Droht eine Insolvenzwelle? Was meint Habeck und was rät ein Fachanwalt?
- 5 Minuten Lesezeit
- Droht wegen dem Ukrainekrieg und der Energiekrise jetzt die Insolvenzwelle?
Finanzkrise, Umsatzkrise, Chipkrise, Metallkrise, Rohstoffkrise, Ukraine-Sanktionskrise, Coronakrise:
Gibt es im Winter 2022 eine neue Insolenzwelle?
Gerade erst haben viele Unternehmen die Einschränkungen während der Coronakrise bewältigt, da kommen durch den Krieg in der Ukraine für Deutschland neue Herausforderungen, die gleich große oder noch viel größere Auswirkungen haben können, als die letzten Krisen.
Der Ukrainekrieg führt hinsichtlich von Gas, Kraftstoffen und Strom zu Mengenbeschränkungen, Preisexplosionen und absehbaren Verteilungskämpfen. 45 Prozent des Gasverbrauchs erfolgt durch die Wirtschaft. Wer bekommt Gas, wenn es nicht mehr für alle und alles reicht? Der Preise von Gas werden sich mindestens verdreifachen. Es droht ein Produktionsstopp. Lieferketten werden weiter beeinträchtigt. Wertschöpfungsketten drohen stillzustehen. Was passiert mit der Wirtschaft bei einer weiteren Verknappung oder gar einem Gas-Stopp? Gibt es ein neues Hilfsprogramm für Unternehmen, ähnlich wie bei Corona?
Kommt dann auch eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für insolvente Unternehmen wie mit dem CovInsAG - dem Covid-Insolvenzaussetzungsgesetz?
Die meisten Wirtschaftsexperten lehnen das ab, weil die Corona-Hilfen schon über 60 Milliarden gekostet haben, die wir noch gar nicht bezahlt haben- es sind Schulden. Nochmals soviel Geld ausgeben, ohne klare Aussichten auf eine Verbesserung, ist nicht finanzierbar. Droht daher vielen Unternehmen, die energieintensiv tätig sind, bald die Krise oder gar die Insolvenz?
Viele Betriebe ächzen unter den hohen Preisen für Gas, Strom und Waren - nicht wenige Firmen stehen am Rande der Zahlungsunfähigkeit.
Der Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte in einer Talkshow von Sandra Maischberger Anfang September 2022 zur Energiekrise und den Folgen auf Frage, ob er im Winter mit einer Insolvenzwelle rechne:
"Ich kann mir vorstellen, dass Betriebe erst einmal aufhören müssen zu produzieren oder zu verkaufen. Dann sind die nicht automatisch insolvent."
Frau Maischberger fragte nach:
"Wenn ich aber aufhöre zu verkaufen, verdiene ich kein Geld mehr, dann muss ich die Insolvenz anmelden. Nach zwei Monaten, wenn ich´s nicht gemacht habe, hab ich Insolvenzverschleppung".
Habeck: "Man ist dann insolvent, wenn man mit der Arbeit immer größeres Minus macht. Wenn man vorübergehend die Arbeit einstellt, kann diese ja später wieder aufgenommen werden- das ist keine klassische Insolvenz".
Diese Aussagen sind unklar und mit der Insolvenzordnung nicht ganz vereinbar.
Wenn man dies als Einlassung in einem Strafprozess wegen Insolvenzverschleppung bringen würde, wäre die Verurteilung sehr wahrscheinlich.
Muss man nicht als Wirtschaftsminister wissen, wann ein Unternehmen insolvent ist?
Was ist Zahlungsunfähigkeit und Zahlungseinstellung?
Was ist Überschuldung?
Wann muss ich bei Zahlungsunfähigkeit die Insolvenz einleiten?
Wann bei Überschuldung?
Was kann man tun zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit?
Für welche Zahlungen haftet der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife?
Ab wann verschleppt man die Insolvenz- und was sind die Folgen?
Der Wirtschaftsminister wusste es nicht so genau- er hat aber noch nie ein Unternehmen geleitet. Ein Geschäftsführer oder Vorstand muss es aber wissen, sonst haftet er persönlich und kann sich bei Verkennung der Insolvenzreife oder Nichtbeachtung der Anmeldepflicht bei Insolvenzreife strafbar machen.
