Google Fonts: die echten Datenschützer und die Pseudo-Datenschützer

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In der Geschichte rund um die massenhaft versandten Abmahnungen wegen der Nutzung von Google Fonts gibt es eine neue Wendung: Einer der Abmahner suchte die Nähe zu dem Verein Deutsche Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) und wollte offenbar einen Teil seiner Einnahmen spenden, um seinem Vorgehen den Anschein eines seriösen Handelns zu geben. Die Datenschützer des DVD hatten allerdings keine Lust, sich instrumentalisieren zu lassen und haben die Spende daher mit Recht deutlichen Worten zurückgewiesen.

Hintergrund: massenhafte Abmahnungen wegen der Nutzung von Google Fonts

Seit einiger Zeit machen verschiedene Abmahner (zum Teil mit eigenen Schreiben zum Teil mit anwaltlichen Schreiben) mit massenhaft versandten Schreiben per Abmahnung Zahlungsforderungen wegen der Nutzung von Google Fonts geltend. Über die entsprechende datenschutzrechtliche Problematik und die hier in der Kanzlei vorliegenden Fälle hatte ich hier bereits berichtet:

https://www.internetrecht-rostock.de/abmahnung-google-fonts.htm

In den meisten Fällen geht es offenbar nur um Geld

In den meisten mir vorliegenden Fällen bestehen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass die Webseiten ausschließlich zu dem Zweck aufgesucht worden sind, um einen Datenschutzverstoß durch die dynamische Einbindung von Google Fonts dokumentieren zu können und anschließend mit einer Abmahnung datenschutzrechtliche Ansprüche geltend machen zu können. Für mich drängt sich der Verdacht auf, dass es vielen Abmahnern schlichtweg um Geld geht. Die Beträge sind in den einzelnen Fällen zwar recht überschaubar. Berücksichtigt man die Vielzahl der Fälle, dann kann man nach meiner Auffassung durchaus von einem Geschäftsmodell sprechen. Daher habe ich für meine Mandanten in einer Vielzahl von Fällen gegenüber verschiedenen Abmahnern die Forderungen wegen Rechtsmissbrauch zurückgewiesen.

Einer der Abmahner möchte seriös erscheinen und Geld spenden

Tja, erst massenhaft Abmahnschreiben versenden, dann einem seriösen Verein von Datenschützern Geld spenden wollen. Das wirkt auf mich ein wenig wie der Griff nach der Notbremse. Und die Datenschützer vom DVD sehen das offenbar ähnlich. In einer Pressemitteilung des Vereins vom 04.10.2022 finden sich klare Worte (Zitat):

DVD weist Spende aus rechtsmissbräuchlicher Google-Fonts-Abmahnung zurück

Pseudo-Datenschützer instrumentalisieren Bürgerrechtsverein

Am 28. September erreichte die Geschäftsstelle der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) eine ungewöhnliche E-Mail, in der nach der Kontonummer des DVD-Spendenkontos gefragt wurde. Am nächsten Tag landeten 3060 € eines Martin Ismail aus Hannover auf dem Konto der als gemeinnützig anerkannten Bürgerrechtsorganisation, die sich seit über 40 Jahren für mehr Datenschutz engagiert, verbunden mit einer weiteren E-Mail, man möge bitte eine Spendenquittung ausstellen, so dass diese Spende steuerlich abgesetzt werden kann.

Eine Recherche der DVD ergab, dass sich hinter der „Spende“ eine „Interessengemeinschaft Datenschutz“ (IG Datenschutz) verbirgt, die sich auf ihrer Webseite https://igdatenschutz.de der DVD-Spende rühmte mit der Behauptung, die DVD verfolge „ein sehr ähnliches Ziel wie die IG Datenschutz, weswegen wir mit Spenden ihr Arbeit unterstützen möchten“ (Rechtschreibfehler im Original).

Eine Internetsuche ergab, dass die „IG Datenschutz“ sich das überwiesene Geld von hunderten, vielleicht sogar tausenden Webseitenbetreibern erpresst hatte, die – wohl in datenschutzrechtlicher Unkenntnis – auf ihrer Seite Google-Fonts, ein Schriftartenangebot, als Cloud-Angebot eingebunden hatten. Ismail und sein Rechtsanwalt Kilian Lenard aus Berlin mahnen seit August massenhaft Webseitenbetreiber ab und fordern von ihnen z.B. 170 € Schadenersatz dafür, dass durch den Webseitenbesuch die personenbezogenen Daten von Herrn Ismail unzulässigerweise in die USA übermittelt worden seien. Gerechtfertigt wird die Forderung mit einem Gerichtsurteil, das einem Betroffenen in solch einem Fall einen Schadenersatz von 100 € zusprach.

Dieses offenbar höchst erfolgreiche Geschäftsmodell versucht die „IG Datenschutz“ nun durch publikumswirksame Spenden – nicht nur für die DVD, sondern auch für den „Deutschen Kinderverein e.V.“ – reinzuwaschen. Hinter der „IG Datenschutz“ verbirgt sich offenbar nichts anderes als der Herr Ismail und sein Berliner Rechtsanwalt mit einigen Mitstreitern. Die DVD reagierte umgehend und teilte der „IG Datenschutz“ mit, dass die Spende zurückgewiesen werde. Sie forderte die „IG Datenschutz“ auf, die ehrverletzende Aussage, die DVD verfolge ein „sehr ähnliches Ziel“, umgehend von der Webseite zu beseitigen.

Richtig ist, dass sich die DVD auch im internationalen Datenverkehr mit den USA für das Datenschutzgrundrecht einsetzt und deshalb die rechtlich fragwürdige Einbindung von US-Angeboten auf europäischen Webseiten (wie die besagte Einbindung von Google Webfonts als Cloud-Angebot) kritisiert.

DVD-Vorstandsmitglied Thilo Weichert: „Die DVD lehnt das als erpresserisch empfundene Vorgehen der ‚IG Datenschutz‘ ab. Hiermit wird das Anliegen des Datenschutzes diskreditiert; getroffen werden ‚die Kleinen‘ und im konkreten Fall nicht Google, das sich mit dem Schriftartendienst ‚Google Fonts‘ weltweit auf illegale Weise Daten der Webseitenbesucher besorgt, mit denen sein globales Werbenetzwerk versorgt wird.“

DVD-Vorsitzender Frank Spaeing ergänzt: „Wir raten Abgemahnten dringend zu überlegen, ob sie auf die Forderungen des Duos Ismail-Lennard eingehen wollen. Deren Forderungen scheinen rechtsmissbräuchlich. Wir raten aber ebenso den Abgemahnten auf ihrer Webseite die Online-Google-Fonts (sowie alle anderen rechtswidrig eingebundenen Dienste) zu deaktivieren.“

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für IT-Recht und zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV) bei Internetrecht-Rostock.de ständig Online-Händler und Webseiten-Betreiber unter anderem zu datenschutzrechtlichen Fragen.

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Andreas Kempcke

Rechtsanwalt 

Fachanwalt für IT-Recht

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