Fliegen wir noch privat oder fliegen wir schon gewerblich?

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Fliegen wir noch privat oder fliegen wir schon gewerblich?

In dieser oder ähnlichen Fragestellung wird in letzter Zeit immer häufiger im Kreise von Piloten die Frage aufgeworfen, was denn wohl noch zulässig sei und wo der Bereich einer notwendigen Genehmigung beginnt.

Hier hat der Verfasser in den letzten Jahren sehr oft die Antwort hören müssen, es gebe ja das sogenannte Münchener Modell. Nach welchem es ohne weiteres zulässig sei, sein Luftfahrtzeug auch gewerblich zu verchartern.

Und die dadurch erzielten Einnahmen entspannt entgegenzunehmen. Wenn mit solcher Argumentation begonnen wird, ist es oftmals notwendig, den betreffenden Piloten darauf hinzuweisen, dass in der vorgenannten Entscheidung des Landgerichts München, die immerhin schon aus dem Jahre 1977 stammt, nicht auch nur andeutungsweise etwas davon ausgeführt wurde, dass es Jedem Piloten freistehe, beliebige Passagiere gegen entsprechende Berechnung von A nach B zu befördern.

Tatsächlich hat sich diese in Pilotenkreisen gar nicht näher bekannte Entscheidung, die oftmals nur mit Kurzformulierung des sogenannten Münchener Modells genannt wird, in keinem einzigen Satz dazu geäußert, dass jeder beliebige Pilote eine gewerbliche Personenbeförderung durchführen könne. Das einzige, was in dieser Entscheidung tatsächlich entschieden wurde, handelte darüber, dass es dem Eigentümer eines Flugzeugs gestattet ist, dieses sein Flugzeug an jemand anderen zu verchartern.

Dann aber, wenn seitens des Flugzeugseigentümers mehr erbracht wird, als das reine Flugzeugs zu verchartern, dann nämlich, wenn beispielsweise er selbst oder durch einen vermittelten Piloten den Interessenten, der sich für eine Beförderung interessiert hat, selbst oder durch einen anderen Piloten mit eben diesem Flugzeug von A nach B zu befördern, dann liegt eine sogenannte gewerbliche Personenbeförderung vor.

Noch anders formuliert; wenn dieser vorgenannte zweite Schritt umgesetzt werden soll, muss entweder der Eigentümer des Luftfahrzeuges oder aber der Pilot, den er für die Beförderung ausgewählt hat, über eine Genehmigung nach § 20 Abs. 1 oder Abs. 1 Ziff. 2 erster Absatz des Luftverkehrsgesetzes verfügen.

Was aber am Ende dieser vorgenannten Entscheidung des Verwaltungsgerichts München so nicht formuliert ist. Eben deswegen nicht, weil sich die vorgenannte Entscheidung eben ausschließlich mit der Frage beschäftigt hat, ob eine Vercharterung des eigenen Luftfahrzeuges erlaubt sei oder nicht. Dass nun aber für weitere Aktivitäten des Vercharterns eine zusätzliche Genehmigung erforderlich ist, ist allenfalls aus einem Umkehrschluss dieser vorgenannten Gerichtsentscheidung zu entnehmen. Wenn man sie dann in aller Ruhe und vor allen Dingen, bis zu Ende durchstudiert hat. Und deswegen gibt es oftmals diese gedanklich unzutreffende Interpretation durch solche Piloten, die nur davon gehört haben, dass eine gewerbliche Personenbeförderung, nach dem sogenannten Münchener Modell, schon zulässig sei. Liegt aber eine für die gewerbliche Personenbeförderung notwendige Genehmigung nach der vorgenannten Vorschrift des § 20 LuftVG nicht vor, so beträgt die Höhe eines möglichen Bußgeldes nach § 58 Abs. 1 Ziff. 5 in Verbindung mit § 58 Abs. 2 LuftVG bis zu 10.000 €. An dieser grundsätzlichen juristischen Situation hat sich auch dadurch nichts geändert, dass im Laufe der letzten Jahre Vorschriften des deutschen Luftverkehrsgesetzes durch europäische Vorschriften ergänzt oder modifiziert worden sind.

