Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zum Thema Anschlussflug verpasst!

Anschlussflug verpasst: was Sie wissen und beachten müssen!

  • 6 Minuten Lesezeit
Anschlussflug verpasst - was Sie wissen und beachten müssen!

Auf Flügen in die weite Ferne geht es oft nicht ohne Umstieg in ein anderes Flugzeug. Muss dann zum Erreichen des Anschlussflugs der ganze Flughafen durchquert werden, wirken sich Verspätungen des vorherigen Flugs besonders fatal aus. Nicht selten sehen Passagiere ihren Weiterflug bei dessen Start vom Boden aus zu. Dann heißt es erstmal warten. Fluggäste haben zumindest in solchen Fällen häufig einen Anspruch auf Entschädigung wegen Flugverspätung. Denn entscheidend dafür ist die verspätete Ankunft am Endziel.

Die wichtigsten Fakten

  • Passagiere, die ihren Anschlussflug verpasst haben, können unter gewissen Voraussetzungen einen Anspruch auf Entschädigung gegen die Fluggesellschaft geltend machen.
  • Diese Entschädigung bewegt sich, abhängig von der Länge der Flugstrecke, zwischen 250 und 600 Euro.
  • Der Anspruch auf Entschädigung besteht bis zu 3 Jahre nach dem Flugdatum fort.
  • Verspätet sich ein Flug um mehr als 5 Stunden, hat der Reisende sogar das Recht, vom Flug zurückzutreten.
  • Wird ein Anschlussflug erst am nächsten Tag durchgeführt, muss die Fluglinie für eine angemessene Übernachtungsmöglichkeit für den Betroffenen sorgen.

Welche Rechte hat ein Flugpassagier, wenn er seinen Anschlussflug verpasst?

Verschiedene Gerichtsentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesgerichtshofs (BGH) und besonders die EU-Fluggastrechteverordnung haben die Rechte von Flugpassagieren gestärkt. Betroffene können auch bei deutlichen Verspätungen von mehrteiligen Flügen, die u. a. durch verpasste Anschlussflüge entstehen, eine Entschädigung erhalten.

Dabei kommt es aber laut eines Urteils des BGH (Az.: X ZR 127/11) auf die Verspätung der Ankunft und nicht die einer der Teilflüge an. 

Die Reise der Passagiere sollte in diesem Fall von Miami über Madrid nach Düsseldorf erfolgen. Der Flug über den Atlantik mit der später beklagten Iberia S.A. startete dabei mit 1 Stunde und 20 Minuten Verspätung. Den Weiterflug in Madrid verpassten die späteren Kläger deshalb. Mit einem anderen Flug erreichten sie Düsseldorf letztendlich mit 7 ½ Stunden Verspätung.

Aufgrund der Fluggastrechteverordnung, die insbesondere bei Flugverspätungen ab einer gewissen Dauer eine pauschale Entschädigung vorsieht, verlangten die beiden Fluggäste je 600 Euro von Iberia. Schließlich habe ihre Verspätung auf dem Weg von Miami nach Madrid zur verspäteten Ankunft am Endziel Düsseldorf geführt. Die beklagte Fluggesellschaft stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass die Verspätung von 1 Stunde und 20 Minuten nicht die dafür notwendige Schwelle erreicht.

Denn bei dem verspäteten Eintreffen am Zielflughafen muss es sich um einen Zeitraum von über 3 Stunden handeln, damit ein Anspruch auf Entschädigung besteht. Dieser liegt je nach Länge der Flugstrecke zwischen 250 und 600 Euro:

  • Kurzstrecke (bis zu 1.500 Kilometer): Betroffene Passagiere haben Anspruch auf eine Entschädigung von 250 €.
  • Mittelstrecke (bis zu 3.500 Kilometer): Betroffenen steht eine Entschädigung von 400 € zu.
  • Langstrecke (mehr als 3.500 Kilometer): Betroffene Reisende haben ein Anrecht auf eine Entschädigung von 600 €.

Dieser Ansicht erteilte der BGH jedoch eine Absage und berief sich insbesondere auf den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser hatte bereits zuvor in einem vergleichbaren Fall, die auf EU-Recht basierende Fluggastrechteverordnung für Verspätungen bei Anschlussflügen ausgelegt. Demnach reicht eine Verspätung von mindestens drei Stunden am individuellen Endziel einer Flugreise, die Zwischenlandungen beinhaltet. (BGH, Urteil v. 17.09.2013, Az.: X ZR 123/10) 

Ob der Anschlussflug selbst verspätet startet, spielt demnach keine Rolle. Entscheidend ist aber, dass der Anschlussflug selbst noch der Fluggastrechteverordnung unterliegt.

Hinweis: Die Fluggesellschaft muss Passagiere bereits nach 2 Stunden Wartezeit am Flughafen mit Nahrung und Getränken versorgen. Diese haben zusätzlich das Recht auf 2 Telefonate, E-Mails oder Faxe.

Was gilt, wenn sich ein gebuchter Flug länger als 5 Stunden verspätet?

Wenn sich ein Flug um über 5 Stunden verzögert, kann der Betroffene vom Flug zurücktreten. Als Flugpassagier kann man dann entweder einen Ersatztransport fordern oder sich den kompletten Preis für das Flugticket zurückerstatten lassen.

Findet ein Anschlussflug erst am nächsten Tag statt, hat die Airline laut EU-Fluggastrechteverordnung darüber hinaus die Pflicht, sich um eine angemessene Übernachtungsmöglichkeit zu kümmern. Darüber hinaus muss die Fluggesellschaft einen womöglich notwendigen Transport zum Hotel und zurück zum Airport organisieren und die Kosten dafür tragen.

