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Diskriminierungsverbot: Was bedeutet das im Zivilrecht?

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Diskriminierungsverbot: Was bedeutet das im Zivilrecht?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt, gehört zu einem der umstrittensten Gesetze, die in den letzten Jahren in Kraft traten. Das darin geregelte Diskriminierungsverbot findet sich in verschiedenen Gebieten des Zivilrechts, wie beispielsweise im Vertragsrecht, Mietrecht, Versicherungsrecht u.v.m. Anhand einiger Beispiele, werden rechtliche Folgen aufgezeigt, welche sich für Privatleute in alltäglichen Lebenssituationen ergeben können.

Zivilrechtliche Vorschriften im AGG

Im Privatrecht finden die §§ 1 bis 5 AGG und die §§ 19 bis 21 AGG Anwendung. § 19 AGG verbietet die Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion, wegen einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität im Rahmen eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses (z.B. Vertrag). Das Diskriminierungsverbot gilt bereits für die Begründung sowie für die Durchführung und Beendigung des Schuldverhältnisses. Ausgenommen vom Verbot der Benachteiligung sind lediglich familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse.

Privatrechtliche Massengeschäfte

Zunächst bezieht sich das Benachteiligungsverbot auf sogenannte „Massengeschäfte“. Das sind vor allem Verträge, die ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen bzw. bei denen die konkrete Person für den Vertragsabschluss aus Sicht des Anbieters nur von nachrangiger Bedeutung ist. Hierzu zählen alle Schuldverhältnisse, die zu gleichen Bedingungen begründet, durchgeführt und wieder beendet werden. Betroffen sind standardisierte Verträge in Einzelhandel, Gastronomie und Transportwesen, zum Beispiel: Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, Taxifahrten, Shoppingtouren in Warenhäusern, Vertragsverhältnisse mit Restaurants, Diskotheken, Museen, Theatern und auch Internet-Geschäfte. Geschäfte, die Ähnlichkeit mit einem Massengeschäft haben, fallen ebenfalls unter den Schutz des AGG (Reiseverträge etc.).

Privatrechtliche Versicherungen 

Bei Privatversicherungen gilt das Benachteiligungsverbot insbesondere für Versicherungsverträge, bei denen typischerweise bestimmte Risikokriterien keine Rolle spielen, etwa bei einer Reisegepäckversicherung.

Weil eine Privatversicherung häufig elementare Lebensrisiken abdeckt, hat der Gesetzgeber das Diskriminierungsverbot darüber hinaus teilweise auf Privatversicherungen ausgedehnt, die auf einer individuellen Risikoprüfung beruhen, vor allem wenn die Ungleichbehandlung auf sozial nicht gerechtfertigten Kriterien basiert. So darf ein Kfz-Haftpflichtversicherer z.B. keinen Unterschied bei den Vertragsbedingungen für ausländische Autofahrer machen. Allerdings ist die Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts gemäß § 20 Absatz 2 AGG zulässig, wenn es sich hierbei um einen bestimmenden Faktor für die Risikobewertung handelt. Konkret bedeutet dies, dass der Versicherer Männern und Frauen unterschiedliche Versicherungsbedingungen anbieten darf, wenn das Geschlecht wesentlichen Einfluss auf die Risikoprüfung im Rahmen der Versicherung hat. Ausdrücklich ausgenommen von dieser zulässigen Ungleichbehandlung sind jedoch Kosten, die in Verbindung mit einer Schwangerschaft oder dem Mutterschutz anfallen. Weitere Kriterien (Religion, Behinderung, Alter etc.) können für die Festlegung von Prämien und Leistungen herangezogen werden, sofern dies nicht willkürlich geschieht. Die Darlegungs- und Beweislast obliegt jeweils dem Versicherer.

Ein absolutes Diskriminierungsverbot besteht allerdings bezüglich Rasse und ethnischer Herkunft, eine Ungleichbehandlung ist diesbezüglich niemals zu rechtfertigen.

