EuGH-Generalanwalt stellt Schlussanträge im Abgasskandal: Millionen Diesel-Besitzern droht der Zulassungsverlust
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Mit dem Schlussplädoyer der Generalanwaltschaft bricht eine neue Ära im Dieselskandal an: Entscheidet der EuGH wie beantragt, dann kann die Deutsche Umwelthilfe Typgenehmigungen von Millionen von Diesel-Fahrzeugen überprüfen lassen. Bei einem Entzug der Genehmigung müssten Dieselhalter ihre PKW nachrüsten, oder ihnen droht die Stilllegung.
Zu den Hintergründen
Der zuständige Generalanwalt Rantos am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg hat mit seinen vorgelegten Schlussanträgen das Klagerecht von Umweltorganisationen deutlich gestärkt.
In dem Schlussantrag heißt es, dass der Generalanwalt davon ausgeht, dass anerkannte Umweltvereinigungen eine EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge mit möglicherweise verbotenen Abschalteinrichtungen vor Gericht anfechten können.
Damit sind die Erfolgsaussichten vieler Klagen der Deutsche Umwelthilfe (DUH) gegen Automobilhersteller rasant gestiegen. Im Fall, dass die Diesel-Klagen der DUH erfolgreich ausgehen, wird das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) für alle Diesel-PKW Maßnahmen anordnen müssen, um deren Zulässigkeit herzustellen. Anderenfalls droht die Stilllegung.
Auch zu einer weiteren Frage hat der Generalanwalt Stellung bezogen: Der Zulässigkeit von temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen (oft als “Thermofenster” bezeichnet). Diese seien – anders als das KBA aktuell offenbar annimmt – nur in ganz engen Ausnahmefällen zulässig. Die meisten Genehmigungen des KBA dürften damit bei einer rechtlichen Überprüfung auf der Kippe stehen.

Klarer Fall – der Generalanwalt des EuGH bestätigt Rechtsauffassung der DUH
Die Botschaft des Generalanwalts ist eindeutig: Nach seiner Auffassung muss eine anerkannte Umweltorganisation – wie z. B. die DUH – gegen eine Aufsichtsbehörde klagen können, wenn diese eine Zulassungsgenehmigung für z.B. ein Fahrzeug erteilt, das womöglich gegen zwingende Vorgaben des Umwelt Unionsrechts verstößt.
Dazu zählen natürlich auch Genehmigungen durch das KBA für PKW mit möglicherweise illegalen Abschalteinrichtungen, zu denen das Thermofenster nach Ansicht des Generalanwalts gehören kann.
Damit stärkt der Generalanwalt explizit die Funktion von Umweltschutzorganisationen. Denn die Mitgliedstaaten der Union sind zu einem gerichtlichen Schutz der Rechte, die das Umweltrecht der EU garantiere, verpflichtet, so Rantos. Hier gelte es, das Allgemeininteresse gegenüber das des Einzelnen zu schützen – und das sei schließlich eine zentrale Aufgabe von Umweltschutzverbänden.
Damit wird die Möglichkeit der unabhängigen und kritischen Kontrolle des KBA und seiner bisherigen Praxis zur Vergabe von Typengenehmigungen deutlich gestärkt.
Nicht notwendige Abschalteinrichtung bleiben unzulässig
Auch zur Zulässigkeit von temperaturgesteuerten Abschalteinrichtungen bezog der Generalanwalt erneut klar Stellung: Temperaturgesteuerte Abschalteinrichtungen könnten nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig sein – ansonsten handelt es sich um eine verbotene Abschalteinrichtung (Az. C873/19).
Zur Vorgeschichte
Die DUH führt vor dem Verwaltungsgericht Schleswig gleich mehrere Verfahren, um das KBA zu verpflichten, unzulässige temperaturgesteuerte Abschalteinrichtungen entfernen zu lassen. Die Umweltexperten hatten gegen die Zulassungsbescheide der Behörde für Millionen von Diesel Widerspruch eingelegt und mittlerweile Klagen erhoben. Die Verfahren richten sich gegen Volkswagen, Porsche, Audi, Seat und Mercedes-Benz. In einem der Verfahren hatte das Verwaltungsgericht Schleswig bereits im Jahr 2019 Fragen zur Vorabentscheidung an den EuGH gerichtet, zu den der Generalanwalt heute Stellung bezogen hat.
Aussichten & Konsequenzen
Es wird erwartet, dass der EuGH in seinem abschließenden Urteil den Schlussanträgen der Generalanwaltschaft folgen wird. In dem Fall hat nicht zuletzt die DUH für ihre Verfahren eine höchstrichterliche Bestätigung, dass sie weiter gegen die Typgenehmigung aller - mit einem zu weiten Thermofenster - manipulierten Dieselfahrzeuge vorgehen können, bis eine wirksame Abgasreinigung mittels Hardware nachgerüstet wurde.
KAP Rechtsanwälte empfehlen Diesel-Besitzern dringend, nicht zu warten, sondern sich jetzt anwaltlich beraten zu lassen, um ihre Ansprüche gegen Hersteller geltend zu machen.
Der Dieselskandal ist längst nicht beendet
Als eine der führenden Kanzleien im Diesel-Abgasskandal vertreten wir über 10.000 laufende Fälle. Unsere Anwälte klagen seit 2017 an diversen Gerichten bis zum BGH und konnten für viele Mandanten bereits erfreuliche Lösungen erreichen. KAP Rechtsanwälte hatten im September 2021 selbst eine Vorlage von wesentlichen Rechtsfragen im Dieselskandal an den EuGH erwirkt. Eine Entscheidung in diesem EuGH-Verfahren steht noch aus.
Hilfreiche Informationen zum Abgasskandal:
Informationen zum Diesel-Abgasskandal finden Sie auf unserer Webseite: kap-recht.de/abgasskandal
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Foto(s): KAP Rechtsanwaltsgesellschafts mbH
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