Grundsatzurteil des BGH zur Berufsunfähigkeitsversicherung – Urteil vom 20.12.2017 (Az. IV ZR 11/16)

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Die Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in der oben genannten Entscheidung dazu Stellung bezogen, inwiefern die Versicherung bei der Prüfung einer Rentenleistung wegen Berufsunfähigkeit die bisherige Lebensstellung des Versicherten einzubeziehen hat. Der BGH stellt dabei klar, dass insbesondere die Fähigkeiten und Erfahrungen zu berücksichtigen sind, die der zuletzt ausgeführte Beruf mit sich bringt. Im Ergebnis kann auch dann ein Anspruch des Versicherten auf Leistung einer BU-Rente bestehen, wenn durch einen Wechsel des Berufs sogar ein höheres Einkommen als zuvor erzielt wird.

Der Fall

Der Kläger des zu entscheidenden Falls war ursprünglich zum Landmaschinenmechaniker ausgebildet worden und war in diesem Beruf von 1994 bis 2000 tätig. Der Schwerpunkt lag zuletzt bei Metallarbeiten und konkret einer Tätigkeit im Hufbeschlag. Nach einer Weiterbildung war der Kläger anschließend noch mehrere Jahre im selben Bereich selbständig tätig. Er musste diese Tätigkeit aber später aus gesundheitlichen Gründen wegen Problemen an den Lendenwirbeln und der Schulter beenden.

Im Jahr 2011 wurde ärztlicherseits eine teilweise Berufsunfähigkeit bescheinigt. Die Versicherung verweigerte jedoch die Leistung und argumentierte, der spätere Kläger könne auf eine Tätigkeit als Maschinenführer verwiesen werden. In der Tat übte frühere Hufschmied auch bereits genau eine solche Tätigkeit im Garten- und Landschaftsbau aus und verdiente hierbei sogar besser, als dies zuvor als Hufschmied der Fall gewesen war.

Die bei der Ablehnung der Rentenleistung für die Versicherung ausschlaggebende Formulierung der einschlägigen Vertragsbedingungen lautete: 

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.“

Der BGH sah dies aber schließlich anders als die Versicherung.

Die Begründung

Bei der Prüfung, inwieweit der Versicherer einen Versicherungsnehmer auf eine andere Tätigkeit verweisen kann, ist grundsätzlich die „bisherigen Lebensstellung“ des Versicherten zu beachten. Diesen Grundsatz hat der BGH für den geschilderten Fall konkretisiert und klargestellt, dass ein Berufsunfähigkeitsversicherer eine BU-Rente nicht deshalb verweigern darf, weil eine neue Tätigkeit ein höheres Einkommen mit sich bringt. Für die Bewertung, ob der Vergleichsberuf als geringwertiger anzusehen ist, muss vielmehr vordringlich darauf abgestellt werden, ob die neue Tätigkeit deutlich geringere Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert als der bisherige Beruf. Dies war aus Sicht des BGH vorliegend der Fall.

Die Vorinstanzen hatten die Klage des Hufschmieds noch abgewiesen. Nach dem Erfolg vor dem BGH wurde die Sache zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

Rechtsanwalt Dr. Jan-Hendrik Simon

Hannover


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