Geld zurück aufgrund Pflichtverletzung beim Online-Glücksspiel trotz Konzession
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Mit Urteil vom 28. April 2025 hat das Landgericht Stendal einem Spieler über 54.000 Euro aus Verlusten bei Sportwetten mit einem nachkonzessionierten Anbieter zugesprochen. Obwohl die beklagte Gesellschaft ab Oktober 2020 über eine deutsche Erlaubnis verfügte, rügte das Gericht Verstöße gegen zwingende Spielerschutzvorgaben wie das monatliche Einsatzlimit und die Pflicht zur Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das Urteil hat Signalwirkung für Verfahren gegen Anbieter mit Konzession – vor allem, wenn Schutzmechanismen missachtet wurden.
Das Landgericht Stendal hat entschieden, dass ein Glücksspielanbieter auch dann zur Rückzahlung erheblicher Spielverluste verpflichtet sein kann, wenn er über eine gültige deutsche Sportwettenkonzession verfügt – vorausgesetzt, er hat gegen wesentliche Auflagen dieser Erlaubnis verstoßen. Im konkreten Fall ging es um einen Zeitraum ab Oktober 2020, also nach Inkrafttreten der Konzession für Sportwettenanbieter in Deutschland. Der Kläger hatte über Monate hinweg Einsätze getätigt, die das eigentlich vorgesehene Limit von 1.000 Euro pro Monat teils deutlich überschritten. Daher hat das Landgericht Stendal dem Spieler über 54.000 Euro aus Verlusten bei Sportwetten zugesprochen.
„Im Zentrum der juristischen Bewertung stand die Verpflichtung des Anbieters, Spieler zu einer Selbstlimitierung aufzufordern und bei Überschreitungen deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu prüfen. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die beklagte Gesellschaft diese Vorgaben nicht eingehalten habe. Der Kläger musste nach eigenen Angaben lediglich „ein paar Knöpfe drücken“, um das Limit heraufzusetzen, ohne dazu Unterlagen vorzulegen oder einen Nachweis über seine finanzielle Lage zu erbringen. Dieser Vortrag wurde von der Beklagten nicht wirksam widerlegt, weshalb das Gericht von einer Pflichtverletzung ausging“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos spezialisiert. Er hat das obsiegende Urteil vor dem Landgericht Stendal erstritten.
Besonders deutlich formulierte die Kammer, dass das Höchsteinsatzlimit von bis zu 30.000 Euro, das in der Konzession unter Auflagen zugelassen war, keineswegs von den Schutzpflichten entbinde. Vielmehr hätten Spieler individuell ein Einsatzlimit festlegen und zusätzlich ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nachprüfbar darlegen müssen. Beides war hier nicht geschehen. Das Gericht stellte zudem klar, dass die entsprechenden Nebenbestimmungen zur Konzession ebenso wie die Regelungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag 2021 Schutzgesetze im Sinne des § 823 Absatz 2 BGB seien. Verstöße gegen diese Schutzgesetze begründen nicht nur eine ordnungsrechtliche Verantwortung, sondern auch zivilrechtliche Schadensersatzpflichten.
Der Kläger hatte geltend gemacht, durch diese Pflichtverstöße Vermögensschäden erlitten zu haben – und zwar in Form von Einsätzen, die über die Grenze von 1.000 Euro monatlich hinausgingen. Das Gericht folgte dieser Argumentation und sprach ihm den begehrten Betrag in Höhe von 54.769,21 Euro zu. Daneben wurde die Beklagte auch zur Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten verurteilt. Die Entscheidung verdeutlicht: Auch mit Konzession bleibt ein Anbieter zur Einhaltung sämtlicher Schutzvorgaben verpflichtet. Werden diese ignoriert, haftet er zivilrechtlich für die daraus resultierenden Schäden.
Glücksspielrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung betont: „Für betroffene Spieler eröffnet dieses Urteil eine klare Handlungsoption: Auch wenn ein Anbieter über eine deutsche Lizenz verfügt, kann eine Rückforderung von Verlusten erfolgreich sein – insbesondere dann, wenn Selbstlimitierungs- oder Kontrollpflichten unterlaufen wurden. Damit gerät ein häufig vorgebrachter Einwand der Anbieter – man habe legal und konzessioniert gehandelt – in ein anderes Licht. Entscheidend ist nicht nur die Erlaubnis an sich, sondern deren konsequente Einhaltung. Genau hier bieten sich im Lichte aktueller Rechtsprechung vielfältige Angriffspunkte für eine zivilrechtliche Rückforderung.“
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