Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Diskriminierung: Darf Homosexuellen die Hochzeitsvilla verweigert werden?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

[image]

Lange Zeit war Homosexualität verboten und Sanktionen gegen Homosexuelle hatten eine lange Tradition, die bis in die Zeit vor Christus zurückreichte. Der letzte Straftatbestand der Homosexualität wurde erst 1994 abgeschafft. Die Einstellung zur Homosexualität hat sich stark gewandelt.

Im Laufe der letzten Jahre wird stark für eine rechtliche und praktische Gleichstellung homosexueller Paare gekämpft. Zwar können homosexuelle Paare bis heute keine Ehe eingehen, ihnen steht aber mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft eine vergleichbare Verbindung zur Verfügung, die wie eine Hochzeit gefeiert wird. Mit der Frage, welche Rechte homosexuelle Paare bei ihrer „Hochzeit“ genau haben, musste sich nun das Landgericht Köln in einer jüngeren Entscheidung befassen.

Konkretes Benachteiligungsverbot

Ganz allgemein ist der Kampf gegen Diskriminierung aus unterschiedlichen Gründen wie z. B. der Religion, dem Geschlecht oder eben auch der sexuellen Orientierung in den 1980er- und 1990er-Jahren zu einem weltweitem Anliegen geworden. Seit 2006 gilt in Deutschland das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das sieben verbotene Benachteiligungsgründe normiert. Verboten ist deshalb die Benachteiligung wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion bzw. Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Das AGG gilt aber nur in ganz bestimmten Rechtsbereichen. Das bekannteste Gebiet, in dem die Benachteiligungsverbote des AGG beachtet werden müssen, ist das Arbeitsrecht. Deshalb müssen z. B. Stellenausschreibungen geschlechtsneutral sein und Unternehmen dürfen in Bewerbungsgesprächen nicht mehr nach der Schwangerschaft fragen.

Die Benachteiligungsverbote gelten aber nicht nur im Arbeitsrecht. Auch andere Verträge des Zivilrechts wie etwa Kaufvertrag, Mietvertrag, Werkvertrag können in den Anwendungsbereich des AGG fallen mit der Folge, dass die sieben Benachteiligungsverbote auch dort gelten.

Vermietung der Hochzeitsvilla als Massengeschäft

So dürfen die sieben Benachteiligungsgründe auch keine Rolle spielen, wenn es sich um ein sog. Massengeschäft wie z. B. die Vermietung von Ferienwohnungen oder Hotelzimmern handelt. Ein Massengeschäft liegt immer dann vor, wenn das Ansehen der Person typischerweise irrelevant für den Vertragsschluss ist. Spielt es also üblicherweise keine Rolle, ob der Vertragspartner ein Mann oder eine Frau ist, welche Religion der Vertragspartner hat oder was die sexuellen Vorlieben des Vertragspartners sind, handelt es sich bei dem Vertrag um ein Massengeschäft, bei dem nicht aus Gründen der Rasse, Religion oder sexuellen Identität diskriminiert werden darf.

Im Fall, den das Kölner Landgericht entscheiden musste, ging es um die Vermietung einer Hochzeitsvilla. Ein homosexuelles Paar buchte im Internet für seine Hochzeit eine Hochzeitsvilla, die der Vermieter und seine Schwiegermutter regelmäßig selbst bewohnten. Bei der Vermietung für Hochzeitsfeiern stellten sie jedoch dem Brautpaar in der Regel auch ein Schlafzimmer für die Hochzeitsnacht zur Verfügung. Als sich herausstellte, dass es sich bei dem Brautpaar nicht um einen Mann und eine Frau, sondern vielmehr um zwei Männer handelte, verweigerte der Vermieter die Vermietung der Hochzeitsvilla.

Nach dem Landgericht Köln sei die Vermietung der Hochzeitsvilla aber ein Massengeschäft, bei dem nicht wegen der sexuellen Identität diskriminiert werden dürfe. Der Vermieter musste deshalb für seine Weigerung jedem der beiden Männer eine Entschädigung in Höhe von 850 Euro zahlen.

Anstands- und Moralempfinden irrelevant

Wenn es sich wie bei der Vermietung der Hochzeitsvilla um ein Massengeschäft handelt, dürfen Anstands- und Moralempfinden für den Vertragsschluss keine Rolle mehr spielen. Eine solche Diskriminierung ist nach dem AGG verboten. Dabei konnte das Gericht nicht nachvollziehen, warum die Nutzung der privaten Schlafzimmer im Fall von heterosexuellen Paaren die Intimsphäre der Vermieter nicht verletzten würde, während es die Nutzung durch ein homosexuelles Paar täte. Die subjektive Empfindung, homosexuelle Beziehungen seien unmoralisch, ist als rein willkürliche Entscheidung kein sachlicher Grund. Anstands- und Moralempfinden können deshalb eine unterschiedliche Behandlung von heterosexuellen Paaren und homosexuellen Paaren nicht rechtfertigen.

Fazit

Neben dem Arbeitsrecht stellt die Vermietung von Räumen wie Hotelzimmern, Wohnungen oder Locations also ein Massengeschäft dar, bei dem die Grundsätze des AGG beachtet werden müssen. In diesen Fällen sind die Vertragsparteien in ihrer Entscheidung über den Abschluss des Vertrages nicht vollkommen frei, sondern dürfen Kriterien wie Moral und Anstandsempfinden nicht beachten. Ferienwohnungen, Hotelzimmer oder Hochzeitsvillen müssen deshalb auch an homosexuelle Paare vermietet werden.

(LG Köln, Urteil v. 13.11.2015, Az.: 10 S 137/14)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen:


Beiträge zum Thema