Einvernehmliche Scheidung

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Was, wenn es kompliziert wird? – Die größten Irrtümer zu Scheidungsprozessen

Scheidungen sind ein emotional und rechtlich anspruchsvolles Thema, das oft mit vielen Missverständnissen verbunden ist. 

Häufig verbreitete Irrtümer, besonders in Bezug auf die Zustimmung zur Scheidung, die Kosten und den Anwaltszwang, führen zur Verwirrung. In diesem Beitrag räumen wir mit den häufigsten Irrtümern auf und erklären, worauf Sie beim Scheidungsverfahren wirklich achten müssen.


1. Scheidung ohne Zustimmung – Kann ich die Scheidung verhindern?

Ein weitverbreiteter Irrtum ist, dass eine Scheidung nicht möglich sei, wenn ein Ehepartner die Zustimmung verweigert. Dies ist jedoch nicht korrekt. Eine Ehe kann dann geschieden werden, wenn sie als gescheitert gilt.


Wann gilt eine Ehe als gescheitert?

Laut § 1565 Abs. 1 BGB ist dies der Fall, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehepartner nicht mehr besteht und nicht zu erwarten ist, dass sie wiederhergestellt wird.

Die Lebensgemeinschaft der Ehepartner ist dann beendet, wenn beide nicht mehr zusammenleben oder wirtschaften. Dies zeigt sich meist durch die räumliche Trennung der Eheleute, aber auch emotionale und soziale Aspekte spielen eine Rolle. Wichtig ist, dass das Zusammenleben nicht nur vorübergehend unterbrochen ist, sondern dauerhaft beendet wurde.


Scheidung nach einem Jahr Trennung – Zustimmung ist wichtig, aber nicht entscheidend

Das Trennungsjahr ist ein entscheidender Faktor, um das Scheitern der Ehe zu vermuten. Nach einem Jahr Trennung wird vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn:

  • Beide Ehegatten die Scheidung beantragen, oder
  • Der Antragstellende die Scheidung möchte und der/die andere zustimmt.

Fehlt die Zustimmung, wird diese Vermutung nicht automatisch angewandt. In diesem Fall muss der Ehepartner, der die Scheidung möchte, das Scheitern der Ehe beweisen, was im Verfahren oft unschön werden kann.


Scheidung nach drei Jahren Trennung – Keine Zustimmung erforderlich

Leben die Ehepartner seit drei Jahren getrennt, wird das Scheitern der Ehe unwiderlegbar vermutet. In diesem Fall ist die Zustimmung des anderen Ehepartners nicht mehr erforderlich. Die Scheidung wird auch dann ausgesprochen, wenn ein Partner sie ablehnt.


2. Scheidungskosten – Spart es Geld, wenn der weniger verdienende Partner den Antrag stellt?

Es gibt den Irrglauben, dass die Scheidungskosten geringer sind, wenn der Partner mit dem niedrigeren Einkommen den Scheidungsantrag stellt.


Wie werden die Scheidungskosten berechnet?

Die Scheidungskosten setzen sich aus den Gerichtskosten und den Anwaltskosten zusammen. Dabei werden die Einkommen beider Partner berücksichtigt, einschließlich Kapitalerträgen, Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld. Wer den Antrag stellt, hat keinen Einfluss auf die Gesamtkosten.


3. Getrennt leben – Kostengünstiger als eine Scheidung?

Viele denken, dass es günstiger ist, nur getrennt zu leben, anstatt sich scheiden zu lassen. Doch das kann zu finanziellen Nachteilen führen.


Warum kann getrennt leben teurer sein?

Der Zugewinnausgleich wird erst ab dem Zeitpunkt des Scheidungsantrags berechnet. Das bedeutet, dass alle Einkünfte, die nach der Trennung bis zur Einreichung des Scheidungsantrags erzielt wurden, in den Zugewinnausgleich einfließen. Ähnliches gilt für den Versorgungsausgleich.

Zusätzlich bleibt der andere Ehepartner während des Getrenntlebens erbberechtigt und kann nicht erneut heiraten, solange die Scheidung nicht vollzogen ist.


