Fahrerlaubnisakte – welche Konsequenzen hat ein Eintrag in der Fahrerlaubnisakte?
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Es besteht zum Teil der Irrglaube innerhalb der Bevölkerung, dass die sogenannte Fahrerlaubnisakte bloß eine andere Bezeichnung für den Flensburger Verkehrsregister Auszug sei. Tatsächlich handelt es sich bei beiden um zwei grundlegend unterschiedliche „Akten“. Die Fahrerlaubnisakte oder auch Führerscheinakte genannt, wird von der jeweils zuständigen Führerscheinstelle geführt. In ihr werden in erster Linie Informationen über vergangene Verkehrsverstöße vermerkt, welche in Zukunft für die Beurteilung der Fahrereigenschaft von Bedeutung sein könnten.
Was steht alles in der Fahrerlaubnisakte?
Was genau in der Fahrerlaubnisakte vermerkt werden kann und muss, ist gesetzlich nicht geregelt. In ihnen finden sich z.B. Angaben über
- die Punkte aus dem Fahreignungsregister,
- frühere straßenverkehrsrechtliche Verfehlungen wie Verkehrsstraftaten und Ordnungswidrigkeiten,
- angeordnete Maßnahmen wie z.B. die Anordnung einer sogenannten MPU
- frühere Entziehungen und Wiedererteilungen von Fahrerlaubnissen
- den Verzicht auf die Fahrerlaubnis
- bereits bekannte Suchtproblematiken von Fahrern in Bezug auf Alkohol und sonstige Drogen
Die in der Fahrerlaubnisakte enthaltenen Eintragungen stimmen zum Teil mit denen des Fahreignungsregisters überein. Welche Daten im Fahreignungsregister einzutragen sind, ergibt sich aus § 59 FeV.
Angaben aus der Fahrerlaubnisakte können zudem auch in das zentrale Fahrerlaubnisregister übertragen werden. Dadurch können die Beamten der Polizei oder der Ordnungsbehörden bei Verkehrsverstößen kontrollieren, ob z.B. der Führer des Fahrzeuges im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist oder ob gegen ihn ein noch bestehendes Fahrverbot verhängt wurde. Die Grenzen der in der Fahrerlaubnisakte und im Fahrerlaubnisregister enthaltenen Angaben sind fließend, weshalb auch hier nach wie vor der falsche Eindruckt besteht, dass es sich bei beiden um ein und dieselbe Sache handelt.
Wofür dienen die Eintragungen in der Fahrerlaubnisakte?
Auskunft darüber gibt der § 2 Abs. 9 StVG, welcher entsprechend auf Eintragungen in der Fahrerlaubnisakte angewendet wird. Die Eintragungen dürfen demnach nur dafür verwendet werden, um die Eignung oder Befähigung eines Fahrzeugführers zu überprüfen oder festzustellen. Wann eine Person zum Führen eines Fahrzeuges geeignet ist, ergibt sich aus § 11 FeV.
Kommt es demnach z.B. innerhalb eines Gerichtsverfahrens auf die Frage an, ob der Täter eines Verkehrsverstoßes zur Führung eines Fahrzeuges (in Zukunft bzw. Ganz allgemein) geeignet ist, kann das Gericht auf die Eintragungen in seiner Fahrerlaubnisakte zurückgreifen.
Wer kann Einsicht in eine Fahrerlaubnisakte nehmen?
Wer nun aber im konkreten Einzelfall Einsicht in die Fahrerlaubnisakte nehmen kann, richtet sich zum einen nach dem betroffenen Gesetz und zum anderen danach, wer genau Einsicht nehmen will.
Privatpersonen bzw. Juristische Personen des Privatrechts wie z.B. Gesellschaften etc. ist es grundsätzlich nicht gestattet, Einsicht in fremde Fahrerlaubnisakten zu nehmen, es sei denn, es besteht ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der dort vermerkten Eintragungen. Die Einsicht ersuchende Privatperson muss demnach vorbringen, warum sie an der Überprüfung der Fähigkeit einer Person zum Führen eines Fahrzeuges im öffentlichen Straßenverkehr ein berechtigtes Interesse hat. Ein solches berechtigtes Interesse werden regelmäßig Arbeitgeber entsprechender Berufsgruppen haben, welche Tätigkeiten mit Fahrzeugen im öffentlichen Verkehr ausüben. Zum Beispiel wird der Inhaber eines Logistik- oder Speditionsunternehmens regelmäßig ein berechtigtes Interesse daran haben, dass seine Angestellten die Fähigkeit zum Führen von Fahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr besitzen.
Behörden, insbesondere Organe der Rechtspflege, können aufgrund verschiedener Ermächtigungsgrundlagen zur Einsichtnahme berechtigt sein. Grundsätzlich gilt für alle Bundes- und Landesbehörden, dass sie sich gegenseitig Rechts- und Amtshilfe zu leisten haben gemäß Art. 35 Abs. 1 GG. Demnach kann eine Behörde grundsätzlich auf Erkenntnisse einer anderen Behörde zugreifen, indem ihr Einsicht in die dort befindlichen Unterlagen gewährt wird.
