EuGH gibt Widerrufsjoker für 20 Millionen Autokredit- und Leasingverträge frei

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Der EuGH hat in der Sache C-66/19 den Widerrufsjoker neu zum Leben erweckt: Das Landgericht Saarbrücken hatte in einer Verbraucherklage gegen die Stadtsparkasse Saarlouis den Europäischen Gerichtshof einbezogen, um die Frage nach der Zulässigkeit von sogenannten Kaskadenverweisen im europäischen Kontext zu klären.

EuGH: Kaskadenverweise unzulässig 

Die Antwort kam klar und bündig: „Verbraucherkreditverträge müssen in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben.

Es reicht nicht aus, dass der Vertrag hinsichtlich der Pflichtangaben, deren Erteilung an den Verbraucher für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, auf eine nationale Vorschrift verweist, die selbst auf weitere nationale Rechtsvorschriften verweist.“

Kreditgeber hatten seit 2010 sogenannte Kaskadenverweise verwendet und damit auf juristische Quellen verwiesen, die ihrerseits wieder an andere Quellen weiterverwiesen. Betroffene Verbraucher mussten teils bis zu 8 Seiten Text lesen.

Rechtsanwalt Markus Jansen, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht: „Man kann Verbrauchern nach Meinung des EuGH nicht zumuten, solchen komplexen Verweisen zu folgen und Verständnis für die Auswirkungen auf den Vertrag aufzubringen!“

Die Sparkassen – und viele andere Kreditgeber auch – hatte in ihren Widerrufsbelehrungen auf § 492 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches verwiesen. Das umfangreiche Regelwerk ist komplex und juristische Laien können das vom Grundsatz her schon nicht verstehen, so der EuGH.

Eine kleine Chance bietet sich betroffenen Banken: Der BGH hatte den entsprechenden Passus 2016 für verbraucherrechtlich zulässig erklärt. Jansen: „Das wird nun diskutiert werden müssen!“

Betroffen sind davon rund 20 Millionen Autokredit- und Leasingverträge mit einem Gesamtvolumen von geschätzt 340 Milliarden Euro. Bei ebenfalls widerrufbaren Baukrediten für private Haushalte geht es nach Meinung des Wirtschaftsmediators aus Neuss um eine Darlehenssumme von über einer Billionen Euro. 

Jansen weiter: „Die jetzt vom Europäischen Gerichtshof gerügte Klausel ist Teil von Widerrufsbelehrungen, die Autobanken seit 2010 bis heute nutzen, Immobilien-Finanzierer haben seit 2016 drauf verzichtet!“


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