4. Scheidung ohne Anwalt – Ist das möglich?

Ein häufiger Irrtum ist, dass man bei einer einvernehmlichen Scheidung keinen Anwalt benötigt. Viele Menschen glauben, dass sie sich die Anwaltskosten sparen können, wenn beide Ehepartner sich über die Scheidung und deren Folgen einig sind. Doch das ist nach deutschem Recht nicht der Fall.


Gibt es eine Scheidung ohne Anwalt?

In Deutschland herrscht im Familienrecht Anwaltszwang. Das bedeutet, dass zumindest derjenige Ehepartner, der den Scheidungsantrag stellt, einen Anwalt beauftragen muss. Dies ist im Gesetz vorgeschrieben (§ 114 FamFG) und gilt unabhängig davon, ob die Scheidung einvernehmlich oder strittig ist.

Der Anwalt reicht den Scheidungsantrag beim zuständigen Familiengericht ein und sorgt dafür, dass das Verfahren rechtlich korrekt durchgeführt wird. Der Anwaltszwang dient dazu, sicherzustellen, dass alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt und die Interessen der beteiligten Parteien geschützt werden.


Was ist bei einer einvernehmlichen Scheidung möglich?

Bei einer einvernehmlichen Scheidung – also wenn sich beide Ehepartner über die Scheidung und alle wesentlichen Folgen wie Unterhalt, Vermögensaufteilung und Sorgerecht einig sind – kann es genügen, wenn nur einer der beiden Partner einen Anwalt beauftragt. Der andere Partner kann dann der Scheidung ohne eigenen Anwalt zustimmen.


5. Kurze Ehedauer – Können „Kurzehen“ einfach annulliert werden?

Ein häufiger Irrtum ist, dass Ehen, die nur kurz bestanden haben, einfach annulliert oder aufgehoben werden können. Im deutschen Recht ist die Dauer der Ehe jedoch unerheblich für die rechtlichen Möglichkeiten einer Scheidung oder Aufhebung der Ehe. Es gibt nur sehr wenige Fälle, in denen eine Ehe tatsächlich aufgehoben werden kann.


Eheaufhebung: Wann ist sie möglich?

Die Aufhebung einer Ehe ist in § 1314 BGB geregelt. Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange die Ehe bestanden hat. Eine Ehe kann nur dann aufgehoben werden, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:

  • Mangelnde Geschäftsfähigkeit
  • Bewusstlosigkeit oder vorübergehende geistige Beeinträchtigung
  • Scheinehe
  • Täuschung
  • Drohung oder Zwang
  • Verwandtschaft

In diesen Fällen kann die Ehe auf Antrag aufgehoben werden. Ohne das Vorliegen eines der genannten Gründe ist eine Scheidung erforderlich.


Kurze Ehen und Scheidung

Auch eine Ehe, die nur wenige Tage oder Wochen bestanden hat, kann nicht einfach aufgehoben werden, wenn keiner der genannten Gründe vorliegt. Sie muss dann durch eine reguläre Scheidung beendet werden, und das erfordert das Trennungsjahr, wie bei jeder anderen Ehe auch.


Härtefallscheidung bei extrem kurzer Ehe

Es gibt jedoch die Möglichkeit einer Härtefallscheidung, bei der das Trennungsjahr entfallen kann. Diese Scheidungsform greift allerdings nur in sehr schwerwiegenden Fällen, beispielsweise bei Gewalt in der Ehe oder bei massiver Vernachlässigung der ehelichen Pflichten. Solche Härtefälle sind jedoch selten und hängen nicht direkt mit der Ehedauer zusammen, sondern mit den Umständen des Scheiterns der Ehe.


Rechtliche Beratung gegen Scheidungsirrtümer

Scheidungen sind emotional und rechtlich komplex. Falsche Annahmen können den Prozess unnötig verlängern und verteuern. Eine frühzeitige Beratung durch eine erfahrene Rechtsvertretung kann Ihnen helfen, Irrtümer zu vermeiden und den Prozess einfacher zu gestalten.

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