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Gesetzesänderungen im Oktober 2020: Kinderbonus, Reisewarnung, Insolvenzantragspflicht und mehr

  • 7 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
Gesetzesänderungen im Oktober 2020: Kinderbonus, Reisewarnung, Insolvenzantragspflicht und mehr
  • Krankenkassenzuschuss für Zahnersatz steigt
  • Auszahlung der zweiten Kinderbonusrate von 100 Euro erfolgt
  • Automatische Reisewarnungen für Risikogebiete
  • Ausgesetzte Insolvenzantragspflicht endet für Fall der Zahlungsunfähigkeit
  • Antrag auf geänderte Überbrückungshilfe wird möglich
  • Zugang zur Grundsicherung bleibt weiterhin vereinfacht
  • Zuschlagszahlung für Botendienste von Apotheken endet
  • Bund muss Radwege auf Bundesfernstraßen-Brücken berücksichtigen
  • Neue Approbationsordnung für Zahnärzte tritt in Kraft
  • Sprachkenntnisse aus religiösen Gründen beschäftigter Ausländer
  • Ausnahmeregelung für ausländische Auszubildende endet
  • Schengen-Visa-Inhaber benötigen Aufenthaltstitel
  • Neue Meldepflichten bei Immobiliengeschäften zur Geldwäschebekämpfung

Mehr Zuschuss für Zahnersatz

Gesetzlich Krankenversicherte können ab Oktober zehn Prozent mehr Zuschuss für Zahnersatz erhalten. Die Kosten für Brücken, Kronen, Implantate und andere Leistungen verringern sich dadurch. Statt 50 Prozent übernimmt die Krankenkasse künftig einen Anteil von 60 Prozent der Kosten. Grundlage für die Berechnung des Zuschusses sind jedoch nicht immer die tatsächlichen Kosten. Maßgeblich ist in der Regel nur der Betrag nach der sogenannten Regelversorgung und damit eine günstige Lösung.

Wer Untersuchungen in den letzten zehn Jahren nachweist, erhält ab Oktober bis zu 75 Prozent. Beim Nachweis in den letzten fünf Jahren beträgt der Zuschuss dann bis zu 70 Prozent. Zum Nachweis dient das Bonusheft. Ausnahmsweise genügen kann künftig auch eine erkennbare regelmäßige Pflege, wenn es bei den Untersuchungen in den letzten zehn Jahren vor Behandlungsbeginn eine einmalige Unterbrechung gab. In Härtefällen kann der Zuschuss bei einer unzumutbaren Belastung wie bisher 100 Prozent betragen.

Zweite Rate des Kinderbonus wird ausgezahlt

Im Oktober wird die zweite Rate des Kinderbonus ausgezahlt. Nach der ersten im September ausgezahlten Rate von 200 Euro werden nochmals 100 Euro für jedes im September 2020 kindergeldberechtigte Kind ausgezahlt. Für Kinder, die zumindest in einem anderen Monat im Jahr 2020 kindergeldberechtigt waren oder noch werden, kann die Zahlung des Kinderbonus später erfolgen. Wie sich dieser auf Unterhaltszahlungen auswirkt, zeigt dieser Rechtstipp von Rechtsanwalt Dennis Biel.

Risikogebiet bedeutet zugleich Reisewarnung

Ab Oktober gilt für Corona-Risikogebiete automatisch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für nicht notwendige, touristische Reisen. Als Risikogebiete gelten aufgrund steigender Infektionszahlen insbesondere auch immer mehr europäische Länder und Landesteile, wie zuletzt Tschechien, Luxemburg und das österreichische Bundesland Tirol. Die rechtlichen Auswirkungen einer Reisewarnung erläutert dieser Rechtstipp von Rechtsanwältin Lena Elisabeth Telioridis.

Insolvenzantragspflicht gilt teilweise wieder

Die bis Ende September ausgesetzte Insolvenzantragspflicht endet teilweise. Geschäftsführer, Vorstände und andere Organe juristischer Personen müssen im Falle der Zahlungsunfähigkeit ab Oktober wieder unverzüglich Insolvenz beantragen. Als zahlungsunfähig gilt ein Unternehmen, das mit seinen liquiden Mitteln seine in den nächsten drei Wochen fälligen Verbindlichkeiten zu weniger als 90 Prozent begleichen kann. Bei nicht oder zu spät gestelltem Insolvenzantrag drohen strafrechtliche Folgen mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Außerdem besteht das Risiko einer persönlichen Haftung gegenüber Gläubigern, Gesellschaft und dem Staat. Betroffene sollten sich deshalb unbedingt anwaltlich beraten lassen. 

