Haftung von Aufsichtsrat und Vorstand bei Rechtsirrtum – BGH-Urteil v. 20.09.2011 – II 234/09

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Das BGH-Urteil vom 20.09.2011 - II 234/09 besagt in Bezug auf einen möglichen Rechtsirrtum bei einem Organ einer AG (Vorstand oder Aufsichtsrat) im Klartext, dass das Organ den Berater bei Berufung auf einen Rechtsirrtum selbst bezahlt haben muss. Der Vorstand haftet grundsätzlich nur für eigenes Verschulden. Eine Zurechnung des Verschuldens eines beauftragten Dritten nach § 278 BGB kommt nur infrage, wenn das Vorstandsmitglied eine Hilfsperson in die Erfüllung eigener Verbindlichkeiten einschaltet.

Wenn ein Vorstand im Namen der Gesellschaft Dritte einschaltet, bedient er sich dieser regelmäßig nicht zu Erfüllung eigener Verbindlichkeiten, vielmehr sollen diese im Pflichtenkreis der Gesellschaft tätig werden. Auf den Firmenanwalt kann sich folglich ein Organ nicht berufen. In schwierigen Rechtsfragen ist ein schriftliches Gutachten erforderlich. Nur dann ist eine Plausibilitätsprüfung möglich.

In der Entscheidung BGH-Urteil v. 20.09.2011 - II ZR 234/09 - heißt es: „Der organschaftlicher Vertreter einer Gesellschaft, der selbst nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt, kann den strengen Anforderungen an eine ihm obliegende Prüfung der Rechtslage und an die Beachtung von Gesetz und Rechtsprechung nur genügen, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärenden Fragen fachlich qualifizierten Berufsträger beraten lässt und den erteilten Rechtsrat einer sorgfältigen Plausibilitätsprüfung unterzieht."

Der Vorstand muss in ein Gutachten rein schauen können. Er muss die Prüfung im Haftungsfall nachweisen. Er muss auch angeben können, ob der Sachverhalt in dem Gutachten richtig zusammengefasst worden ist. Wenn in dem Gutachten beispielsweise gesagt wird, dass es zu einer bestimmten Frage keine entsprechende Rechtsprechung gibt, nötigt dieses zu weiteren Fragen, die dann auch von dem Verantwortlichen zu stellen und insbesondere nachzuweisen sind. Um den strengen Anforderungen an die dem Vorstand obliegende Prüfung der Rechtslage und die Beachtung von Gesetz und Rechtsprechung zu genügen, reicht eine schlichte Anfrage bei einer von dem organschaftlichen Vertreter für fachkundig gehaltene Person durch die Gesellschaft nicht aus. Erforderlich sei vielmehr, dass sich das Organ, das selbst nicht über die erforderliche Sachkunde verfüge, unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einem unabhängigen, für die zu klärenden Fragen fachlich qualifizierten Berufsträgers beraten lasse und die erteilte Rechtsauskunft einer sorgfältigen Plausibilitätsprüfung unterziehe (Haftung bei Rechtsirrtum - BGH-Urteil v. 20.09.2011 - II 234/09).

Jedes Organ hat eigene Pflichten. Mit den Fehlern anderer kann man sich nicht verteidigen. Wer die Kenntnisse nicht hat, muss sich die Kenntnisse verschaffen. Erforderlich ist also ein schriftliches Gutachten eines fachlich qualifizierten Berufsträgers, das von dem organschaftlichen Vertreter sorgfältig auf Plausibilität überprüft werden muss.



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