Beispielsfall

Reisende hatten einen Flug von Berlin über Madrid nach San José gebucht. Da sich der Abflug in Berlin verzögerte, kamen sie so spät in Madrid an, dass sie den Anschlussflug verpassten, weil der Einsteigevorgang bereits abgeschlossen war und sie nicht mehr ins Flugzeug gelassen wurden. Sie verlangten daraufhin Ausgleichszahlungen vom Luftfahrtunternehmen, da sie erst einen Tag später nach San José befördert wurden.

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht lehnten Ausgleichsansprüche ab. Immerhin habe der Zubringerflug nach Madrid nichts mit dem Anschlussflug zu tun. Es stelle ein Risiko des Fluggastes dar, wenn sich der erste Flug verspäte und der zweite daraufhin verpasst werde. Da der Einsteigevorgang bereits abgeschlossen war, habe sich die Fluggesellschaft auch nicht geweigert, die Reisenden zu befördern.

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Entscheidung vor, ob den Reisenden ein Ausgleichsanspruch nach Art. 4 III, 7 der Fluggastrechteverordnung zusteht. Denn der Anspruch sei zumindest möglich, obwohl der Zubringerflug weniger als zwei Stunden - Art. 6 Ia der Verordnung - verspätet abflog. Schließlich seien die Reisenden erst einen Tag nach der geplanten Ankunft - und damit später als drei Stunden - in San José eingetroffen, was zu dem Anspruch gegen das Luftfahrtunternehmen nach Art. 7 II der Verordnung führen könne.

(BGH, Beschluss v. 13.03.2012, Az.: X ZR 127/11) 

Welche Voraussetzungen müssen bezüglich eines verspäteten Flugs vorliegen, damit ein Anspruch auf Entschädigung besteht?

Wie schon dargestellt, spielt es keine Rolle, ob der Anschlussflug selbst eine Verspätung aufweist. Entscheidend ist aber, dass der Zubringerflug im Anwendungsbereich der EU-Fluggastrechteverordnung liegt. Dazu ist es nötig, dass …

  • mindestens der Abflug oder die Ankunft an einem Flughafen in der EU stattfindet. (Bei Letzterem muss die jeweilige Airline außerdem in der EU ansässig sein).
  • der Flugpassagier eine von der Airline bestätigte Buchung besitzt.
  • der Passagier pünktlich am Flughafen war.
  • der Flug nicht kostenfrei war, beispielsweise für Kleinkinder.
  • es sich nicht um ein Flugticket zu einem verringerten Preis handelt, das für die Öffentlichkeit nicht unmittelbar zugänglich ist, wie ein Ticket mit einem Mitarbeiterrabatt. 

Wie lange kann ein Anspruch auf Entschädigung geltend gemacht werden?

Der Entschädigungsanspruch kann bis maximal 3 Jahre nach Flugdatum durchgesetzt werden. Hierbei ist zu beachten, dass es keine Rolle spielt, wann im Jahr der Flug stattfand oder durchgeführt werden sollte. Die Verjährung beginnt zum Ende des Jahres zu laufen, in dem der Flug genommen wurde, und läuft für drei Jahre.

Wie setzt man einen Entschädigungsanspruch durch?

Bei einem verpassten Anschlussflug bzw. verspäteten Flug kann man schon beim Warten auf den Flug am Flughafen erste Schritte unternehmen, um mit Erfolg eine Entschädigung durchzusetzen. Man sollte auf jeden Fall alle Dokumente der Reise, wie z. B. die Buchungsbestätigung, die Bordkarte sowie Belege für sämtliche weitere Kosten, die einem durch die Flugverspätung entstanden sind, aufheben.

Es ist empfehlenswert, sich die Flugverspätung zusätzlich schriftlich von Mitarbeitern der Airline bestätigen zu lassen. Wenn die Möglichkeit besteht, sollte man versuchen, den Grund für die Verspätung bereits vor Ort herauszufinden. Zudem empfiehlt es sich, den exakten Verlauf der Verspätung zu dokumentieren. Es kann darüber hinaus sinnvoll sein, mit anderen Passagieren die Kontaktdaten auszutauschen, um später Zeugen zu haben und sich gegenseitig unterstützen zu können.

Im nächsten Schritt sollten sich Betroffene unmittelbar an die Fluggesellschaft wenden und schriftlich die Entschädigung verlangen. Hierbei sollte man den exakten Sachverhalt schildern, die Anzahl der Fluggäste nennen, für die man einen Entschädigungsanspruch geltend machen möchte, und angeben, welchen Betrag man pro Person fordert.

Welche außergewöhnlichen Umstände lassen den Entschädigungsanspruch bei einem verpassten Anschlussflug entfallen?

Bei außergewöhnlichen Umständen müssen Fluggesellschaften keine Entschädigung zahlen, da sie auf diese keinen Einfluss haben. Dazu zählen beispielsweise:

  • Streiks
  • wetterbedingte Flugstörungen (Schneefall, Eisregen, ein Sturm oder eine Aschewolke)
  • Vogelschlag
  • Sperrung des Luftraums
  • Gefahren durch Terrorismus

Eine Ausnahme besteht allerdings dann, wenn die Fluggesellschaft das Problem hätte verhindern können. Wenn sich die Fluglinie beispielsweise im Falle eines Wintereinbruchs nicht genügend mit Enteisungsmitteln eingedeckt hat, muss sie womöglich dennoch die Flugverspätung verantworten.

Foto(s): ©Pixabay/JESHOOTS-com

Artikel teilen:


Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Anschlussflug verpasst?

Rechtstipps zu "Anschlussflug verpasst"