Nur für den Fall einer Überschuldung wurde die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende 2020 verlängert. Eine Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, die Passiva also die Aktiva in der Bilanz überschreiten. Die Chancen einer Unternehmensfortführung sind dabei höher als bei einer Zahlungsunfähigkeit.

Überbrückungshilfe geht in zweite Phase bis Ende 2020

Die zunächst nur bis Ende September 2020 für die Fördermonate Juni bis August 2020 vorgesehene Überbrückungshilfe für besonders von der Coronakrise betroffene Unternehmen wird ab Mitte Oktober in einer zweiten Phase für die Fördermonate September bis Dezember 2020 fortgesetzt. Die Antragsfrist für die Überbrückungshilfe in der ersten Phase wurde nun zudem kurzfristig vom 30. September auf den 9. Oktober verschoben. Die anschließend bald möglichen Anträge auf Überbrückungshilfe in der zweiten Phase sollen dann bis Jahresende möglich sein.

In der zweiten Phase ändert sich Folgendes: 

  • Unternehmen und Organisation sind antragsberechtigt, die einen Umsatzeinbruch von mindestens 50 Prozent in zwei zusammenhängenden Monaten von April bis August 2020 gegenüber den jeweiligen Vorjahresmonaten hatten. 
  • Alternativ berechtigt zum Antrag auch ein Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent im Durchschnitt von April bis August 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Die Überbrückungshilfe übernimmt abhängig vom Umsatzeinbruch einen Teil der betrieblichen Fixkosten.

Umsatzrückgang im Fördermonat zum Vorjahresmonat
Erstattung durch Überbrückungshilfe
Zwischen 40 Prozent und unter 50 Prozent (in 2. Phase bereits bei mind. 30 Prozent Umsatzeinbruch)
40 Prozent der Fixkosten
Zwischen 50 Prozent und 70 Prozent
50 Prozent der Fixkosten (in 2. Phase 60 Prozent der Fixkosten)
Mehr als 70 Prozent
80 Prozent der Fixkosten (in 2. Phase 90 Prozent der Fixkosten)

Die KMU-Deckelungsbeträge für Unternehmen mit bis zu fünf Mitarbeitern von 9.000 Euro bzw. mit bis zu zehn Mitarbeitern von 15.000 Euro entfallen künftig. Sie können dann ebenfalls den Maximalbetrag von bis zu 50.000 Euro Überbrückungshilfe erhalten. Die Personalkostenpauschale von 10 Prozent der förderfähigen Kosten wird auf 20 Prozent erhöht. Bei der Schlussabrechnung sollen künftig Nachzahlungen ebenso möglich sein wie Rückforderungen.

Wichtig: Anträge auf die geänderte Überbrückungshilfe können erst ab dem aktuell noch nicht genau mitgeteilten Antragszeitpunkt Mitte Oktober gestellt werden. Es gilt eine klare Trennung zwischen den jeweiligen Überbrückungshilfen. Wer noch die frühere Überbrückungshilfe beantragen will, muss dies bis einschließlich 9. Oktober erledigen. Anträge sind in allen Fällen wie bisher nur mit Hilfe von Angehörigen bestimmter Berufe möglich, zu denen unter anderem Rechtsanwälte und Steuerberater zählen.

Studenten-Überbrückungshilfe endet

Die Überbrückungshlife für Studenten wird nicht verlängert. Die Antragsfrist bis Ende September läuft aus. Aufgrund von 135.000 Anträgen wurden rund 60 Millionen Euro an Studenten gezahlt, von denen viele ihre Nebenjobs infolge der Corona-Pandemie verloren haben.

Vereinfachter Zugang zur Grundsicherung verlängert

Der infolge der Corona-Pandemie vereinfachte Zugang zur Grundsicherung gilt auch über das ursprünglich vorgesehene Ende zum 30. September hinaus. Die Bundesregierung hat die zugrundeliegende Verordnung verlängert. Die Ausnahmeregeln, die von der Krise betroffenen Selbstständigen helfen sollen, gelten danach bis zum 31. Dezember 2020. Über den Erhalt von Grundsicherung und Hartz IV informiert der Ratgeber „Corona-Krise und Arbeitslosigkeit/Hartz IV – was jetzt gilt!“.

