Ich habe ein Testament gefunden! Handlungstipps und rechtliche Hinweise für Betroffene

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Jeder, der nach einem Todesfall mit der Abwicklung eines Nachlasses beschäftigt ist, kann in die Lage kommen, dass er plötzlich ein Testament auffindet und sich dann sofort die Frage stellt, was er nun damit tun soll.

Der Gesetzgeber knüpft an diese Situation sehr klare und strenge Rechtsfolgen: Das Testament ist unverzüglich nach dem Auffinden beim Nachlassgericht (befindet sich im Amtsgericht) am letzten Wohnsitz des Erblassers abzuliefern (§ 2259 BGB). Sollte das zuständige Nachlassgericht für denjenigen zu weit entfernt sein, der das Testament aufgefunden hat, genügt es auch, das Dokument beim örtlich nächstgelegenen Nachlassgericht abzugeben. Die Ablieferungspflicht gilt sogar für Behörden, falls sich das Testament nicht schon in amtlicher Verwahrung befinden sollte (§ 2259 Abs. 2 BGB). „Unverzüglich“ bedeutet ohne schuldhaftes Zögern, d. h. es kann durchaus auch Einzelfälle geben, in denen man schuldlos an der schnellstmöglichen Ablieferung der letztwilligen Verfügung gehindert ist. Im Extremfall wäre diese besondere Situation dem Nachlassgericht darzulegen.

Wer der gesetzlichen Ablieferungspflicht nicht nachkommt, macht sich wegen Urkundenunterdrückung strafbar (§ 274 Abs. 1 StGB). Kernaussage der zivilrechtlichen und strafrechtlichen Regelungen ist: Keiner soll aus eigenen Erwägungen entscheiden dürfen, ob er ein Testament beim Nachlassgericht abliefert oder nicht, sondern er hat eine gesetzliche Pflicht dazu. Erfährt das Nachlassgericht, dass ein Dritter ein Testament in Besitz hat und es nicht herausgibt, ist der Erlass eines gerichtlichen Beschlusses möglich, mit dem der Besitzer innerhalb einer bestimmten Frist zur Herausgabe des Testaments aufgefordert wird. Kommt er dieser Pflicht noch immer nicht nach, kann vom Gericht ein Zwangsgeld bzw. ersatzweise Zwangshaft (sofern die Zwangsgeldandrohung keine Wirkung gezeigt hat) festgesetzt werden.

Auch wenn der Finder Zweifel hat, ob es sich bei dem aufgefundenen Schriftstück um eine letztwillige Verfügung handelt: Es ist Abliefern angesagt! Denn die Beurteilung, was ein Testament ist und welche Bedeutung es hat, darf man als Einzelperson nicht selbst vornehmen, sondern dies obliegt allein dem Nachlassgericht. Außerdem könnte das Schriftstück, auch wenn es eventuell nicht als letztwillige Verfügung auszulegen sein sollte, im Zweifelsfall wichtige Erkenntnisse bei der ergänzenden Auslegung eines „echten“ Testaments bieten und die Motivation und Beweggründe des Erblassers für die von ihm festgelegte Erbfolge vielleicht etwas klarer herausstellen.

Die Ablieferungspflicht gilt selbst dann, wenn es sich bei der letztwilligen Verfügung um ein Testament handelt, das bereits mehrfach geändert wurde und daher nach der gesetzlichen Regelung als widerrufen gelten könnte (§§ 2253, 2254 BGB). Denn derjenige, der ein Testament findet, hat nicht die Befugnis, zu entscheiden, ob dieses auch Gültigkeit haben soll. Dies obliegt – wie gesagt – allein dem Nachlassgericht in einem entsprechenden Verfahren, sofern darüber Streit entstehen sollte, welches Testament denn nun nach dem Willen des Erblassers das gültige sei soll.

In diesem Zusammenhang soll auch Erblassern der dringende Rat gegeben werden, Testamente niemals in einem Bankschließfach aufzubewahren. Der Grund: An solche Behältnisse kommt nur derjenige heran, der einen Erbschein vorweisen kann, da Banken in Fällen gesetzlicher Erbfolge darauf bestehen. Dieser – eventuell mühselig über Monate erkämpfte – Erbschein wird aber sofort wieder Makulatur, wenn ein Schließfach ein Testament hergibt, das eine andere Erbfolge vorsieht. Dann ist der Erbschein von Amts wegen umgehend wieder einzuziehen, denn schließlich statuiert er dann ja eine völlig „falsche“ Erbfolge, die dem Willen des Verstorbenen zuwiderläuft. Diese Arbeit kann man den Hinterbliebenen sparen, indem man seinen letzten Willen dort aufbewahrt, wo er leicht aufzufinden ist. Dies kann bei Angehörigen sein, denen man uneingeschränkt Vertrauen schenkt, oder idealerweise beim Amtsgericht, bei dem man sein Testament für eine geringe Gebühr rechtssicher und ruhigen Gewissens hinterlegen kann. Im letzteren Fall gibt es keine Möglichkeit, ein unbeliebtes Schriftstück heimlich verschwinden zu lassen, sondern ein hinterlegtes Testament wird im Zentralen Testamentsregister geführt, sodass das Amtsgericht beim Tod einer Person sofort weiß, dass ein letzter Wille existiert.

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