Ehegatten- und Geschiedenentestament
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Während der Ehe fragen sich die wenigsten Eheleute, ob ein Testament aktuell Sinn macht. Vielfach verlässt man sich darauf, dass die gesetzliche Erbfolge alles richtig machen wird, oder macht sich über dieses Thema überhaupt keine Gedanken.
Durchaus kann es aber während der bestehenden glücklichen Ehe ebenso Sinn machen, ein Testament zu errichten, wie bei Trennung und nach der Scheidung.
In diesem Beitrag werden kurz diese drei Phasen beleuchtet und warum jeweils eine letztwillige Verfügung sinnvoll erscheint. Beachten Sie aber, dass ein Testament so individuell ist wie die Lebensumstände des Testierenden. Eine genaue Vorgabe zum Inhalt sollte diesem Beitrag daher nicht entnommen werden.
Glückliche Ehe
Bereits mit der Verheiratung entsteht ein gesetzliches Erbrecht des Ehegatten nach § 1931 BGB. Dessen Höhe ist abhängig davon, welche anderen Verwandten beim Erbfall vorhanden sind. Hinzu kommt, wenn Zugewinngemeinschaft besteht, eine Erhöhung nach § 1371 BGB.
Verstirbt ein Ehemann ohne Ehevertrag und hinterlässt eine Witwe und zwei Kinder, erbt die Ehefrau zu 1/2 und die Kinder je zu 1/4, §§ 1931 I, 1371 I, 1924 I, IV BGB.
Diese gesetzliche Konzeption kann aber in mehrfacher Hinsicht problematisch sein. Beispielsweise droht die Zersplitterung von Eigentumsanteilen. Plötzlich wären die Kinder auch an einer Immobilie beteiligt, die zuvor die Eheleute hielten. Grundsätzlich vertritt die Mutter dann die Kinder, wenn diese minderjährig sind. Die Befugnisse sind aber was Immobiliengeschäfte angeht unter Umständen eingeschränkt.
Auch wenn ein Unternehmen zum Vermögen gehört, ist es häufig gewünscht, dass Beteiligungen in einer Hand bleiben.
Zudem muss man bedenken, ob Kinder, ungeachtet des Alters, mit einer entsprechenden finanziellen Verantwortung ausgestattet werden sollen. Vorhandenes Vermögen verantwortungsbewusst zu verwalten ist nicht jedem ohne Weiteres gegeben. Dies setzt oft einen Reifeprozess voraus, der nicht zwangsläufig mit 18 abgeschlossen ist. In diesem Alter könnten aber selbständig sämtliche Verfügungen mit dem Erbe getroffen werden.
Auch ist an Patchwork-Familien zu denken. Erbstücke sollen bisweilen an die eigenen Kinder gehen, der neue Partner nur finanziell bedacht werden. Diese Aufteilung sieht das Erbrecht eigentlich nicht vor, ohne Tätigwerden des Erblassers erben alle Erben als Erbengemeinschaft nach Quoten den Gesamtnachlass und nicht einzelne Gegenstände.
Und auch die Zukunft muss bedacht werden. Verstirbt ein Ehegatte, kann ein neuer Partner ins Leben des Längerlebenden treten. Ein Ehegattentestament kann bindende Verfügungen enthalten, insbesondere zugunsten der gemeinsamen Kinder, von denen sich der länger lebende Ehegatte nicht ohne Weiteres lösen kann.
Aus vielen Aspekten ist also die Errichtung eines Testaments während der bestehenden Ehe empfehlenswert.
Was braucht es zur Testamentserrichtung?
Fragen Sie sich jetzt, was Sie bei der Testamentserrichtung müssen, kann man Sie beruhigen. Oft liest man, das Testament ist formfrei möglich. Dies ist so nicht richtig, es gibt definitiv Formvorgaben. Allerdings können Sie ein eigenhändiges Testament selbst zu Hause errichten. Wichtig ist nur, dass es höchstpersönlich und eigenhändig handschriftlich errichtet wird.
Alternativ ist die Errichtung beim Notar, dann gegen eine Gebühr, möglich. Um sicherzugehen, dass man Ihr Testament beim Versterben anwendet, können Sie es beim Amtsgericht hinterlegen lassen und ins zentrale Testamentsregister eintragen lassen. Testieren Sie später abweichend neu, sind diese Handlungen aber zu bedenken.
Was Sie verfügen, wird an Ihrem wirklichen Willen ausgelegt, § 133 BGB. Sie müssen also nicht juristisch korrekte Begriffe wählen, sondern nur verständlich und klar zum Ausdruck bringen, was nach Ihrem Tod gelten soll.
