Häufige Rechtsirrtümer bei Verkehrsunfällen (Folge 1)

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Ein gängiger Rechtsirrtum des Volksmunds im Zusammenhang mit der Schuldfrage nach einem Verkehrsunfall liegt in der Annahme, dass derjenige, der aus dem rückwärtigen Verkehr kommt und mit dem eigenen Fahrzeug kollidiert, stets haftet. Dies mag für den Fall des Auffahrens in der Regel zutreffend sein. Anders liegt der Fall jedoch, wenn das Erstfahrzeug nach links in ein Grundstück abzubiegen gedenkt und es in diesem Zusammenhang zur Kollision mit einem aus dem rückwärtigen gleichgerichteten Verkehr überholenden Fahrzeug kommt.

Die landläufige Auffassung, der Überholer müsse in diesem Fall allein oder jedenfalls mit haften, ist schlicht falsch. Wer in ein Grundstück abbiegen möchte, muss nämlich gemäß § 9 Abs. 5 StVO eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließen. Dies ist die höchste Sorgfaltsanforderung, die die Straßenverkehrsordnung kennt.

Kommt es bei diesem Fahrmanöver zur Kollision mit einem anderen Verkehrsteilnehmer, spricht zunächst ein Anschein dafür, dass der Grundstücksabbieger den Unfall allein verursacht hat. Eine Mithaftung des aus dem rückwärtigen Verkehr Überholenden muss also der Grundstücksabbieger voll beweisen!

Der Grundstücksabbieger muss insbesondere darlegen, dass er nach links geblinkt hat. Bleibt dieser Umstand offen, z. B. weil es keine Unfall unbeteiligten Zeugen gibt, ist ein Mitverschulden des aus dem rückwärtigen Verkehr Überholenden im Sinne eines Überholens bei unklarer Verkehrslage (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO) gerade nicht bewiesen.

Ein bloßes Langsamerwerden und Einordnen zur Fahrbahnmitte hin, ohne dass das Betätigen des Fahrtrichtungsanzeigers mit Gewissheit feststeht, bedeutet nach ganz herrschender Rechtsprechung noch keine unklare Verkehrslage! Eine Vielzahl der Gerichte lässt in diesen Fallkonstellationen auch die vom überholenden Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr zurücktreten, so dass der Grundstücksabbieger dann sogar allein haftet!

Da der Erfolg der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall nicht selten von der Qualität des Sachvortrags abhängt, ist es angezeigt, sich in entsprechenden Angelegenheiten von Beginn an anwaltlich vertreten zu lassen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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