Die grundlegende europäische Vorschrift hierzu ist die Verordnung EU 1178/2011. Diese ist ihrerseits ergänzt worden durch die Verordnung EU 290/2012 und in dem Anhang der letztgenannten Vorschrift befindet sich erfreulicherweise, wenn auch an ziemlich versteckter Stelle, nämlich im Anhang Teil FCL endlich einmal eine Begriffsbestimmung.

Danach ist unter gewerblichen Luftverkehr zu verstehen die entgeltliche Beförderung von Fluggästen, Fracht oder Post.

Der Aufbau des europäischen Rechts ist ähnlich vorzustellen wie es im deutschen Recht vergleichbar geregelt wurde. Im deutschen Recht gibt es das Luftverkehrsgesetz als Grundgesetz. Hierauf aufbauend sind dann Verordnungen wie LuftVO, LuftPersV, LuftBO, LuftGerPV und andere darunter implementierte Verordnungen zu verstehen. Und die sogenannte Grundverordnung des europäischen Rechts enthält eine Begriffsbestimmung, in der Verordnung EU 216/2008, Artikel 3 i.

Wo es heißt, gewerbliche Tätigkeit bezeichnet den Betrieb eines Luftfahrzeuges gegen Entgelt oder sonstige geldwerte Leistungen, der der Öffentlichkeit zur Verfügung steht oder, wenn er nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, im Rahmen eines Vertrages zwischen einem Betreiber und einem Kunden erbracht wird, wobei der Kunde keine Kontrolle über dem Betreiber ausübt.

 Und vier Jahre später ist diese Definition in der EU-Verordnung 965/2012 näher präzisiert worden. Indem es dort heißt: „gewerblicher Luftverkehrsbetrieb (...) bezeichnet den Betrieb von Luftfahrzeugen zur Beförderung von Fluggästen, Fracht oder Post gegen Entgelt oder sonstige geldwerte Gegenleistungen“. Indem aber bereits in dieser Definition von Entgelten oder sonstigen geldwerten Leistungen gesprochen wird, folgt daraus, dass ein Pilot, der lediglich im Besitz einer sogenannten Privatpiloten Lizenz, PPL(A) ist, daran gehindert ist, hat seinerseits gegen Entgelt oder sonstige geldwerte Gegenleistungen zu fliegen.

Denn nach der Grundidee des Verordnungsgebers für Tätigkeiten, zu denen die PPL(A) Lizenz berechtigt, stellt die nächste EU-Verordnung 1178/2011, Rubrik FCI 205 As eines fest: „Die Rechte des Inhabers einer PPL-A bestehen darin, ohne Vergütung als PCI oder Copilot auf Flugzeugen oder TMGs im nichtgewerblichen Betrieb tätig zu sein.’'

Wer diese Vorgabe verstanden hat, kommt aber dann auch nicht weiter, wenn er zu dem gedanklichen Schluss gelangen sollte, dass eben der gewerbliche Transport von Personen oder Fracht aber dann frei stehe, wenn er nur über eine CPL Lizenz, also Berufspiloten Lizenz, verfüge.

Richtig ist, dass dann, wenn gewerblich Personen oder Fracht befördert werden, der durchführende Luftfahrzeugführer eine Berufspiloten Lizenz, CPL oder ATPL, benötigt.

Verfügt er aber über eine solche Berufspilotenlizenz, ist damit immer noch nicht die gewerbliche Personenbeförderung legal. Weil diese in Deutschland für deutsch zugelassenen Luftfahrzeuge eine Genehmigung nach Vorschrift des § 20 LuftVG benötigt.

Und ist das Flugzeug amerikanisch zugelassen, braucht es die Genehmigung für den gewerblichen Personentransport ebenfalls, nach amerikanischem Recht AOC genannt, nämlich Aircraft Operators Certificate.

Zum besseren Verständnis sei hier der vollständige Wortlaut des § 20 LuftVG einmal vollständig wiedergegeben.

Luftfahrtunternehmen und -veranstaltungen

§ 20 (Betriebsgenehmigung)

1. Luftfahrtunternehmen, die dem Luftverkehrsrecht der Europäischen Union unterliegen, bedürfen zur Beförderung von Fluggästen, Post oder Fracht im gewerblichen Flugverkehr einer Betriebsgenehmigung gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von
 Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABI L 293 vom 31.10.2008, S. 3). Für die Erteilung oder den Widerruf der Betriebsgenehmigung gelten die Absätze 2 und.3, soweit nicht die in Satz 1 genannte Verordnung der Europäischen Union entgegensteht.

