Europäische Kontenpfändung – Erfahrungsbericht (1)

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In einem unserer Rechtstipps haben wir die Möglichkeit der neuen Europäischen Kontenpfändung vorgestellt. Wir haben uns über dieses Institut sehr gefreut, versprach es doch, so die Gesetzesbegründung (verkürzt): 

„Mit einem Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung kann ein Gericht in einem EU-Mitgliedstaat das Bankkonto eines Schuldners in einem anderen EU-Mitgliedstaat sperren. Das Verfahren kann nur in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug angewendet werden; das heißt, das für das Verfahren zuständige Gericht oder der Wohnsitz des Gläubigers dürfen sich nicht in dem Land befinden, in dem der Schuldner sein Konto führt. Mit dem Verfahren können Schulden in der EU leichter eingetrieben werden.“

Also machten wir uns an die Arbeit. Die Formulare waren schnell ausgefüllt, und auch zum Sachverhalt haben wir vorgetragen. Die Grundvoraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 waren erfüllt. Gläubiger lebt in Deutschland, Schuldner lebt im europäischen Ausland (Niederlande und Italien). Vollstreckbarer Titel ist vorhanden. Schuldner zahlt seit Jahren nicht. Einzelvollstreckungen im Ausland wären sehr langwierig und gefährden den Vollstreckungserfolg.

Doch wir wurden von dem Amtsgericht Berlin Mitte mit Beschluss vom 21.08.2018 (8 C 1006/18) eines Besseren belehrt. Das Gericht lehnte die europäische Kontenpfändung ab, und zwar mit folgender Begründung: 

„Als Erlassgründe in diesem Sinne kommen alle Handlungen des Schuldners in Betracht, die darauf schließen lassen, dass er sein Vermögen verschleiert, aufbraucht oder unter Wert veräußert. Dies kann sich aus der Art und Weise des Umganges des Schuldners mit seinen Vermögenswerten oder aber auch der Kredithistorie ergeben. Die bloße Nichtzahlung genügt dagegen, ebenso wenig wie der Umstand, dass der Schuldner sein Konto in einem Mitgliedsstaat kündigt und in einem anderen Mitgliedsstaat eröffnet.“

Unser Fazit: 

Die europäische Kontenpfändung ist nicht geeignet die von dem Europäischen Parlament und Rat erklärten Ziele zu erreichen. Wie soll der Rechtsanwender diese hohen Anforderungen erfüllen? 

Um (innere) Verschleierungsabsichten des Schuldners aufzudecken, müssten wir einen Detektiv mit hellseherischen Fähigkeiten beauftragen. Stattdessen wäre es einfacher den Detektiv zu bitten die Bankverbindungen des Schuldners zu ermitteln...

Wir werden daher auf alt Bewährtes zurückgreifen, und zukünftig wieder unmittelbar in die Konten unserer Schuldner vollstrecken, egal ob in Deutschland oder im europäischen Ausland. Denn in diesem Fall ist es dem Vollstreckungsgericht egal ob der Schuldner sein Vermögen verschleiert oder verschleudert oder sonst so denkt und tut.

Für Fragen und Anregungen steht Ihnen unsere Partnerin zur Verfügung:

Monique Bocklage

Fachanwältin für Internationales Wirtschaftsrecht

Edificia Rechtsanwälte



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