FAQ: Die Verfassungsbeschwerde gegen Prüfungsentscheidungen für Beamte
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Nach Art. 33 GG haben alle Deutschen ein Recht auf gleichmäßigen Zugang zu öffentlichen Ämtern. Maßgebliches Auswahlkriterium ist dabei die Eignung der Bewerber, die regelmäßig durch fachspezifische Prüfungen festgestellt wird. Dieses Vorgehen wird als „Prinzip der Bestenauslese“ bezeichnet. Art. 33 GG befindet sich damit in enger Beziehung zum Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und zum Berufsgrundrecht (Art. 12 GG).
Verfassungsbeschwerden in diesem Bereich sind für den Betroffenen oft von enormer Bedeutung: Meist hat er eine Prüfung für ein Amt nicht bestanden und steht damit vor einem erheblichen beruflichen Rückschlag mit finanziell unabsehbaren Folgen.
Diese FAQ soll einige häufige Fragen zu diesem Rechtsbereich beantworten. Da Leser, die sich für diese ganz spezielle Thematik interessieren, in der Regel bereits über Vorwissen verfügen, haben, haben wir die Grundlagen bewusst knapp gehalten und uns auf die entscheidenden Fragen konzentriert.
Was bedeuten Befähigung, Leistung und Eignung im engeren Sinne?
Diese drei Kriterien bestimmen die Eignung im weiteren Sinne. Sie überschneiden sich teilweise, werden vom Bundesverfassungsgericht aber auch gegeneinander abgegrenzt (1 BvR 838/01):
- Befähigung meint alle Fähigkeiten, die der angestrebten Tätigkeit zugute kommen, ohne unmittelbar auf diese abgestimmt zu sein. Dazu gehören allgemeine Begabung, Allgemeinwissen, Lebenserfahrung und allgemeine Ausbildung.
- Die fachliche Leistung bezieht sich auf Fachwissen, Fachkönnen und Bewährung im Fach.
- Eignung im engeren Sinne erfasst insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für das Amt von Bedeutung sind.
Dürfen auch andere Kriterien herangezogen werden?
Grundsätzlich nicht, da diese Kriterien abschließend sind. Alle Bewertungsgesichtspunkte müssen unmittelbar Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung der Bewerber betreffen.
Andere Gesichtspunkte dürfen ausnahmsweise herangezogen werden, wenn nach diesen Hauptkriterien ein Gleichstand zwischen den Bewerbern besteht.
Welchen Sinn haben beamtenrechtliche Prüfungen?
Die Prüfung soll vor allem das Fachwissen und das Fachkönnen der Bewerber feststellen, darf aber auch die anderen Kriterien überprüfen.
Welcher Zeitpunkt ist für die Beurteilung maßgeblich?
Die Leistung muss nach den Umständen des Zeitpunkts sachlich und rechtlich beurteilt werden, in dem die Prüfung abgelegt wurde. Spätere Änderungen haben grundsätzlich keinen Einfluss (BVerwG, 6 C 19.18).
Was ist, wenn die Prüfungsordnung teilweise nichtig ist?
Eine nichtige Prüfungsordnung darf grundsätzlich nicht angewandt werden. Dies würde dann aber in letzter Konsequenz bedeuten, dass überhaupt keine Prüfung durchgeführt werden könnte, bis eine neue Prüfungsordnung verabschiedet würde. Darum ist das Gericht, das die Prüfungsordnung für nichtig erklärt hat, auch verpflichtet, eine Übergangsregelung zu treffen. (BVerwG 6 C 5.22, bezugnehmend auf 2 BvR 1673/04)
Kann die Prüfung bei einer mangelhaften Prüfungsordnung wiederholt werden?
Grundsätzlich nicht, da der Bewerber auf diese Weise eine neue Prüfungschance und damit einen Vorteil gegenüber den anderen Prüflingen erhalten würde. (1 BvR 1430/88)
Etwas anderes gilt nur, wenn die gesamte Prüfungsdurchführung (also bspw. die Aufgabenstellung) rechtswidrig war. In diesem Fall wird die Prüfung in der Regel neu durchzuführen sein.
Was ist, wenn es keine Gesetzesgrundlage für die Prüfungsordnung gab?
In diesem Falle ist die Prüfungsordnung zwar rechtswidrig, sie ist jedoch grundsätzlich vorläufig zu akzeptieren und anzuwenden, um eine Regelungslücke zu vermeiden. Dem Gesetzgeber ist dann eine Übergangsfrist einzuräumen, innerhalb derer er eine Gesetzesgrundlage schaffen muss. (2 BvL 1/84)
Gilt das Prüfungsrecht auch für dienstliche Beurteilungen?
