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Erneute Schließung von Bordellen ab dem 02.11.20 - die verschiedenen Regelungen der Länder

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Die Zahl der mit Covid-19 Infizierten steigt weiter an. Am 28.10.20 haben Bund und Länder deshalb weitere Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus beschlossen. In der Tat kommt es zu einem zweiten Lockdown, von dem auch Prostitutionsstätten betroffen sind. 

Demnach müssen Bordelle erneut ihre Pforten schließen, und zwar zunächst bis zum 30.11.20. In den meisten Bundesländern dürften bislang Prostitutionsstätten wieder geöffnet werden, dies in einigen Bundesländern allerdings erst seit kurzer Zeit und nach hartem juristischem Kampf. Es erscheint fraglich, ob das erneute Öffnungsverbot als verhältnismäßig angesehen werden kann. Eine gerichtliche Überprüfung ist nach hier vertretener Ansicht dringend geboten.

Überprüft werden müssen die einzelnen Regelungen insbesondere darauf, welche Prostitutionsgewerbe genannt/betroffen sind und ob auch sexuelle Dienstleistungen (Haus- und Hotelbesuche, Straßenstrich) betroffen sind. 

Die einzelnen Regelungen unterscheiden sich erneut erheblich: 

NRW (§ 10 Abs. 2):

"Der Betrieb von Bordellen, Prostitutionsstätten und ähnlichen Einrichtungen ist untersagt. Dies gilt auch für Swingerclubs und ähnliche Einrichtungen".

Sexuelle Dienstleistungen an sich, die Prostitutionsvermittlung oder auch Prostitutionsveranstaltungen sind dem Wortlaut nach nicht untersagt. Es ist diesbezüglich eine genaue Überprüfung der Verordnung notwendig, da sich auch aus Abstandsregelungen ein indirektes Verbot ergeben könnte. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte sich hieraus (erneut) ein Indiz für eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte ergeben. 

Verwunderlich ist, dass der Regelung des § 10 Abs. 2 keine Befristung bis zum 30.11.20 zu entnehmen ist. Dies ist bei § 10 Abs. 1, 3, 4 der Fall. Andererseits enthält § 19 Abs. 2 der Verordnung - hier ist das Inkrafttreten und Außerkrafttreten der Verordnung geregelt - keine besondere Regelung für Bordell usw., so dass tatsächlich auch insoweit von einer vorläufigen Befristung bis zum 30.11.20 auszugehen ist. 

Um ein Redaktionsversehen dürfte sich das Weglassen des 30.11.20 in Bezug auf Bordelle usw. allerdings nicht handeln, so dass sich hieraus eine Tendenz in Bezug auf ein längeres Öffnungsverbot (jedenfalls in NRW) herauslesen lassen könnte. 

Hamburg (§ 4b Abs. 2):

"Prostitutionsstätten im Sinne des § 2 Absatz 4 des Prostituiertenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372), zuletzt geändert am 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328, 1349), dürfen nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Die Prostitutionsvermittlung im Sinne des § 2 Absatz 7 des Prostituiertenschutzgesetzes und die Ausübung der Prostitution sind nicht gestattet. Prostitutionsveranstaltungen im Sinne des § 2 Absatz 6 des Prostituiertenschutzgesetzes dürfen nicht durchgeführt werden. Prostitutionsfahrzeuge im Sinne des § 2 Absatz 5 des Prostituiertenschutzgesetzes dürfen nicht bereitgestellt werden. Die Erbringung sexueller Dienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Prostituiertenschutzgesetzes ist untersagt".

Sachsen-Anhalt:

"Abweichend von § 4 Abs. 2 dürfen vom 2. No­vember 2020 bis 30. November 2020 Prostitutions­stätten und Prostitutionsfahrzeuge im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372), zuletzt geändert durch Artikel 182 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBL I S. 1328), nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Prostitutionsveranstaltungen im Sinne des Prostituier­tenschutzgesetzes dürfen nicht durchgeführt werden. Weitere Vergnügungsstätten im Sinne der Baunut­zungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2017 (BGBl. I S. 3786) dürfen nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden".

Ein explizites Verbot für sexuelle Dienstleistungen/Prostitutionsvermittlungen findet sich hier nicht. Auch hier sollten deshalb genau die Abstandsregelungen überprüft werden. Handwerklich nicht gelungen ist die Regelung auch deshalb, da Prostitutionsstätten offenbar als Vergnügungsstätten angesehen werden ("weitere Vergnügungsstätten ...") In baurechtlicher Hinsicht sind Prostitutionsstätten allerdings keine Vergnügungsstätten, sondern Gewerbebetriebe eigener Art. 

