Haben Großeltern ein Recht, ihren Enkel zu sehen?

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Trennen sich Eltern minderjähriger Kinder, stellt sich oftmals auch für übrige Angehörige die Frage, wie mit der Situation umzugehen ist. Die im Zuge der Trennung vorhandenen Differenzen zwischen den Eltern wirken sich insofern nicht selten auch zulasten der Großelternteile aus, indem insbesondere von einem Elternteil ein weiterer Umgang abgelehnt oder mutwillig eingeschränkt wird.

Der Elternteil des ehemaligen Partners wird diesem oftmals gleichgesetzt und als „feindliches“ Lager abgelehnt mit der Folge, dass der Kontakt zu diesem Großelternteil abbricht. Aber auch ohne Trennung der Eltern stellt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit die Großeltern ein Recht auf Umgang mit dem Enkel haben, wenn die Eltern einen solchen ablehnen.

Grundsätzlich normiert § 1685 BGB ein Umgangsrecht der Großeltern. Allerdings ist dieses nicht mit dem Umgangsrecht gleichzusetzen, welches einem Elternteil im Rahmen einer Trennung zusteht:

Trennen sich Eltern, sind diese vielmehr zum Umgang mit ihrem Kind berechtigt und verpflichtet, da zunächst von Gesetzes wegen vermutet wird, dass der Umgang dem Kindeswohl dient. Verweigert ein Elternteil mutwillig diesen Umgang, kann er zu diesem durch ein Gericht einerseits gerichtlich verpflichtet werden, andererseits – bei schwerwiegenden Fällen – sogar sein Sorgerecht verlieren.

Der Umgang eines Elternteils mit dem Kind wird mithin als dem Kindeswohl dienend angesehen, weshalb eine Beschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs nur dann angeordnet wird, wenn eine Kindeswohlgefährdung aufgrund entsprechenden Vortrags im Raum steht bzw. sodann seitens eines Gerichts angenommen wird.

Bei dem Verhältnis von Großeltern zu Enkeln verhält es sich anders herum. Die reine Verwandtschaft begründet keine Annahme eines dem Kindeswohl entsprechenden Umgangs und daraus resultierendes Recht.

Hier soll ein Umgang vielmehr nur dann angeordnet werden, wenn dieser dem Kindeswohl explizit dient. Die Annahme erfolgt mithin nicht automatisch, sondern muss vielmehr unter Darlegung der verschiedenen Aspekte im Einzelnen dargelegt und sodann durch ein Gericht positiv festgestellt werden.

Es muss in solchen Fällen mithin im Einzelnen vorgetragen werden, weshalb ein regelmäßiger Umgang für den Enkel in positiver Hinsicht wichtig ist.

Dies können enge Verbindungen und Übungen in der Vergangenheit sein, wie beispielsweise regelmäßige Wochenenden, Nachmittage, besuchte Veranstaltungen oder Urlaube, die der Enkel mit den Großeltern verbrachte. Gerade im Rahmen einer Trennung der Eltern und damit verbundenen Verlusten kann die Aufrechterhaltung solcher gewohnten Verbindungen dem Kindeswohl als hilfreiche Konstante dienen, die Trennung der Eltern besser zu verarbeiten.

Sofern – in der Regel – ein Elternteil im Zuge der Trennung den Kontakt zu einem Großelternteil ablehnt, da die Probleme mit dem Partner auf dessen Elternteil projiziert werden, ist mithin darauf zu achten, die positiven Auswirkungen eines Fortbestandes des Umgangs für das Enkelkind im Zuge eines gerichtlichen Antrages hervorzuheben.

Unabhängig davon, ob sich die Eltern getrennt haben oder nicht, stellen sich insbesondere solche Fälle problematisch dar, in denen verbitterter Streit zwischen den Eltern/-teils und den Großeltern besteht.

Hierzu hat beispielsweise das OLG Oldenburg am 23.10.2017 (Az. 3 UF 120/17) beschlossen, dass Großeltern nur dann ein Umgangsrecht haben, wenn dies dem Wohl des Enkelkindes dient, also seiner Entwicklung förderlich ist.

Im dortigen Fall war dies nicht gegeben, da die Großeltern dermaßen mit den Kindeseltern respektive der Kindesmutter verstritten waren, dass bei einem Umgang mit den Enkeln ein Loyalitätskonflikt der Kinder zu erwarten war.

Die Großeltern hatten sich in diesem Fall recht kompromisslos verhalten und einen zunächst in Anwesenheit der Mutter begleiteten Umgang abgelehnt. Überdies äußerten sie sich über die Mailbox dahingehend, dem Kind „die Wahrheit“ zu sagen und der Kindesmutter niemals zu verzeihen; überdies zweifelten sie die Erziehungsfähigkeit der Mutter generell an.

Bei einem solch eklatantem Zerwürfnis zwischen Eltern und Großeltern hielt das Gericht aufgrund des absehbaren Loyalitätskonfliktes des Kindes einen Umgang für nicht förderlich für das Kindeswohl und wies den Antrag auf Umgang zurück.

Insbesondere hat der Bundesgerichtshof am 12.07.2017 (Az. XII ZB 350/16) einen Umgang für den Fall abgelehnt, dass die Großeltern die Erziehungskompetenz der Eltern dadurch infrage stellen, dass sie gegenüber dem Jugendamt die Eltern der seelischen Misshandlung der Kinder bezichtigen.

Als Fazit kann mithin gesagt werden, dass, auch wenn der Umgang der Großeltern mit dem Enkel gesetzlich verankert ist, dieser gerichtlich nur dann durchsetzbar ist, wenn der Nachweis erbracht wird, dass dieser dem Kindeswohl auch dient. Eine automatische Annahme aufgrund reiner Verwandtschaft scheidet aus.

Wer einen solchen Antrag stellen möchte, sollte sich mit emotionalen Äußerungen und Bezichtigungen gegenüber den Eltern zurückhalten und tunlichst allein auf das Kindeswohl fixieren, denn es wird im Rahmen der Rechtsprechung letztlich nicht differenziert, wer für den Konflikt ursprünglich verantwortlich war. Im Sinne des Kindeswohls wird vielmehr dem Kind erspart, sich in einen derartigen Konflikt begeben und damit auseinandersetzen zu müssen.


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