Dienstliche Beurteilungen betreffen die Arbeitsweise von Personen, die bereits Beamten sind. Sie geben also vor allem Auskunft über die Persönlichkeit und das Fachkönnen des Beamten, aber auch über seine weitere Eignung. Es handelt sich also nicht um Prüfungen im eigentlichen Sinne, diese „Arbeitszeugnisse“ kommen aber Prüfungen gleich, weil sie über die weitere Laufbahn des Beamten entscheiden und damit eine ähnliche Bedeutung haben. (2 BvR 2223/15)
Wie müssen dienstliche Beurteilungen geregelt werden?
Aufgrund der genannten Bedeutung dieser dienstlichen Beurteilungen müssen die wesentlichen Vorgaben für deren Erstellung gesetzlich geregelt werden. Bloße Verwaltungsvorschriften oder Richtlinien reichen nicht aus. (BVerwG, 2 C 2.21)
Dürfen neben den dienstlichen Beurteilung auch andere Kriterien herangezogen werden?
Ja, dies ist grundsätzlich möglich. Zwar sind dienstliche Beurteilungen ein aussagekräftiges und daher zulässiges Mittel der Auswahl. Es muss sich aber nicht um das einzige solche Mittel handeln.
Die Heranziehung weiterer Hilfsmittel neben der dienstlichen Beurteilung ist nicht von vornherein ausgeschlossen, soweit diese hinreichend dokumentiert und gerichtlich überprüfbar sind. (2 BvR 764/11)
Insbesondere ist es bspw. zulässig, eine – protokollierte – praktische Prüfungsaufgabe durchzuführen und zu bewerten. Im Ausgangsfall des Bundesverfassungsgerichts wurde von den Kandidaten für eine Schulleiterstelle verlangt, dass sie den Unterricht eines anderen Lehrers analysieren und diesen beraten.
Was kann ein unterlegener Bewerber überprüfen lassen?
Gerade in Konkurrenzsituationen, wenn also mehrere Bewerber auf eine einzige oder wenige Stellen kommen, muss die gesamte Auswahlentscheidung überprüft werden. Diese bezieht sich dann sowohl auf den unterlegenen Bewerber selbst als auch auf den erfolgreichen Bewerber und ggf. andere Bewerber.
Die Position des klagenden Bewerbers kann daher bspw. lauten (2 BvR 2457/04):
- „Ich wurde rechtswidrig benachteiligt.“
- „Der Konkurrent wurde in unzulässiger Weise bevorzugt.“
- „Der Konkurrent hätte sich gar nicht auf die Stelle bewerben dürfen.“
- „Meine Qualifikationsbeurteilung ist falsch.“
- „Die Qualifikationsbeurteilung des Konkurrenten ist falsch.“
- „Der Vergleich zwischen uns wurde falsch vorgenommen.“
Alle diese Argumente müssen die Fachgerichte und (wenn dies im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde in zulässiger Weise gerügt wird) schließlich auch das Bundesverfassungsgericht prüfen.
Gibt es ein Recht auf ein Eilverfahren gegen eine Prüfungsentscheidung?
Ja, jedenfalls dann, wenn das Abwarten des Hauptverfahrens zu einer erheblichen Verzögerung der weiteren Laufbahn führen würde. Dies ist bspw. dann der Fall, wenn eine Ausbildung endgültig nicht bestanden wäre oder sonst beendet würde. Dem Bewerber muss dann ein effektiver und schneller Rechtsschutz zur Verfügung gestellt werden. (1 BvR 638/96, 1 BvR 356/04)
Außerdem darf eine Eilentscheidung nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Bewerber Tatsachenfragen für die Feststellung seiner Eignung bereits in einem anderen Hauptverfahren hat prüfen lassen. Ansonsten würden die Möglichkeiten des Eilverfahrens entwertet. (2 BvR 2051/19)
Rechtsanwalt Hummel übernimmt Ihre Verfassungsbeschwerde
Rechtsanwalt Thomas Hummel ist auf Verfassungsbeschwerden spezialisiert und kann sich auch Ihren Fall aus dem Bereich der Beamtenprüfung gerne anschauen.
So können Sie Kontakt aufnehmen:
- Homepage: www.anwalt-verfassungsbeschwerde.de
- E-Mail: post@abamatus.de (vor allem zum Senden von Unterlagen)
- direkt über die Kontaktfunktion auf dieser Seite
Sollten Sie sich noch im Instanzverfahren befinden, also bspw. mit dem Prüfungsamt um die Benotung streiten oder der Verwaltungsprozess noch laufen, kann Ihnen der hierauf spezialisierte Rechtsanwalt David-Joshua Grziwa weiterhelfen.
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