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Häusliches Arbeitszimmer – wann kann es von der Steuer abgesetzt werden?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Die Frage, wie das häusliche Arbeitszimmer steuerrechtlich zu behandeln ist, gehört zu den absoluten Dauerbrennern vor den Finanzgerichten. Die Gerichte müssen sich regelmäßig mit der Frage beschäftigen, wann Arbeitnehmer oder Selbstständige ihr häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten bzw. Betriebskosten von der Steuer absetzen dürfen. In einer nun veröffentlichten Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) stritten ein Logopäde und sein zuständiges Finanzamt darüber, ob ein häuslichen Arbeitszimmer von der Steuer abgesetzt werden darf, wenn im Betrieb auch Schreibtischarbeitsplätze vorhanden sind. 

Abzugsverbot oder Ausnahme?

Ein Büro in den eigenen vier Wänden kann zwar sehr praktisch sein, die Kosten dafür dürfen aber im Normalfall in der Steuererklärung nicht als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben angesetzt werden, da für diese Aufwendungen ein Abzugsverbot besteht. Von dieser Grundregel gibt es jedoch Ausnahmen, denn wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, können bis zu 1250 Euro steuerlich geltend gemacht werden. Auf eben diese Ausnahmeregelung berief sich im zugrunde liegenden Fall der Logopäde, obwohl er über Praxisräume verfügte, die mit Schreibtischen, Computern und Aktenschränken ausgestattet waren. Er argumentierte damit, dass in den Räumlichkeiten seiner Praxis für die anfallenden Verwaltungsarbeiten dennoch kein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Bei den Praxisräumen würde es sich ausschließlich um Behandlungsräume handeln, die von Angestellten zu Behandlungs- und Therapiezwecken genutzt würden. Auch wenn diese Räume mit Tischen, Computern und Aktenschränken ausgestattet seien, würden sie sich nicht zur Erledigung aller betrieblichen und beruflichen Schreibtischtätigkeiten eignen. Begründet hat der Logopäde dies unter anderem damit, dass er nicht alle erforderlichen Büroarbeiten nach Dienstschluss erledigen könne und sicherstellen müsse, dass seine Mitarbeiter keinen Zugriff auf vertrauliche Daten hätten. 

Diese Argumentation wollte das Finanzamt nicht anerkennen, denn nach seiner Ansicht erfüllt grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung von Büroarbeiten geeignet ist, das Ausschlusskriterium „anderer Arbeitsplatz“. Eine besondere Beschaffenheit müsse der „andere Arbeitsplatz“ nämlich nicht aufweisen. Deshalb würden die Praxisräumlichkeiten mit den Computerarbeitsplätzen und Aktenschränken ausreichen. Auch die Begründung, dass nicht alle Büroarbeiten nach Feierabend erledigt werden könnten, wollte das Finanzamt nicht glauben, denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung würden zu den üblichen Öffnungszeiten der Praxis Behandlungen durchgeführt – alle organisatorischen und verwaltungstechnischen Aufgaben hingegen außerhalb der Praxisöffnungszeiten. Deshalb sei dem Logopäden die Nutzung der Praxisräume für die bürotechnischen Aufgaben zumutbar gewesen. 

Schreibtisch ist nicht gleich Arbeitsplatz 

Sowohl das Finanzgericht (FG) des Landes Sachsen-Anhalt als auch der BFH folgte dem Logopäden und erleichterte damit die steuerliche Absetzbarkeit von Arbeitszimmern für Selbstständige. Grundsätzlich gilt zwar, dass an den „anderen Arbeitsplatz“ im steuerrechtlichen Sinn keine weiteren Anforderungen zu stellen sind, jedoch darf der Steuerpflichtige nicht auf die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers angewiesen sein. Dies ist aber der Fall, wenn die Nutzung des alternativen Arbeitsplatzes im Betrieb so eingeschränkt ist, dass der Steuerzahler einen erheblichen Teil seiner Arbeit zu Hause verrichten muss. Ein vorhandener Schreibtisch in Praxisräumen stellt deshalb keinen „anderen Arbeitsplatz“ dar, wenn die räumlichen Gegebenheiten dazu führen, dass die Nutzung dieses Schreibtischplatzes für die Erstellung konkreter betrieblicher Tätigkeiten nicht zumutbar ist. Nur wenn der alternative Arbeitsplatz geeignet ist, alle anfallenden Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zu erledigen, steht ein „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung, der den Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ausschließt. 

Im konkreten Fall hat sich der Logopäde selbst nicht regelmäßig in seinen Praxisräumen aufgehalten. Den Schreibtisch konnte er durch die Tätigkeit seiner Angestellten nur eingeschränkt für Büroarbeiten nutzen. Durch den Umfang der Verwaltungsaufgaben war der Zeitaufwand für diese Arbeiten so groß, dass das Finanzamt den Logopäden nicht auf die Abendstunden und Wochenenden verweisen durfte, wobei auch die Einrichtung eines zusätzlichen Büroraums nicht verlangt werden konnte, weil dies zulasten der Behandlungsmöglichkeiten gegangen wäre. Im Ergebnis war der Logopäde daher zumindest für einen Teil der Büroarbeiten auf sein häusliches Arbeitszimmer angewiesen, sodass er die entsprechenden Aufwendungen bis zu einem Betrag von 1250 Euro als Betriebsausgabe ansetzen durfte. 

Fazit: Grundsätzlich dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht von der Steuer abgesetzt werden, wenn im Betrieb ein entsprechender alternativer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Eine Ausnahme besteht aber dann, wenn die Erledigung der Büroarbeiten an diesem Schreibtisch nicht zumutbar ist. Entscheidend für die Beurteilung der Zumutbarkeit ist stets der konkrete Einzelfall, wobei Größe, Lage und Ausstattung des Arbeitsplatzes, die Ausgestaltung der Betriebsräume, die Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes oder die Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitsplatzes als Anhaltspunkte herangezogen werden können. 

(BFH, Urteil v. 22.02.2017, Az.: III R 9/16)

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