Jugendtrainer und Sexualstraftat (sexueller Mißbrauch von Kindern, § 174 StGB) [Update 2.8.2023]

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Der Hintergrund: Immer wieder wird in der Presse von Einzelfällen berichtet, in denen ehrenamtliche tätige Jugendtrainer in Sportvereinen ihre Stellung ausnutzen, um sich an Kindern oder Jugendlichen zu vergehen. Allzu leicht scheint es in Einzelfällen möglich zu sein, sich den jungen Vereinsmitgliedern in unangemessener Weise zu nähern bzw. die jeweilige Situation auszunutzen.

Das Problem: Viele Menschen, häufig auch solche, die, wie etwa Rentner über ein erhöhtes Maß an Freizeit verfügen, engagieren sich in Sportvereinen. Dort geben sie ihr Wissen weiter, das mag der Turnverein ebenso wie der Tennisverein sein. Bei vielen der Trainertätigkeiten kann es zu Körperkontakt mit den Kindern oder Jugendlichen kommen, insbesondere dann, wie etwa im Turn- Bereich, eine Haltung korrigiert werden soll. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall ein Trainer auch den Brustbereich einer jungen Turnerin berührt oder beim Korrigieren der Haltung im Badminton oder Tennis den Po eines Kindes anfasst. Das wird - vernünftigerweise – nicht als sexuelle Handlung angesehen, sondern schlicht als der notwendige Körperkontakt, damit die sportliche Betätigung perfektioniert wird.

Was auch passieren kann, dass in WhatsApp-Kontakt von Trainer und Jugendlichem in die falsche Richtung geht und z.B. Pornographie ausgetauscht wird. Auch kann ein Trainer in sog. CyberGrooming hineingeraten, das als "sexueller Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt" bezeichnet wird, § 176a StGB. Dazu gehört schon, wenn man auf ein Kind mittels (normaler) Pornographie einwirkt.

Die strafrechtliche Situation: Mit Wirkung zum 1. Juli 2021 wurde der sog. sexuelle Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB) als Verbrechen definiert. Das bedeutet eine Mindeststrafe von einem Jahr. Betraft werden sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren. Doch was ist eine sexuelle Handlung? Berührung von Po oder Brustbereich eines Kindes scheinen eine solche sexuelle Handlung gewiss nicht zu sein. Treten aber andere Umstände hinzu – subjektiv etwa eine Vorstrafe in diesem Bereich, ein besonderes Interesse an Kindern hinaus, die aber doch außerhalb des Strafbahren liegt, objektiv eine übersteigerte „Aufmerksamkeit“ eines Beobachters - kann ein Gericht zur Auffassung gelangen, dass hier eine Straftat, wenn auch am untersten Ende vorliegt.

Die Folgen: Die Folge ist nun, dass die Staatsanwaltschaft und Gericht die Sache nicht mehr, wie bisher, etwa gegen Geldauflage einstellen können oder eine geringe Strafe aussprechen können. Die Mindeststrafe lautet 1 Jahr. Der erwähnte Missbrauch ohne Körperkontakt wird mindestens mit einem halben Jahr bestraft. 

Damit ist ein Eintrag im Führungszeugnis verbunden, die wegen des Vorliegens einer Sexualstraftat besonders lange im Register stehen bleibt. Außerdem, wenn etwa der Trainer Beamter ist, kommt hinzu, dass er nahezu zwangsläufig seiner Pensionsansprüche verlustig geht und aus dem Dienst entfernt wird. Das heißt, dass wegen einer unbedachten Berührung, die keinerlei sexuellen Hintergrund hat, der „Täter“ seiner bürgerlichen Existenz verlustig geht. Von der Stigmatisierung im Verwandten- und Freundeskreis ganz abgesehen: Derjenige hat sich immerhin einer „Sexualstraftat“ schuldig gemacht, noch dazu ein Kind betreffend. Dabei dürft jedermann klar sein, dass solch eine Berührung weit weniger eingriffsintensiv ist als die ausgeführte und vollendete Vergewaltigung, die ebenfalls mit einer Mindeststrafe von einem Jahr geahndet wird. Allerdings existiert hier immerhin der sogenannte minderschwere Fall. Bei dem hier besprochenen Delikt des sexuellen Missbrauchs von Kindern ist das nicht der Fall!

Wenn Sie betroffen sind: Sollten Sie die Aufforderung von Polizei oder Staatsanwaltschaft erhalten, wegen eines Verdachts eines sexuellen Missbrauchs von Kindern vorzusprechen, nehmen Sie diesen Termin auf gar keinen Fall wahr. Halten Sie den Kreis derjenigen Personen, die von dem Vorwurf wissen, möglichst klein.

Und vor allem: Rufen Sie uns an oder kontaktieren Sie uns per Mail oder WhatsApp.


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Dr. Daniel Kötz ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und berät im Strafrecht im Zusammenhang mit Bildern, Texten und Daten und bei Sexualstraftaten.

Foto(s): Frank Beer

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