Ein Beispiel aus der StPO:
Hat der Betroffene Fahrzeugführer einen Verkehrsverstoß begangen und dadurch den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, ist die örtlich und sachlich zuständige Staatsanwaltschaft verpflichtet, den Sachverhalt zu erforschen, sobald sie Kenntnis von der Straftat erlangt gemäß § 160 Abs. 1 StPO. Um den Sachverhalt erforschen zu können, ist die Staatsanwaltschaft gemäß § 161 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StPO berechtigt, Auskünfte von allen Behörden zu verlangen. Soweit die Staatsanwaltschaft die Durchführung der Ermittlungen auf die Polizei überträgt, wird zugleich auch das ihr zustehende Auskunftsrecht auf die ermittelnde Polizei übertragen, § 161 Abs. 1 S. 2 StPO. Die um Auskunft zu ersuchende Behörde darf die Auskunft an die Staatsanwaltschaft oder Polizei dann nur verweigern, wenn gesetzliche Vorgaben eine Auskunft verbieten. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Auskunft gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt. Da es im Bereich des staatlichen Auskunftsersuchens keine rechtlichen Bestimmungen dafür gibt, welche den Ermittlungsbehörden die Einsicht in die Fahrerlaubnisakte verwehren, wird ihnen regelmäßig Akteneinsicht gewährt. Dies ist auch geboten, da nur so überprüft werden kann, ob sich der Fahrzeugführer bereits in der Vergangenheit nicht ordnungsgemäß im öffentlichen Straßenverkehr verhalten hat. Die sich durch die Einsichtnahme in die Fahrerlaubnisakte gewonnen Erkenntnisse sind für die Ermittlungsbehörden gerade im Zusammenhang von strafrechtlichen Verkehrsverstößen von großer Bedeutung. Hat sich der Fahrzeugführer bereits in der Vergangenheit verkehrsgefährdend verhalten und hat er nun (erneut oder erstmals) eine Verkehrsstraftat begangen, kann die ermittelnde Staatsanwaltschaft zum Beispiel einen Antrag auf Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB oder eine Sperre für die (neu) Erteilung einer Fahrerlaubnis nach § 69a StGB beim dafür zuständigen Gericht beantragen.
Auch im Bereich des medizinisch-psychologischen Gutachtens findet eine Akteneinsicht statt. Die zuständige Begutachtungsstelle für Fahrereignung kann bei der zuständigen Führerscheinstelle Einsicht in die Fahrerlaubnisakte nehmen.
Wie lange bleiben Einträge in der Fahrerlaubnisakte?
Wie lange eine Eintragung in der Fahrerlaubnisakte bestehen bleibt, richtet sich nach der Art der Eintragung. Handelt es sich um Eintragungen, welche im Zusammenhang mit Eintragungen im Fahreignungsregister oder im zentralen Fahrerlaubnisregister stehen, richtet sich die Tilgung und Löschung nach den Bestimmungen, welche für die jeweiligen Register bestehen iSd. § 2 Abs. 9 S. 2 StVG. Handelt es sich hingegen um Eintragungen, welche nicht im Zusammenhang mit Eintragungen der entsprechenden Register bestehen, sind diese nach spätestens zehn Jahren zu löschen iSd § 2 Abs. 9 S. 2 StVG.
Muss ich selbst die Löschung der Eintragungen beantragen?
Die Löschung der Eintragungen muss nicht vom betroffenen Fahrzeugführer beantragt werden. Nach dem Verstreichen der entsprechenden Frist muss die Behörde selbst die Löschung der Eintragungen vornehmen. Die geschieht dann automatisch. Ob die Behörde der Pflicht zur Löschung nachgekommen ist, kann und sollte jedoch vom betroffenen Fahrzeugführer selbstständig überprüft werden. Denn aus der Akte selbst können Dritte nicht erkennen, ob die Löschfrist bereits eingetreten ist.
Wie bedeutsam ist die Fahrerlaubnisakte für die medizinisch-psychologische Untersuchung?
Die Fahrerlaubnisakte mit ihren enthaltenen Eintragungen ist eine der zentralen Beurteilungspunkte im Bereich der medizinisch-psychologischen Untersuchung. Wer aufgrund eines Verkehrsverstoßes die sogenannte MPU durchlaufen muss, sollte daher auch Akteneinsicht in seine Fahrerlaubnisakte bei der zuständigen Behörde beantragen. Nur so kann man selbstständig überprüfen, ob die darin enthaltenen Eintragungen richtig sind oder ob aufgrund von Zeitablauf eine Löschung der Eintragungen vorgenommen werden muss. Sollte eine mangels Löschung unrichtige Fahrerlaubnisakte an die zuständige Begutachtungsstelle für Fahreignung gelangen, hätte dies erhebliche negative Konsequenzen für die Beurteilung der Fahreignung. Im schlimmsten Falle müsste die MPU sogar erneut durchgeführt werden, was mit erheblichen Kosten und einem enormen Zeitaufwand verbunden ist.
Hieran können Sie gut die Bedeutung der Fahrerlaubnisakte erkennen. Lassen Sie sich anwaltlich vertreten, so wird Ihr Fachanwalt für Verkehrsrecht auf diesen Aspekt achten und wenn z.B. ein schon zu löschender Eintrag weiterhin in der Fahrerlaubnisakte eingetragen ist, wird er gegenüber der Behörde argumentieren und durchsetzen, dass der Eintrag gelöscht wird um daraus erwachsende Nachteile für Sie zu vermeiden.
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