Mietrechtliche Schuldverhältnisse

Nach dem Arbeitsrecht ist das Mietrecht am meisten vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz betroffen. Ähnlich wie bei den anderen privatrechtlichen Schuldverhältnissen und der Bezugnahme auf „Massengeschäfte“, schließt § 19 Absatz 5 ausdrücklich Vermietungen vom Diskriminierungsverbot aus, wenn der Vermieter nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet. Achtung: Allerdings besteht auch hier das generelle Diskriminierungsverbot in Hinblick auf Rasse und ethnische Herkunft. Damit ist eine Benachteiligung aus diesen Gründen auch Vermietern mit bis zu 50 Wohnungen verboten, wenn sie öffentlich Wohnraum anbieten. 

Zudem sind Vermietungen von „Privaten“ ausgenommen, zwischen denen ein besonderes Nähe- und Vertrauensverhältnis besteht. Beispiel: Vermietung von Wohnraum unter Angehörigen auf demselben Grundstück.

Das Benachteiligungsverbot bezieht sich wiederum auf das gesamte Mietverhältnis, d.h. nicht nur das Inserat, der Mietvertrag, sondern auch die Haus- und Nutzungsordnung sind diskriminierungsfrei auszugestalten. Beispiele: Eine Immobiliengesellschaft lehnt die Vermietung an Ausländer grundsätzlich ab; Familien mit Kindern müssen wegen der Kinder nach der Hausordnung öfters Treppenhaus und Keller putzen als die übrigen Mieter. 

Diskriminierte Mieter oder Mitbewerber können Schadensersatz und Schmerzensgeldansprüche geltend machen, haben jedoch keinen Anspruch auf Abschluss des Mietvertrages. Beispiel: Verstößt eine Kündigung gegen das Antidiskriminierungsgesetz, so kann der unzulässig gekündigte Mieter von seinem ursprünglichen Vermieter Erstattung der Umzugskosten und Maklerprovision im Zusammenhang mit der Anmietung der neuen Wohnung verlangen.

Rechtfertigungsgründe

Gemäß § 19 Absatz 2 AGG gilt das Diskriminierungsverbot wegen Rasse und ethnischer Herkunft generell für alle sonstigen privatrechtlichen Schuldverhältnisse, bei denen der Vertragsschluss öffentlich angeboten wird (z.B. in einer Zeitungsannonce). Rechtfertigungsgründe für solche Benachteiligungen sieht das Gesetz nicht vor.

Leistungen aus dem Gesundheits- und Bildungsbereich müssen ebenso diskriminierungsfrei angeboten werden. Dies gilt beispielsweise für Reha-Kliniken, Ärzte, Bildungs- und Weiterbildungseinrichtungen und sogar Fahrschulen. 

Eine Benachteiligung kann zulässig sein, wenn sie aus tatsächlichen Gründen gerechtfertigt ist, die mit ihr unmittelbar zusammenhängen. Zur Gefahrenvermeidung sind etwa das Zugangsverbot für Männer zu einem Frauenhaus, die altersmäßige Begrenzung des Zugangs zu einem Fahrgeschäft auf der Kirmes oder auch Frauenparkplätze zulässig. Als Rechtfertigungsgrund kommt auch der Schutz der Intimsphäre in Betracht (z.B. getrennte Badezeiten im Schwimmbad). Außerdem können besondere Vorteile aus sozialadäquaten Gründen gewährt werden, zum Beispiel Rabatte für Studenten, Schüler, Behinderte und Rentner.

Geltendmachung der Benachteiligung

Diskriminierte können ihre Ansprüche innerhalb von zwei Monaten geltend machen. Vorsicht: Die zusätzliche Frist von drei Monaten im Arbeitsrecht gilt für die übrigen Bereiche des Privatrechts nicht. Nach Ablauf der Frist kann der Betroffene nur noch rechtlich gegen die Benachteiligung vorgehen, wenn er sie schuldlos versäumt hat.

Das Diskriminierungsverbot spielt also bei einer Vielzahl völlig unterschiedlicher Lebensbereiche eine Rolle. Gerade im Zivilrecht sind in diesem Zusammenhang noch viele Rechtsprobleme ungeklärt. Darum wird ein zeitnaher Rechtsrat von einem Anwalt empfohlen.

(WEL)

Foto(s): ©Adobe Stock/deagreez

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