Um allerdings Streit unter den Hinterbliebenen zu vermeiden und sicherzustellen, dass Ihr Wille präzise umgesetzt wird, ist die Beratung bei der Testamentserstellung sinnvoll. Zum einen werden Ihre Vorstellungen so in Fachsprache übersetzt, zum anderen können Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, die Ihnen aktuell nicht in den Sinn kommen.
Während der Trennung:
Ab der Trennung beginnt eine erbrechtlich höchst kritische Phase. Grundsätzlich bestehen Ehegattenerbrecht und Zugewinnausgleichserhöhung unverändert fort. Wollen Sie den Noch-Ehegatten ausschließen, muss dies per letztwilliger Verfügung geschehen.
Erst mit dem Scheidungsantrag wird der Ehegatte, den man nicht mehr bedenken möchte, in der Regel unbeachtlich, §§ 1933, 2077 BGB. Dies gilt für das gesetzliche Erbrecht wie für den Ehegatten begünstigende Verfügungen.
Allerdings gibt es Ausnahmen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass eine Verfügung auch nach der Trennung fortbestehen soll. Um dies auszuschließen sollten Sie Ihr Testament widerrufen. Dies kann auf verschiedene Weisen geschehen, §§ 2253 ff. BGB.
Am einfachsten sind ein Widerrufstestament und ein neues Testament mit widersprüchlichen Verfügungen. Allerdings sind beim Erbvertrag oder Ehegattentestament Besonderheiten zu beachten, sodass Sie hierzu unbedingt aktiv werden müssen und sich beraten lassen sollten.
Nach der Scheidung:
Nach der Scheidung bindet Sie erbrechtlich gesehen keine direkte gesetzliche Verflechtung mehr an den Ex-Partner. Jedoch kann eine Testamentserrichtung oder -anpassung unumgänglich sein, wenn Sie manchen Konstellationen vorbeugen wollen. Ansatzpunkt sind insbesondere minderjährige und/oder unverheiratete Kinder.
Verstirbt ein Geschiedener ohne eine neue Ehe geschlossen zu haben, erben die Kinder als Abkömmlinge. Sind diese aber minderjährig, so hat der Ex-Ehegatte auch zugleich die alleinige Vermögenssorge für minderjährige Kinder inne, §§ 1626, 1680 BGB. Das gesamte Vermögen des Verstorbenen wird also durch den Ex-Ehegatten verwaltet, auch wenn es den gemeinsamen Kindern gehört. Hier kann testamentarisch die Vermögensverwaltung durch einen Dritten festgesetzt werden, § 1638 BGB. Auch an Verwaltungsvorgaben kann gedacht werden, § 1639 BGB.
In der Regel wollen die meisten Geschiedenen auch das folgende Szenario vermeiden. Dieses ist der Ausnahme- und absolute Schreckensfall, muss aber angesprochen werden.
Stirbt ein Geschiedener, erben, wie gesagt, die Kinder. Sterben allerdings auch diese oder ein Einzelkind, ohne eigene Abkömmlinge zu haben, erbt der längerlebende Elternteil, also der Ex-Ehegatte.
Im schlimmsten Fall stirbt beispielsweise der Vater bei einem Autounfall als Fahrer am Unfallort. Das einzige Kind war mit im Auto, verstirbt aber später im Krankenhaus. Hier vererbt der Vater, da früher gestorben, an das noch lebende Kind. Mit dessen Tod erbt die Mutter das ganze Vermögen, auch den Nachlass des Vaters.
Hier kann entweder über die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft oder die über eine Anordnung von Vermächtnissen vorgegangen werden. Beide Konstellationen sind schwierig zu testieren, wenn man alle Eventualitäten aufnehmen möchte. Hierzu sollten Sie sich unterstützen lassen.
Insgesamt sehen Sie, dass es in allen Lebenslagen Sinn macht, sich frühzeitig mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen und Vorkehrungen zu treffen. Dies können Sie regelmäßig selbst zu Hause vornehmen. Gerade wenn Konstellationen betroffen sind, die sich einem juristischen Laien nicht unmittelbar erschließen, sollten Sie nicht zögern sich beraten zu lassen. Die getroffenen Verfügungen betreffen Ihr gesamtes Lebenswerk und wirken in die Leben Ihrer Hinterbliebenen hinein, sodass klare Regelungen unbedingt wünschenswert sind.
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