2. Die Betriebsgenehmigung. kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Die Betriebsgenehmigung ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet werden kann, insbesondere wenn der Antragsteller oder andere für die Beförderung verantwortliche Personen nicht zuverlässig sind. Die Betriebsgenehmigung ist zu versagen; wann die für den sicheren Luftverkehrsbetrieb erforderlichen finanziellen Mittel oder entsprechende Sicherheiten nicht nachgewiesen werden. Die Betriebsgenehmigung kann versagt werden, wenn Luftfahrzeuge verwendet werden sollen, die nicht in der deutschen Luftfahrzeugrolle eingetragen sind oder nicht im ausschließlichen Eigentum des Antragstellers stehen. Der deutschen Luftfahrzeugrolle gleichgestellt sind Eintragungsregister von Staaten im Geltungsbereich des Luftverkehrsrechts der Europäischen Union.

3. Die Betriebsgenehmigung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung. nachträglich nicht nur vorübergehend entfallen sind. Die Betriebsgenehmigung kann widerrufen werden, wenn die erteilten Auflagen nicht eingehalten werden. Sie ist zurückzunehmen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nicht vorgelegen haben. Das Ruhen der Betriebsgenehmigung auf Zeit kann angeordnet werden, wenn dies ausreicht, um die Sicherheit und Ordnung des Luftverkehrs aufrechtzuerhalten. Die Betriebsgenehmigung erlischt, wenn von ihr länger als .sechs Monate kein Gebrauch gemacht worden ist.

Eine zugegeben nicht sehr einfache Vorschrift.

Dieses bedeutet, dass man sich die Frage; ab wann eine gewerbliche Personenbeförderung vorliegt oder nicht, am besten an Beispielsfällen vergegenwärtigen kann.

Nehmen wir die echte, unverfälschte Aussage aus der Grundsatzentscheidung des sogenannten Münchener Modells, so ist daraus abzuleiten: nicht mehr der ursprüngliche Eigentümer ist der Betreiber des Flugzeuges, sondern der Charter-Kunde, der dieses Flugzeug angemietet hat.

Neben den genehmigungsfreien Privatflügen einerseits und den genehmigungspflichtigen gewerblichen Flügen andererseits gibt es noch eine weitere, dritte Hauptgruppe. Das sind die sogenannten nichtgewerblichen Betreiber. Im Volksmund auch Werksverkehr oder Werks-Flugverkehr genannt. Die Rechtsgrundlagen hierfür findet man in der EU-Verordnung Nr. 216/2008, wo die entgeltliche Tätigkeit wie folgt definiert ist:

„Entgeltliche Tätigkeit ist der Betrieb eines Luftfahrzeuges gegen Entgelt oder sonstige geldwerte Gegenleistungen, der der Öffentlichkeit zur Verfügung steht oder der, wenn er nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, im Rahmen eines Vertrages zwischen eigenen Partei war und einen Kunden erbracht wird, wobei der Kunde keine Kontrolle über den Betreiber ausübt."

Betrachtet man weiter den Text der Basisvorschrift, so ergibt sich hieraus, dass dann kein gewerblicher Luftverkehr durch Beförderung von Personen oder Fracht vorliegt, wenn ich in meiner Eigenschaft als Flugzeugeigentümer und Pilot entweder selbst oder durch einen angestellten Pilotenmitarbeiter meines Unternehmens oder meiner Firma von dem Sitz der Firma zu einem Zielort befördere, wo entweder diese allein oder zusammen mit mir, dem  Inhaber des Unternehmens, beruflich gesehen, benötigt werden.

Dieser kurzerhand im Umgang Sprachgebrauch „Werksflugverkehr" genannte Betrieb ist deswegen genehmigungsfrei, weil in diesem Fall von den Fluggästen keinerlei Entgelt oder sonstige Vergütung entgegengenommen wird. Und es in einem Fall der vorliegenden Art selbstverständlich auch nicht zulässig ist, solche frei gebliebenen Flugplätze, die nicht von Mitarbeitern des Unternehmens besetzt worden sind, etwa an beliebige sonstige Passagiere gegen entsprechende Vergütung zu verkaufen.

Foto(s): Aviation Safety Network 26.01.2015

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