Handy am Steuer, das wird teuer – oder doch nicht?

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Grundsätzlich klingt es ganz einfach: Hände weg vom Handy im Straßenverkehr. Wer sich dennoch bei der Benutzung des Mobiltelefons am Steuer erwischen lässt, muss mit einem Bußgeld von 60 € und einem Punkt in Flensburg rechnen. Ein Fahrverbot ist bisher standardmäßig noch nicht vorgesehen. Ein solches droht allerdings bei einem groben oder beharrlichen Pflichtverstoß, also etwa dann, wenn ein Autofahrer mehrfach mit Handy am Steuer erwischt wird (OLG Hamm, Beschluss vom 24. Oktober 2013, Az. 3 RBs 256/13).

Das Verbot ist auch sinnvoll, da sich die Indizien mehren, dass die Telefonie am Steuer mitverantwortlich ist an den neuerdings wieder steigenden Verkehrsunfall- und Verkehrstotenzahlen.

Es gibt also viele Gründe, das Handy einfach nicht in die Finger zu nehmen, wenn man sich hinter dem Steuer eines Fahrzeugs befindet. Die so einfach klingende Grundregel gestaltet sich allerdings in der Praxis doch komplizierter, als so mancher denkt. Mittlerweile hat sich, wie bei vielen anderen Rechtsnormen, ein wahrer Wildwuchs an Rechtsprechung entwickelt, auf die sich der Fahrer im Einzelfall berufen kann, um einer Bestrafung zu entgehen.

Aktuellstes Beispiel ist ein Beschluss des OLG Stuttgart vom 25.04.2016, Az. 4 Ss 212/16. Dort wurde entschieden, dass dem Betroffenen kein Vorwurf gemacht werden kann, wenn er während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand hält, das Gespräch aber über die Freisprecheinrichtung führt, mit dem sich das Handy automatisch verbunden hat.

Doch es gibt noch weitere Situationen, in denen sich die ertappten Telefonierer glücklich schätzen konnten, ohne Bußgeld dovongekommen zu sein. So ist es zwar riskant, das Handy während der Fahrt überhaupt in die Hand zu nehmen – die bloße Weitergabe an den Beifahrer während der Fahrt soll aber noch keine unerlaubte Mobilfunk-Nutzung sein, befand das OLG Köln (Beschluss vom 07.11.2014, Az.: III-1 RBs 284/14). Der Fahrer eines Fahrzeugs darf das Mobiltelefon auch dann benutzen, wenn das Fahrzeug gerade steht und der Motor infolge einer automatischen Start-Stopp-Funktion gerade ausgeschaltet ist, sogar wenn es sich nur um eine kurze Rotphase an einer Ampel handelt, so z.B. das OLG Hamm (Beschluss vom 09.09.2014, Az. 1 RBs 1/14). Ungestraft davon kam auch der Fahrer der angab, dass er sein Mobiltelefon in der Hand hielt, weil es während des Abbiegens in den Fußraum auf der Fahrerseite gefallen war und er es daraufhin aufgehoben hatte (OLG Bamberg, Beschluss vom 24.07.2007, 3 Ss OWi 452/07).

Ob derlei Differenzierungen wirklich sinnvoll sind, bleibt fraglich. Aber dem informierten Fahrer bieten sie immerhin einen Verteidigungsansatz, der im Ernstfall sogar die Fahrerlaubnis retten kann.

Wir raten allerdings grundsätzlich von der Handynutzung im Straßenverkehr ab. Die Gefahr, die davon ausgeht, ist zu groß. Im Falle einer Unfallverursachung mit Verletzten sitzt man schnell vor dem Strafrichter. Von der zivilrechtlichen Haftung mal ganz abgesehen.

Die folgenden Fälle endeten übrigens ohne Weiteres mit einer Sanktionierung des Fahrers: wer an den Straßenrand fährt und anhält, aber den Motor laufen lässt, ist trotzdem dran. Gleiches gilt für den, der an einer roten Ampel steht, der Motor aber anbleibt. Auch wer nicht telefoniert oder Nachrichten textet, sondern das Smartphone als Navi benutzt, muss zahlen.

Dieser Rechtstipp stellt nur einen Überblick dar und kann eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzten. Derjenige, der sich gegen ein Bußgeld oder ein Fahrverbot zur Wehr setzen möchte, sollte sich immer anwaltlich beraten lassen. Und zwar am besten frühzeitig, bevor irgendwelche Angaben gleich welcher Art gegenüber der Polizei oder den Behörden gemacht werden.



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