Hessen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2):

"Der Betrieb folgender Einrichtungen und folgende Angebote sind für den Publikumsverkehr untersagt:

...

Prostitutionsstätten im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372), geändert durch Gesetz vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626), Bordelle, Prostitutionsveranstaltungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes und ähnliche Einrichtungen".

Bayern (§ 11 Abs. 6):

"Bordellbetriebe, Prostitutionsstätten, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen, Clubs, Diskotheken, sonstige Vergnügungsstätten und vergleichbare Freizeiteinrichtungen sind geschlossen".

Sachsen (§ 4 Abs. 1 Nr. 15):

"Verboten sind die Öffnung und das Betreiben mit Ausnahme zulässiger Onlineangebote von:

...

Prostitutionsstätten, Prostitutionsveranstaltungen, Prostitutionsvermittlungen, Prostitutionsfahrzeugen".

Brandenburg (§ 22 Nr. 2):

"Für den Publikumsverkehr zu schließen sind:

...

Prostitutionsstätten und -fahrzeuge im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes, Bordelle, Swingerclubs und ähnliche Angebote; Prostitutionsveranstaltungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes dürfen nicht durchgeführt werden".

Niedersachsen (§ 10 Abs. 1 Nr. 10):

"Für den Publikumsverkehr und Besuche sind geschlossen:

Prostitutionsstätten nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) und Prostitutionsfahrzeuge nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 ProstSchG".

Rheinland-Pfalz (§ 4 Nr. 3):

"Untersagt ist die Öffnung oder Durchführung von

...

Prostitutionsgewerbe im Sinne des § 2 Abs. 3 des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372) in der jeweils geltenden Fassung".

Saarland (§ 7 Abs. 2):

"Verboten ist die Erbringung sexueller Dienstleistungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Prostituiertenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372), zuletzt geändert durch Artikel 182 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328), sowie die Ausübung des Prostitutionsgewerbes im Sinne des § 2 Absatz 3 des Prostituiertenschutzgesetzes".

Thüringen (§ 6 Abs. 2 Nr. 7):

"Angebote und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, sind für den Publikumsverkehr zu schließen. Angebote und Einrichtungen nach Satz 1 sind:

...

Prostitutionsstätten im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372) in der jeweils geltenden Fassung, Bordelle und ähnliche Einrichtungen".

Schleswig-Holstein (§ 9 Abs. 3):

"Der Betrieb des Prostitutionsgewerbes und die Erbringung sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt sind untersagt".

Berlin (§ 7 Abs. 12):

"Prostitutionsgewerbe im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes vom 21. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2372), das durch Artikel 57 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert worden ist, dürfen weder für den Publikumsverkehr geöffnet werden, noch ihre Dienste außerhalb ihrer Betriebsstätte erbringen. Die Erbringung und Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen mit Körperkontakt und erotische Massagen sind untersagt".

Bremen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3):

"Bis zum 30. November 2020 werden folgende Einrichtungen wie folgt geschlossen:

...

Prostitutionsstätten und Prostitutionsfahrzeuge nach dem Prostituiertenschutzgesetz zur Ausübung der Prostitution und Swingerclubs".

Baden-Württemberg (§ 1a Abs. 6 Nr. 2):

"Der Betrieb folgender Einrichtungen wird für den Publikumsverkehr untersagt

Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen sowie jede sonstige Ausübung des Prostitutionsgewerbes im Sinne von § 2 Absatz 3 des Prostituiertenschutzgesetzes".

Mecklenburg-Vorpommern (§ 2 Abs. 30):

"Prostitution ist untersagt. Das Prostitutionsgewerbe ist für den Publikumsverkehr geschlossen".

Es zeigt sich, dass die Verordnungsgeber nur zum Teil dazu gelernt haben. In vielen Verordnungen werden sexuelle Dienstleistungen außerhalb von Prostitutionsstätten nicht erwähnt. Hieraus ergibt sich möglicherweise - wenn das Verbot sexueller Dienstleistungen sich nicht aus sonstigen Regelungen der Verordnungen, beispielsweise Abstandsgeboten o.ä. ergibt - das Argument der Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte. Im Zweifel kann man sich jedenfalls als Anbieterin/Anbieter sexueller Dienstleistungen auf den Standpunkt stellen, ein eventuelles Verbot mangels Eindeutigkeit nicht verstanden zu haben bzw. verstanden haben zu können. Denn wenn Verbote nicht eindeutig und für jeden verständlich geregelt werden, kann dies nicht zu Lasten dem Empfängers einer solchen Regelung gehen.






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