Das Beispiel des Wirtschaftsministers zeigt, dass Krise und Insolvenz Themen sind, die nicht mit normaler Allgemeinbildung oder dem normalen Geschäftsführeralltagswissen erkannt - erst recht bewältigt werden können- es braucht Fachkenntnisse. Diese können durch die Beratung oder Unterstützung durch Fachleute, Fachberater, Fachanwälte erlangt werden.
Der Verfasser dieses Beitrags ist Master of Business (MBA), Fachanwalt für Insolvenzrecht und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Ein Fachanwalt weiss, wann man als Geschäftsführer/ Vorstand/ Unternehmer/ Aufsichtsrat was und wie tun muss, um nicht zivil- und strafrechtlich haften zu müssen.
2. Viele Branchen sind betroffen
Energieintensive Unternehmen sind betroffen, wie die Glasindustrie oder Spediteure.
Energieintensive Unternehmen sind aber in Wertschöpfungsketten integriert und beliefern weniger energieintensive Unternehmen. Daher kann ein Ausfall oder Beeinträchtigungen auch für Unternehmen drohen, die gar nicht viel Energie benötigen. Es wäre ein Dominoeffekt.
3. Fokus: Transportbrache
Seit dem Krieg stiegen die Dieselpreise.
Welches Unternehmen einen langfristigen Vertrag abschloss und/oder einen Festpreis vereinbart hatte, kann durch die Dieselpreissteigerung oft nicht mehr die gestiegenen Kosten ausgleichen.
Die Dieselpreissteigerung müsste eins zu eins vom Kunden getragen werden.
Wenn der Kunde dies nicht oder nicht schnell kann oder will, fährt der Spediteur mit Verlust.
Das geht nicht lange. Es drohen Kurzarbeit, Entlassungen und Insolvenz.
Nach Schätzungen des Bundesverbandes Logistik und Verkehr sind mehr als zehn Prozent der Transportunternehmen in Deutschland akut von der Insolvenz bedroht.
Wer fährt später dann die Waren, wenn es viel weniger oder zu wenig Spediteure gibt?
4. Fokus: Energieintensive Branchen
Die Energierechnungen vieler Unternehmen sind teilweise um das 6 fache gestiegen. Von der Regierung wurde ein Notfallplan Gas erstellt- dort ist geregelt, wer noch wieviel Gas erhält, wenn ein Mangel herrscht.
5. Fokus: Automobilzulieferungsbranche
Viele Zulieferbetriebe sind kleine und mittelständische Unternehmen.
Sie stellen Teile für Autos her- zum Beispiel Kunststoffteile im Inneren des Autos.
Durch coronabedingte Einschränkungen gab es schon Beeinträchtigungen der Lieferketten.
Jetzt kommt die Steigerung der Preise für Rohstoffe und Energie. Auch hier gibt es oft langfristige Lieferverträge mit Höchstpreisen. Die Preissteigerungen können nicht einfach weitergegeben werden. Die Zukunft der Automobilzulieferbranche ist gefährdet.
6. Konkurrenzfähigkeit
Ein großes Problem: Nicht alle Länder auf der Welt haben wie Deutschland eine Gas-und Stromkrise.
USA, Frankreich, Japan ua. kennen kein Gas- und Stromproblem.
Explodieren die Preise in Deutschland, ist die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft betroffen. Die Abwanderung vieler produzierender Unternehmen ist möglich- damit einhergehend der Verlust vieler Arbeitsplätze in Deutschland.
7. Risikomanagement ist Chefsache
Jeder(jede) im Privaten kann handeln und sich vorbereiten. Man kann mehr sparen und weniger verbrauchen.
Vorstände, Geschäftsführer und Inhaber von Unternehmen sind gefordert, Vorsorge zu treffen. Das Risikomanagement war früher nur ein Schlagwort und eine nach HGB zu erfüllende "Formalie".
Heute ist ein Risikomanagement existenziell, um das Unternehmen zu erhalten und die persönliche Haftung und strafrechtliche Verurteilung zu vermeiden.
Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht (und Sanierung)
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (DIU)
kulzer@pkl.com
PKL Hermann Kulzer
Glashütterstraße 101 a
01277 Dresden
Artikel teilen: