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Geldstrafe für Gina-Lisa Lohfink – Wann liegt eine falsche Verdächtigung überhaupt vor?

  • 4 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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80 Tagessätze zu je 250 Euro wegen falscher Verdächtigung, so lautet das Urteil des Berliner Amtsgerichts Tiergarten gegen Gina-Lisa Lohfink. Sie hatte zwei Männer beschuldigt, sie im Juni 2012 vergewaltigt zu haben. Von Sex gegen ihren Willen war die Richterin im nun beendeten Prozess – insbesondere aufgrund des vom Vorfall existierenden Videos – jedoch nicht überzeugt und verurteilte die 29-Jährige zu einer Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro. Beendet ist der spektakuläre Fall damit aber offenbar noch nicht. Bereits zuvor hatte das Model Berufung gegen ein sie belastendes Urteil angekündigt.

Berufung muss Fall erneut verhandeln

Eine mögliche Berufung fände vor dem Landgericht statt, das die Sache nochmals völlig neu verhandelt. Bei einer unbeschränkten Berufung kämen alle Tat- und Rechtsfragen dabei ein weiteres Mal auf den Tisch. Insbesondere die Beweismittel wie das Video, Gutachten und Zeugen würden in der Berufung grundsätzlich im selben Umfang wie schon vor dem Amtsgericht gewürdigt. Selbst neue Tatsachen kann das Gericht in der Berufung würdigen. Je nachdem, wie die Berufungsinstanz den Fall bewertet, kann es das Urteil aufheben und den Angeklagten freisprechen, es kann die Berufung aber auch als unbegründet verwerfen. Auch in diesem Fall muss es eine eigene Entscheidung treffen und darf das Urteil aus der ersten Instanz nicht einfach wiederholen. Mit einer anderen – Freiheitsstrafe statt Geldstrafe – oder höheren Strafe muss ein Angeklagter dabei jedoch nur rechnen, wenn die Staatsanwaltschaft nicht nur zu seinen Gunsten Berufung eingelegt hat.

Andere wider besseres Wissen verdächtigen

Die rechtlichen Maßstäbe für eine Verurteilung wegen falscher Verdächtigung sind verglichen mit dem Ausgang der Beweiswürdigung klarer. Geregelt ist diese Straftat durch § 164 Strafgesetzbuch (StGB). Dieser bezweckt sowohl den Schutz Unschuldiger als auch den der Ermittlungsbehörden vor unnötiger Arbeit durch die Verfolgung falscher Spuren. Anstelle einer Geldstrafe kann auch eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren wegen falscher Verdächtigung drohen.

Diese begeht jemand, wenn er einen anderen Menschen wider besseres Wissen wegen einer rechtswidrigen Tat bei einer zuständigen Behörde – z. B. der Polizei – anzeigt oder öffentlich verdächtigt und damit beabsichtigt, dass es zu behördlichen Verfahren bzw. Maßnahmen gegen den anderen kommt oder diese weiter andauern.

Die Verdächtigung kann beispielsweise im Rahmen einer Vernehmung als Zeuge, aber auch als Beschuldigter erfolgen. Das bloße Leugnen einer Straftat, um den Verdacht von sich abzulenken, reicht jedoch noch nicht für eine falsche Verdächtigung. Schließlich muss sich niemand selbst belasten und dabei auch lügen. Allerdings darf man dabei durch die Lüge keinen anderen bewusst ins Visier der Ermittler rücken, da sich daraus wieder eine falsche Verdächtigung ergeben kann. Wer andere falsch verdächtigt, um in den Genuss einer Kronzeugenregelung und damit einer Strafmilderung zu kommen, dem droht zudem ein verschärftes Strafmaß von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.

„Der war’s bestimmt“ genügt regelmäßig nicht

„Der da ist ein Verbrecher, ein Gauner oder ein Betrüger! Der wars, weil er schon immer ein falscher Hund war!“ Solche und ähnliche Aussagen genügen allein noch nicht, um einen falschen Verdacht hervorzurufen. Dennoch sind sie nicht ohne Risiko, da sie je nachdem eine strafbare Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung darstellen können.

Für eine falsche Verdächtigung muss jemand vielmehr Tatsachen ins Spiel bringen – also etwas mitteilen, das sich als wahr oder unwahr beweisen lässt. Dazu gehören Aussagen wie, „ich habe XY an diesem Abend gesehen, wie er mit einem Benzinkanister in das Haus ging und unmittelbar danach brannte es“.

Geht es nach den Gerichten, genügen auch sogenannte Beweismittelfiktionen für eine falsche Verdächtigung. Beispiele dafür sind etwa das Fälschen von Beweismitteln – wie das Verändern eines Fotos oder Schriftstücks – zulasten desjenigen, der in falschen Verdacht geraten soll. Weitere Beispiele sind das Hinterlassen entsprechender Spuren am Tatort wie DNA oder Kleidung des anderen oder ihm Beweismittel wie eine Tatwaffe oder Diebesgut in Wohnung oder Auto unterzujubeln.

Verdacht muss sich gegen konkrete Person richten

In jedem Fall muss die andere Person so genau beschrieben worden sein, dass sie die Ermittlungsbehörden identifizieren kann. Ohne Nennung einer konkreten Verdachtsperson kann aber zumindest das ebenfalls strafbare Vortäuschen einer Straftat vorliegen. Denn auch solche Schritte würden die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden erschweren. Sollten sich die Ermittlungen danach gegen eine andere Person als die richten, die man falsch verdächtigt hat, ist eine Bestrafung dennoch möglich.

Im Fall von Gina-Lisa Lohfink ergab sich die falsche Verdächtigung daraus, dass sie in der ersten Anzeige, nachdem das Video an die Öffentlichkeit gelangt war, laut der Gerichtsprecherin des Amtsgerichts Tiergarten noch davon geredet habe, dass es sich ganz klar um einvernehmlichen Sex gehandelt habe. Zwei Wochen nach dem Vorfall erfolgte dann eine zweite Anzeige über ihren Anwalt, diesmal wegen angeblicher Vergewaltigung. Das anschließende Verfahren gegen die beiden Männer wegen des Vergewaltigungsvorwurfs wurde im Mai 2014 eingestellt. Nur wegen der Verbreitung des Videos erhielten sie Geldstrafen. Gina-Lisa Lohfink selbst erhielt einen Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung über 24.000 Euro, gegen den sie Einspruch einlegte. So kam es zur nun beendeten Verhandlung vor dem Amtsgericht Tiergarten, die mit einer Geldstrafe in Höhe von 20.000 Euro endete.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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