EuGH bestätigt Anspruch auf finanzielle Vergütung nach Kündigung bei Nichtverbrauch d. Jahresurlaubs

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Zum Sachverhalt

Ein Beamter der Stadt Wien wurde auf seinen Antrag mit Wirkung zum 01.07.2012 in den Ruhestand versetzt. In der Zeit vom 15.11.2010 bis 30.06.2012 war er nicht zum Dienst erschienen, zunächst war er krank, danach aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber nicht mehr verpflichtet, zum Dienst zu erscheinen, wobei ihm sein Arbeitsentgelt fortgezahlt wurde.

Nach seinem Eintritt in den Ruhestand verlangte der Kläger von seinem Arbeitgeber, ihm eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub zu zahlen. Er trägt vor, er sei kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand erneut erkrankt. Der Arbeitgeber wies diese Forderung mit der Begründung zurück, nach der Besoldungsordnung der Stadt Wien habe ein Arbeitnehmer, der von sich aus das Arbeitsverhältnis beende keinen Anspruch auf solche Vergütung. Das Verwaltungsgericht Wien, bei dem der Kläger Klage erhoben hat, möchte vom EuGH wissen, ob eine solche Regelung mit Unionsrecht und insbesondere mit der Richtlinie 2003/88/EG vereinbar ist.

Der EuGH hat folgendes entschieden: Auch wenn ein Arbeitnehmer von sich aus sein Arbeitsverhältnis beendet, hat er Anspruch auf eine finanzielle Vergütung, wenn er seinen bezahlten Jahresurlaub ganz oder teilweise nicht verbrauchen konnte.

In seinem Urteil weist der EuGH daraufhin, dass nach der Richtlinie 2003/88/EG jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen hat und dass dieser Anspruch einen besonders bedeutsamen Grundsatz des Sozialrechts der Union darstellt. Er werde jedem Arbeitnehmer unabhängig von seinem Gesundheitszustand gewährt. Wenn das Arbeitsverhältnis beendet wurde und es deshalb nicht mehr möglich ist, bezahlten Jahresurlaub tatsächlich zu nehmen, habe der Arbeitnehmer nach der Richtlinie Anspruch auf eine finanzielle Vergütung, um zu verhindern, dass ihm wegen dieser fehlenden Möglichkeit jeder Genuss des Urlaubsanspruchs, selbst in finanzieller Form vorenthalten wird.

Nach Auffassung des EuGH spielt der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses keine Rolle. Daher habe der Umstand, dass sein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis von sich aus beendet, keine Auswirkungen darauf, dass er gegebenenfalls eine finanzielle Vergütung für den bezahlten Jahresurlaub beanspruchen kann, den er vor dem Ende seines Arbeitsverhältnisses nicht verbrauchen konnte. Die Richtlinie stehe deshalb nationalen Rechtsvorschriften wie der Besoldungsordnung der Stadt Wien entgegen, nach denen ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in Folge seines Antrages auf Versetzung in den Ruhestand beendet wurde und der nicht in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub vor dem Ende dieses Arbeitsverhältnisses zu verbrauchen, keinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für nicht genommenen Urlaub hat. Der EuGH weist ferner in seiner Rechtsprechung hin, wonach ein Arbeitnehmer beim Eintritt in den Ruhestand Anspruch auf die finanzielle Vergütung hat, wenn er seinen bezahlten Jahresurlaub wegen einer Krankheit nicht verbrauchen konnte.

Das Gericht fügte hinzu, dass mit dem Anspruch auf Jahresurlaub ein doppelter Zweck verfolgt werde, der darin bestehe, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen. Damit die praktische Wirksamkeit dieses Anspruchs auf Jahresurlaub gewährleistet werde, gelte folgender Grundsatz: Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis beendet worden sei und der nach einer mit seinem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung während eines bestimmten Zeitraums vor seiner Versetzung in den Ruhestand weiterhin sein Entgelt bezog, aber nicht mehr verpflichtet war, an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen, habe keinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den während dieses Zeitraums nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubes, es sei denn, dass er den Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen könnte.

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