Verdacht, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben – etwa z. B. durch Kontakt mit einer Person, bei der eine Infektion festgestellt wurde – sieht die Rechtslage schon anders aus. Denn beim Vorliegen eines so genannten vorübergehenden persönlichen Verhinderungsgrundes (§ 616 S. 1 BGB) darf der Arbeitnehmer der Arbeit fernbleiben und bekommt trotzdem sein Entgelt ausgezahlt, soweit dies nicht durch Tarif- oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde. Dieser Verhinderungsgrund liegt u. a. bei einem medizinisch notwendigen Arztbesuch vor, wenn dieser nur während der Arbeitszeit erfolgen kann. Ist zur medizinischen Abklärung eines Corona-Verdachts das Fernbleiben von der Arbeit nötig, muss der Arbeitgeber unverzüglich über das Fernbleiben von der Arbeit informiert werden. Dabei sind auch die öffentlich zugänglichen Hinweise der Ärzte und Gesundheitsbehörden an dem jeweiligen Wohnort zu beachten, wie man mit Verdachtsfällen umgehen sollte.

2. Was tun bei Krankheitssymptomen?

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Krankheitssymptome haben und dadurch arbeitsunfähig sind, haben aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit das Recht, der Arbeit fernzubleiben. Das gilt übrigens nicht nur für Corona, sondern allgemein. Die Arbeitsunfähigkeit muss dem Arbeitgeber unverzüglich mitgeteilt werden und es sind auch die sonst bei Arbeitsunfähigkeit im Betrieb geltenden Regelungen einzuhalten. Unabhängig davon sieht das Gesetz vor, dass spätestens nach dem dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest – also die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung –vorgelegt werden muss. Tarifverträge oder Arbeitsverträge regeln oft die Frist für die Vorlage der AU-Bescheinigung abweichend von der gesetzlichen Grundregel.

Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben grundsätzlich für die Dauer von sechs Wochen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber ihrem Arbeitgeber und anschließend auf Krankengeld von der Krankenkasse.

Es gibt grundsätzlich keine Pflicht, dem Arbeitgeber oder den Arbeitskollegen die ärztliche Diagnose offenzulegen. Nach der kürzlich verabschiedeten Corona-Meldeverordnung müssen die Ärzte aber nicht nur die tatsächlichen Erkrankungsfälle von Corona, sondern auch Verdachtsfälle den zuständigen Behörden melden, nicht aber an den Arbeitgeber.

3. Was unternehme ich bei Rückkehr aus dem Urlaub?

Eine Auskunft über den Urlaubsort schuldet der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Ein Informationsinteresse des Arbeitgebers besteht aber dann, wenn der Arbeitnehmer aus einem Gebiet zurückreist, für das das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung wegen der Infektionsgefahr herausgegeben hat oder die unter Quarantäne stehen und ich in Deutschland eine zweiwöchige Quarantäne einhalten muss. Darüber ist der Arbeitgeber zu informieren, der dann gem. § 56 Abs. 5 Infektionsschutzgesetz (IfSG) das Entgelt weiterzahlen muss, aber erstattet verlangen kann (siehe dazu auch weiter unten).

4. Was tun, wenn im Betrieb ein Corona-Fall bestätigt wird?

Das kann man pauschal nicht sagen. Es liegt in den Händen der zuständigen Aufsichtsbehörden, das sind in diesem Fall die Gesundheitsämter der Länder, über die weiteren notwendigen Schritte zu entscheiden. Wie weiter oben bereits erklärt, wird jeder Corona-Fall den Behörden gemeldet und sie leiten die weiteren Untersuchungen und Maßnahmen – auch in den Betrieben der Infizierten – ein. Zunächst sollte mit bestehenden Interessenvertretungen (etwa Betriebsrat oder Personalrat) oder dem Arbeitgeber gesprochen werden. Natürlich kann auch der Arbeitgeber die Mitarbeiter (alle oder einzelne Abteilungen von der Arbeit unter Fortzahlung des Entgelts) freistellen.

5. Darf der Arbeitgeber den Betrieb vorübergehend schließen und die Belegschaft in den Urlaub/nach Hause schicken? 

Wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Coronavirus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt, können betroffene Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Diese Leistung muss vom Arbeitgeber beantragt werden. Die Bundesregierung hat aktuell im Eilverfahren die Regelungen für die Kurzarbeit verändert, die ab dem 1. April 2020 in Kraft treten werden. Vor allem die Unternehmen und ihre Beschäftigten, die direkt oder indirekt von den Folgen der Corona-Krise betroffen sind, sollen so eine wirkungsvolle Unterstützung bekommen. Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten verringert sind, bislang muss mindestens ein Drittel der Beschäftigten von einem Arbeitsausfall betroffen sein, nun soll dieser Schwellenwert auf 10 Prozent der Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sind, abgesenkt werden. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn aufgrund des Coronavirus Lieferungen ausbleiben und dadurch die Arbeitszeit verringert werden muss oder staatliche Schutzmaßnahmen dafür sorgen, dass der Betrieb vorrübergehend geschlossen wird.

Außerhalb dieser Möglichkeit darf der Arbeitgeber die Arbeitnehmer zwar von der Erbringung der Arbeitsleistung freistellen, der Arbeitgeber muss dann allerdings die Entgelte weiterbezahlen (§ 615 S. 3 BGB).

Gleiches gilt für seitens des Arbeitgebers zwangsweise angeordneten Abbau von Überstunden oder die einseitige Anordnung von Erholungsurlaub. Beides ist grundsätzlich nicht möglich. Arbeitgeber sind auch nicht ohne weiteres dazu berechtigt, Arbeitszeitkonten mit Minusstunden zu belasten. Denkbar sind allerdings tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen, die die Nutzung von Arbeitszeitkonten zur Überbrückung von Auftragsschwankungen vorsehen. Ohne eine ausdrückliche Vereinbarung darf der Arbeitgeber aber auch hier nicht auf die Stundenkonten der Beschäftigten zurückgreifen. Der Arbeitgeber kann allerdings versuchen, mit Betriebsrat oder Mitarbeitervertretung eine Vereinbarung über Betriebsferien zu schließen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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