Kein Zuschlag mehr bei Botendienst für Apotheken

Eine für Apotheken infolge der Corona-Pandemie getroffene Regelung gilt ab Oktober nicht mehr. Sie konnten danach seit 22. April für die Abgabe von Arzneimitteln per Botendienst je Lieferort und Tag fünf Euro plus Umsatzsteuer, insgesamt also 5,95 Euro verlangen. Die Botendienste sollten Apothekenbesuche und damit das Infektionsrisiko minimieren. Zugleich sollte der damit verbundene Aufwand für die Apotheken wirtschaftlich bleiben.

Fahrradwege auf Straßenbrücken

Betriebswege auf Brücken von Bundesautobahnen und von als Kraftfahrstraßen ausgewiesenen Bundesstraßen müssen sich bei Bedarf auch für den öffentlich Radfahrverkehr eignen. Diese Anforderung muss der Bund künftig im Rahmen seiner Straßenbaulast nach dem Bundesfernstraßengesetz berücksichtigen. Die Regelung soll besonders die Verbindung von Radwegen vereinfachen, die an Flüssen verlaufen.

Neue Approbationsordnung für Zahnärzte

Die Approbationsordnung für Zahnärzte stammt im Wesentlichen noch aus dem Jahr 1955. Sie regelt ihre Zulassung und die Ausbildung. Ab Oktober tritt nun eine entscheidend geänderte Approbationsordnung in Kraft. Zur geplanten Verschiebung um ein Jahr wegen der Corona-Pandemie kommt es deshalb nicht. Allerdings gelten die neuen Ausbildungsregeln erst für angehende Zahnärzte, die ihr Zahnmedizinstudium ab Oktober 2021 beginnen. Folgendes ist neu in ihrer Ausbildung:

  • Mehr humanmedizinische Aspekte im Studium der Zahnmedizin
  • Gleiche Physikumsprüfung wie für Humanmedizinstudenten nach vier Semestern
  • Bessere Ausbildung in Prävention, Therapie und Erhaltung sowie im Strahlenschutz
  • Neuer Querschnittsbereich "Wissenschaftliches Arbeiten“
  • Mehr Lehrende für Studenten im praktischen Studienabschnitt

Spezielle Zugangsregeln für religiös beschäftigte Ausländer

Die Beschäftigungsverordnung regelt den Zugang von Ausländern zum deutschen Arbeitsmarkt. Ab Oktober gelten genauere Anforderungen für die deutschen Sprachkenntnisse von Personen, die vorwiegend aus religiösen Gründen beschäftigt werden sollen. Dazu zählen insbesondere Geistliche. Benötigen sie ein Visum bei längerem Aufenthalt, müssen sie innerhalb eines Jahres einfache deutsche Sprache nachweisbar beherrschen.

Ausnahmeregelung für ausländische Auszubildende endet

Eine Übergangsregelung für Ausländer bei der Aufnahme einer Berufsausbildung gilt nur noch, wenn sie die Ausbildung bis zum 1. Oktober 2020 aufnehmen. In diesen Fällen wird vom Besitz einer Duldung aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen abgesehen, wenn sie vor 2017 ins Bundesgebiet eingereist sind. Die Duldung setzt die Abschiebung vorübergehend aus.

Schengen-Visa-Inhaber benötigen Aufenthaltstitel

Die seit Anfang Juli 2020 geltende Befreiung von einem Aufenthaltstitel für Schengen-Visa-Inhaber, die sich im Bundesgebiet aufhalten oder durchreisen, endet ab Oktober. Die Regelung war für Visainhaber geschaffen worden, deren Visa ablief, während sie aufgrund der Corona-Pandemie in Deutschland festsaßen.

Meldepflichten bei Immobiliengeschäften

Die Geldwäschegesetzmeldepflichtverordnung-Immobilien verpflichtet insbesondere Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zur Meldung bestimmter Immobiliengeschäfte an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Meldepflichtige Sachverhalte bestehen bei einem Bezug zu Risikostaaten oder Sanktionslisten, einer fragwürdigen Stellvertretung, Auffälligkeiten bei den am Erwerb beteiligten Personen sowie beim Preis oder einer Kauf- oder Zahlungsmodalität. Beispiele für Letztere sind die Zahlungen von mehr als 10.000 Euro in bar oder in Edelmetallen sowie generell mittels Kryptowährungen.

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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