Fristen - Stolpersteine in der privaten Unfallversicherung

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Wer eine private Unfallversicherung (nachstehend: UV) abgeschlossen hat und einen Unfall erleidet, geht davon aus, sein Versicherer werde die vereinbarten Leistungen (Invaliditätsleistung, Unfallrente, Todesfallleistung, Tagegelder, Übergangsleistungen o.a.) komplikationslos auszahlen.


Weit gefehlt. Viele Versicherungsnehmer scheitern mit ihren Ansprüchen an dem Gewirr mehrfacher, gestufter Fristen, die sich bei der UV als wahre Stolpersteine erweisen. Auch wenn diese Fristen aus den Versicherungsbedingungen hervorgehen und eine gesetzliche Hinweispflicht besteht, so werden sie doch oft versäumt. Es entfallen allein deshalb ansonsten begründete Ansprüche.


Die Einhaltung der Fristen und Termine hat gerade in der UV herausragende und oft existenzielle Bedeutung. Was ist im Einzelnen zu beachten?


1. Der Unfall ist dem Versicherer unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, zu melden. Diese Meldung sollte spätestens zwei Tage nach dem Unfall erfolgen. Ausreichend ist eine formlose Anzeige in Textform, so etwa per Brief, E-Mail oder Telefax. Auch eine telefonische Unterrichtung genügt. Allerdings sollte zu Beweiszwecken eine Telefonnotiz erstellt werden.

Der Unfall muss so genau dargestellt werden, dass der Versicherer zumindest überblickhaft das Unfallgeschehen nachvollziehen kann. In jedem Fall sollten Ort und Datum mit Tageszeit, sowie beteiligte Personen, auch Zeugen, Ursache und Ablauf des Unfalls angegeben werden.

Stirbt der Versicherungsnehmer als Folge des Unfalls, so ist sein Ableben von den Hinterbliebenen unverzüglich dem Versicherer anzuzeigen. Häufig wird die Versicherung erst zu spät, d.h. nach mehr als 48 Stunden, die stets als rechtzeitig gelten, informiert. Die Hinterbliebenen können allerdings häufig die Verspätung hinreichend entschuldigen. Diese Frist vermag wenig zu überzeugen, sind doch die Hinterbliebenen nicht Partei des Versicherungsvertrages und nicht Adressaten der Bedingungen. Der oder die Erben sind auch nicht zwangsläufig die Begünstigten aus der UV. Die Versicherungssumme selbst fällt nicht in den Nachlass, gebührt vielmehr den gemäß Police begünstigten Personen.


2. Von der Anzeige des Unfallereignisses zu unterscheiden, ist die Meldung über dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen. Da ein Dauerschaden vielfach erst geraume Zeit nach dem Unfall entsteht oder erkennbar wird, gelten insoweit längere Fristen, wobei diese in der Regel zwischen 12 und 18 Monaten betragen. Das Vertragswerk ist auch insoweit genau zu prüfen (vergl. unten unter Punkt 3 lit. c).


3. Im Mittelpunkt der streitigen Auseinandersetzungen steht häufig die Invaliditätsleistung. Um diese mit Erfolg (unter Beachtung der Gliedertaxe und der Progression) geltend zu machen, sind drei Fristen zu beachten, die je nach vertraglicher Ausgestaltung zeitlich zusammentreffen oder divergieren können:


a. Eintritt der Invalidität

Die Invalidität muss innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nach dem Unfall eintreten, andernfalls wird ein Ursachenzusammenhang ausgeschlossen. Diese Eintrittsspanne wird in den neueren Verträgen zumeist auf 15 Monate maximiert (bei älteren Verträgen auch: 12 Monate). Innerhalb dieses Zeitraums muss irgendeine dauerhafte gesundheitliche (körperliche oder geistige) Beeinträchtigung eingetreten sein, ohne dass es auf einen bestimmten Invaliditätsgrad ankommt.

Ist ein solcher Dauerschaden nicht eingetreten, kommen Ansprüche auf Invaliditätsleistung nicht in Betracht.


b. Ärztliche Feststellung der Invalidität

Die Versicherungsbedingungen markieren eine Frist (zumeist 15 Monate), innerhalb derer die Invalidität von einem Arzt schriftlich festgestellt sein muss. 

Es bedarf einer ärztlichen Feststellung; Bescheinigungen von Heilpraktikern oder Psychologen reichen nicht aus.

Die ärztliche Feststellung muss sich auf eine konkrete dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigung beziehen. Sie gilt dann als dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Besserung dieses Zustands nicht zu erwarten ist.

Ärztlich festzustellen ist eine konkrete körperliche oder geistige Beeinträchtigung von Dauer und als Folge des Unfalls. Werden Vorerkrankungen mitursächlich für den Dauerschaden, mindert dies die Ansprüche gegenüber der Versicherung.

Ein bestimmter Invaliditätsgrad muss nicht angegeben werden.

Es kommt allein darauf an, dass die Invalidität innerhalb des maßgeblichen Zeitraums ärztlich festgestellt wird. Der Zugang der ärztlichen Feststellung bei der Versicherung während dieser Frist ist nicht erforderlich.

Die Invalidität muss ärztlich festgestellt sein. Einer gesonderten, separierten, an die Versicherung gerichteten Mitteilung bedarf es nicht. Es reichen beispielsweise auch ein Arztbrief oder ein OP-Bericht aus.


c. Geltendmachung der Invalidität

Die Invalidität muss innerhalb einer bestimmten Höchstfrist gegenüber dem Versicherer geltend gemacht werden. In der Regel sind insoweit nach den neueren Verträgen 15 Monate vereinbart. Kürzere oder längere Fristen sind möglich.

Der Versicherungsnehmer muss innerhalb dieser Zeitspanne lediglich dem Versicherer mitteilen, dass er davon ausgeht, dass bei ihm unfallbedingt eine Invalidität besteht.

An eine Form ist diese Mitteilung nicht gebunden. 

Bei der Zeitbestimmung (etwa 15 Monate) handelt es sich um eine Ausschlussfrist, deren Versäumung regelmäßig auch zum Verlust der Rechte führt. 

Nur in engen Ausnahmefällen kann eine Entschuldigung den Fristenverstoß heilen.


Es ist nach alledem ersichtlich, dass der Unfallversicherte sich schnell im Labyrinth der einzelnen und verschachtelten Fristen verirren kann und allein wegen deren mangelnder Beachtung schwerwiegende Verluste erleidet. Er ist deshalb in aller Regel gut beraten, möglichst früh nach einem Unfall einen spezialisierten Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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