Geschäftsführer/innenhaftung: Zahlungsverbote- privilegierte Zahlungen, Haftung und Absicherung

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Der/Die Geschäftsführer/in benötigt nicht nur für die GmbH ein Krisenmanagement, sondern auch für sich ein Risikomanagement und eine D&O-Versicherung und einen ehrlichen, kompetenten und erfahrenen Berater, um persönliche Haftungsrisiken zu vermeiden. 


Was sind die Grundlagen der Geschäftführerinnnehaftung?

1. Wer kommt für eine Haftung in Betracht?
Alle Geschäftsführer von GmbH ´s.
Geschäftsführer darf jede natürliche volljährige geschäftsfähige Person sein, die nicht durch § 6(2) GmbH von der Geschäftsleitung ausgeschlossen ist.
Auch Liquidatoren und faktische Geschäftsführer können haften bei Pflichtverletzungen.

2. Welche Pflichten bestehen?
a) Anmeldung der GmbH zum Handelsregister
b) Abführung der Sozialversicherungsbeiträge
c) Organisation der ordnungsgemäßen Buchführung und ordnungsgemäße Erstellung der Jahres-abschlüsse
d) Erfüllung steuerlicher Pflichten  
e) Treuepflicht und Wettbewerbsverbot gegenüber der Gesellschaft
f) Insolvenzeinleitung bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes, nachdem ein Sanierungsversuch innerhalb der Drei- Wochenfrist gescheitert oder nicht erfolgversprechend ist
g) Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement  gemäß § 1 StaRUG

Die Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zur Krisenabwehr ist neu in § 1 StaRUG gesetzlich geregelt worden. Die Geschäftsleiter müssen fortlaufend über Entwicklungen wachen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden. Sie müssen beim Erkennen geeignete Maß-nahmen zur Abhilfe ergreifen.
Der Geschäftsführer einer GmbH muss stets über die wirtschaftliche Lage der GmbH Bescheid wissen. Hat er nicht die erforderlichen Kenntnisse, muss er sich fachkundig beraten lassen, vgl. BGH. Der Geschäftsführer hat daher diesbezüglich Organisationspflichten.

3. Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG a.F bzw. § 15 b InsO wegen des Verstoßes gegen das Zahlungsverbot
a) Ausgangspunkt
Ausgangspunkt der Haftung ist eine Pflichtverletzung des Geschäftsführers.
Bei einer Insolvenzreife muss der Geschäftsführer die Insolvenz einleiten.
b) Zahlungsunfähigkeit:
aa) Definition
Eine GmbH ist zahlungsunfähig, wenn sie nicht in der Lage ist fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, § 17(2) InsO.
bb) Zahlungsstockung
Von der Zahlungsunfähigkeit ist die Zahlungsstockung abzugrenzen.
Eine Zahlungsstockung liegt vor, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen drei Wochen erforderlich- aber auch ausreichend.
c) Sorgfaltspflicht
Der Geschäftsführer muss die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes einhalten , § 43 (1) GmbHG. Wenn er kein System zur Krisenfrüherkennung und zur - abwehr installiert, liegt eine Pflichtverletzung vor. Eine Haftung setzt noch einen dadurch kausal verursachten Schaden voraus.
d) Entlastung
Der Entlastungbeweis für eine erlaubte Zahlung obliegt dem Geschäftsführer.
Solange die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs vertretbar ist, ist jede Zahlung privilegiert, die für die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs förderlich ist.  

4. Zahlungen in der Krise: Verbotene und privilegierte Zahlungen
Die Zulässigkeit oder das Verbot von Zahlungen, die in der Krise oder Insolvenz vorgenommen werden, ist  in § 15a und § 15 b InsO geregelt. 

Von dem Verbot der §§ 15a, 15b InsO sind privilegierte Zahlungen (Zahlungen im ordnungs-gemäßen Geschäftsgang, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen) ausgenommen.

Erlaubt sind Zahlungen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang in der Antragsfrist. Dazu gehören Zahlungen zur Fortführung des Unternehmens  (BGH 21.5.2019 II ZR 337/17).


Die Privilegierung zu Gunsten des Geschäftsführers gilt nicht, wenn die Zahlungen im Zeitraum der Insolvenzverschleppung geleistet wurden - also keine Privilegierung bei Insolvenz-verschleppung. 

Für die alte Regelung des Zahlungsverbots in § 64GmbHG a.F. entschied der Bundesgerichtshof, dass Zahlungen als Gegenleistungen für Dienstleistungen regelmäßig nicht als privilegiert anzunehmen sind (BGH Urteil vom 04.07.2017 II ZR 319/15; ZIP 2017, 1619 Rn. 18). Ebensowenig besteht keine Privilegierung bei der Anschaffung geringwertiger Verbrauchsgüter (BGH, Urteil vom 4./.2017, II ZR 319/15)

5. Haftungshöhe
a) Verbotene Zahlungen sind in Höhe der geleisteten verbotswidrigen Zahlungen zu erstatten, § 15b(4) S.1 InsO.
b) Eine Ersatzpflicht des Geschäftsführers für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife besteht nicht, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in  einem unmittelbaren Zusammenhang ( BGH Urteil vom 04.07.2017 II ZR 319/15) bzw durch Zufluss eines ausgleichenden Vermögenswertes ausgeglichen wird, RGZ 159, 211, 229 ff.  
c) Die Eingehung neuer Verbindlichkeiten ist keine Zahlung (BGH vom 18.11.2014 II ZR 231/13). 

6. Deckung durch die D&O Versicherung?
Der Anspruch nach § 15 b(4) InsO ist ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz  für den eine D&O Versicherung grundsätzlich einstehen muss/müsste.
Bei einer wissentlichen Pflichtverletzung kann der Geschäftsführer den Versicherungschutz verlieren. 

7. Eigenverwaltung
Bei der Eigenverwaltung gilt auch der Gläubigerschutz und §§ 60, 61 InsO entsprechend, vgl. BGH, Urteil vom 26.4.208 IX ZR 238/17 

8. Sonstiges

a) Gläubigerschutz durch die  Massesicherungs- und Marktaustrittspflicht  des Geschäftsführers über:
§ 64 Satz 1 GmbH aF.,  § 15 b InsO; § 823 (2) BGB iVm § 15 a InsO, § 826 BGB sittenwidrige Gläubigerschädigung. 

b) Schutz vor der Insolvenzreife durch § 1 StaRUG (setzte Art 19  der Europäischen Restrukturierungsrichtlinie um).

c) Pflichtenkollision 
Eine Pflichtenkollision zwischen Massesicherungspflicht und Erfüllung gesetzlicher Pflichten ist in § 15b(8) InsO geregelt. 

So besteht laut BFH eine Abführungspflicht auch nach Antragstellung, BFHE 222, 228. 

d) Verjährung
Die Verjährung  beträgt 5 Jahre gemäß § 64 Satz 4 GmbHG, § 43(4) GmbHG



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Hermann Kulzer MBA
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Wirtschaftsmediator (uni DIU)


Kulzer@pkl.com

 
 




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