Gericht muss erforderliche Maßnahmen ergreifen, um eine Verzögerung zu verhindern

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat auf die durch uns eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 03.04.2020 (2 AZN 1368/19) ein Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs aufgehoben, nachdem das Berufungsgericht klägerischen Vortrag in II. Instanz nicht mehr berücksichtigt hatte, weil dieser angeblich in I. Instanz verspätet erfolgt sei. Das BAG hat hierbei deutlich gemacht, dass es für die Zulassung der Revision zwar nicht ausreicht, dass das Berufungsgericht den Vortrag einer zu Unrecht nicht mehr zulässt: Anders sieht es allerdings aus, wenn es sich insoweit um eine offensichtliche Verkennung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs handelt.

Dies hat das BAG dann angenommen, wenn nicht wirklich geprüft wird, ob das Verfahren bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauert als bei seiner Berücksichtigung, wobei eine zeitliche Verschiebung der Beendigung des Verfahrens nicht nur unerheblich sein darf. Zwar sei ein Gericht gehalten, von sich aus eine Verzögerung so weit wie möglich durch prozessleitende Maßnahmen zu vermeiden; dazu gehört aber auch, dass das Gericht oder auch das Berufungsgericht zu prüfen hat, inwieweit das in diesem Fall erstinstanzliche Gericht entsprechende Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich waren, um eine Verzögerung zu vermeiden.

In dem entschiedenen Fall hatte es das Gericht fehlerhaft unterlassen, die von der beweisbelasteten Klägerin benannte Zeugin zum Termin, der zweieinhalb Wochen später stattfinden sollte, zu laden und hat bei der Beklagten nur angefragt, ob die Zeugin zum Termin erscheinen könnte. Dass die Beklagte dann relativ spät und knapp vor dem Termin mitgeteilt hat, dass die Zeugin nicht erscheinen wird, ist dann unerheblich, wenn durch sofortige und rechtzeitige Ladung u.U. hätte erreicht werden können, dass die Zeugin zu dem vorgesehenen Termin zur Verfügung gestanden hätte. Damit ist einmal mehr festgestellt, dass es sich dann um eine erhebliche Verletzung rechtlichen Gehörs handelt, wenn ein Gericht nicht die notwendigen Maßnahmen ergreift, um eine Verzögerung der Erledigung des Prozesses zu verhindern. Richtigerweise hätte dann eben auch das Berufungsgericht das Vorbringen berücksichtigen und die Zeugin laden müssen.

Hiervon hatte das Landesarbeitsgericht zu Unrecht abgesehen, mit der Folge, dass das Bundesarbeitsgericht das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hat. Das BAG hat damit deutlich gemacht, dass das Landesarbeitsgericht genau prüfen muss, ob tatsächlich eine Verzögerung eintritt und – wenn es dies verneint –dann nicht von einer Nichtberücksichtigung des Vorbringens und des Beweisantritts ausgehen darf, sondern vielmehr gehalten ist, auch im Berufungsverfahren dem Beweisangebot nachzugehen.

Nachdem mehr als 90 % aller Nichtzulassungsbeschwerden erfolglos bleiben, macht die Entscheidung in der Tat deutlich, dass bei Verletzung entscheidungserheblicher Verfahrensgrundrechte nach wie vor gute Chancen bestehen, mit dem Rechtsmittel Erfolg zu haben und die Sache einer erneuten Verhandlung und Entscheidung zuführen zu können oder aber zugleich eine anderweitige Entscheidung herbeizuführen. Häufig bietet dies auch die Möglichkeit, wieder in die Verfahren hineinzukommen und dann zu einer entsprechenden Einigungsmöglichkeit zu gelangen. Keineswegs sollten Betroffene also von vornherein nach dem Scheitern in der Berufungsinstanz davon ausgehen, dass keine Möglichkeit mehr besteht. Innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist ist es sehr wohl möglich zu prüfen, ob es Sinn macht, Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen und diese dann erfolgreich auf den Weg zu bringen.

Unser Fachanwalt für Arbeitsrecht Erich Hünlein steht als Ihr Ansprechpartner für den Bereich des Arbeitsrechts auch für die schwierigen Fragen, wie z.B. der Nichtzulassungsbeschwerde und des Revisionsrechts, jederzeit gern zur Verfügung.


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